Seebrücken-Angeln: Mit Wattwurm auf Plattfisch
Beim Anblick der maritimen Bauwerke juckt es jedem Angler sofort in den Fingern: An den Seebrücken entlang der deutschen Ostseeküste sind Buttangler ohne viel Spezial-Gerät - selbst bei bescheidener Wurftechnik - dicht am Fisch, denn die Brückenköpfe befinden sich bereits einige Hundert Meter weit draußen auf dem Meer. Eine Entfernung, die geübte Strandangler sonst überhaupt nur mit teuren Brandungsruten und brachialen Weitwürfen erreichen können. Der Seebrückenangler legt den Weg zum Fisch einfach zu Fuß zurück, um seine Köder dann ganz entspannt am leichteren Geschirr auszuwerfen - mit weniger Wurfgewicht und Kraftaufwand.
Zielfisch ist der Butt, der auch im flacheren Wasser fast das ganze Jahr über anzutreffen ist. Nicht selten vergreifen sich auch kleine Dorsche an den Montagen, sie sind aber in der Regel untermaßig. Deshalb sollte die Montage eher auf den gezielten Fang von Plattfischen abgestimmt werden. Ideal ist die kalte Jahreszeit zum Seebrückenangeln. Die Dämmerungsphasen und die Nacht sind die erfolgreichsten Angelzeiten.
Ausrüstung: Brandungs- oder Karpfengerät
Zum Grundangeln von den Seebrücken sind lange Ruten mit hohem Wurfgewicht erforderlich. Mit ihnen müssen sich je nach Strömung Bleie bis 250 Gramm über weite Strecken auswerfen lassen. Die Spitze sollte trotzdem sensibel genug sein, um die feinen Bisse der Plattfische zu erkennen. Ideal sind Brandungsruten mit einer Länge zwischen 3,90 und 4,50 Metern. Passend dazu bietet der Handel spezielle Brandungsrollen an. Der große Spulendurchmesser dieser Modelle sorgt für einen geringen Ablaufwiderstand der Schnur und damit für zusätzliche Wurfweite - und natürlich für ein großes Schnurfassungsvermögen.
Alternativ lassen sich auch robuste Karpfenruten- und -rollen einsetzen. Längere Pilkruten - wie sie beim Kutterangeln verwendet werden - sind ebenfalls brauchbar. Auch auf der Seebrücke leistet ein Dreibein als Rutenständer gute Dienste. Beißt doch einmal ein größerer Dorsch oder gar eine Meerforelle, kann ein Spundwandkescher mit entsprechend langer Leine beim Landen gute Dienste leisten. Fischtöter, Messer und Maßband gehört ja sowieso zur Standard-Ausrüstung eines jeden Sportfischers. Zur Bisserkennung in der Dunkelheit sind Knicklichter, an der Rutenspitze montiert, ein unentbehrliches Utensil.
Montage-Klassiker: Der Plattfischpaternoster
Ein bis zwei Butthaken an Seitenarmen montiert, dazu ein Endblei mit einem Gewicht zwischen 80 und 250 Gramm, das ist die Standard-Montage, wenn es von der Seebrücke auf Plattfisch geht. Um die Neugier der Tiere zu wecken, sind die Haken mit Leuchtperlen garniert. Perlmuttfarbene Perlen sind der absolute Geheimtipp und immer einen Versuch wert. Buttsysteme bietet der Handel zu günstigen Preisen in unzähligen verschieden Farbkombinationen an, sodass sich der Selbstbau kaum lohnt. Kommt es auf weite Würfe an, sollten Systeme mit Weitwurfclips verwendet werden, in die die beköderten Haken eingehängt werden. Sie sorgen für eine gute Aerodynamik der Montage, außerdem bleibt der Köder auch bei kraftvollen Würfen am Haken.
Top-Hakenköder sind Watt- oder Seeringelwürmer, die der Länge nach mit einer Wurmnadel aufgezogen werden. Alternativ sind auch schmale Herings- oder Makrelenfetzen sowie Krabben- und Muschelfleisch einsetzbar, kommen aber an die Fängigkeit der Würmer nicht heran. Die Köder möglichst auf sandigem Untergrund präsentieren. Die Schrauben der Fahrgastschiffe spülen bei den Anlegemanövern in unmittelbarer Nähe der Seebrücken häufig tiefere Gumpen aus, in denen die Fische gerne stehen.
Angelverbote der Kurverwaltungen beachten
Vielerorts ist das Angeln von Seebrücken mittlerweile verboten oder eingeschränkt. Zum Schutz der Urlaubsgäste haben viele Kurverwaltungen das Angeln während der Feriensaison untersagt. Oft ist das Fischen auch nur abends oder nachts erlaubt oder lediglich in der Nebensaison zulässig. Details regeln die Gemeinden in sogenannten Brückennutzungsordnungen. Deshalb sollten vor dem Angeln unbedingt Ortskundige oder die zuständige Kur- oder Gemeindeverwaltung zu Verboten befragt werden. Einige Seebäder bieten die Brückennutzungsordnungen auch online als Download auf ihren Bürgerportalen an.
Die Anglerszene ist an diesen Verboten nicht ganz unschuldig: Hinterlassener Müll und Schlachtabfälle sowie Kerben, die zum Abstellen der Ruten in die Holzgeländer geschnitzt werden, machen Freizeitfischer vielerorts zu nicht gern gesehenen Gästen. Dabei reicht schon ein Expanderspanngurt aus, um die Rute vor Wind und Wellenbewegungen zu schützen.
Jahresfischereischein, Küstenkarte und Urlauberschein
Ist der Angelplatz endlich "ausbaldowert" und die Ausrüstung zusammengestellt, gehören natürlich auch noch gültige Angelpapiere ins Gepäck. Hier wird es wieder juristisch, denn die Fischereigesetze sind Ländersache. Grundsätzlich besteht sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Schleswig-Holstein zum Angeln an der Küste eine Fischereischeinpflicht. Wer gerne im Nordosten an der Ostseeküste angeln möchte, braucht zusätzlich zum normalen Jahresfischereischein noch den MV-Küstenerlaubnis-Schein. Jeder Angler, auch wenn sein Fischereischein in einem anderen Bundesland ausgestellt wurde, muss die SH-Jahresgebühr bezahlt haben, wenn er auf schleswig-holsteinischem Boden oder in den Hoheitsgewässern des Landes angelt. In beiden Ländern ist zudem das Angeln ohne Jahresfischereischein mit dem sogenannten Urlauberangelschein zeitlich begrenzt möglich.