Strabismus: Ursachen, Risiken, Therapien, Schiel-OP
Strabismus, also Schielen, tritt immer oder zeitweise auf. Egal ob als Esotropie nach innen gerichtet, Strabismus divergens nach außen oder Hypertropie nach oben: Schnelle Behandlung ist gefragt.
Rund vier Millionen Deutsche schielen dauerhaft, sie haben einen manifesten Strabismus. Im Gegensatz dazu schielen über 70 Prozent der Bevölkerung versteckt oder – medizinisch ausgedrückt – latent. Der latente Strabismus wird auch Heterophorie genannt und tritt zum Beispiel bei Ermüdung, Stress oder nach Alkoholkonsum auf.
Was ist Schielen oder Strabismus?
Beim Strabismus weicht ein Auge dauerhaft oder zwischenzeitlich beim Blick auf einen fixierten Gegenstand ab. Die Fehlstellung kann unterschiedliche Ursachen haben, ist angeboren oder erworben und kann in jedem Lebensalter auftreten. Außerdem kann Schielen ein Alarmzeichen für andere Erkrankungen sein. Mögliche Folgen sind massive und bleibende Sehbehinderungen.
Formen des Schielens: Exotropie, Esotropie und andere
Innerhalb des manifesten und latenten Strabismus gibt es über einhundert verschiedene Schielformen. Besonders häufig ist das frühkindliche Schielen, das als Begleitschielen meist eines Auges auftritt. Beim Begleitschielen bleibt der Winkel der Fehlstellung konstant. Dabei kann das Auge in unterschiedliche Richtungen abweichen, bei der Esotropie nach innen, bei der Exotropie nach außen oder bei der Hypertropie nach oben.
Eine besondere Form des Schielens, die oft übersehen wird, ist der Mikrostrabismus. Die Abweichung der Sehachsen beträgt nur wenige Grad und ist äußerlich nicht wahrnehmbar. Außerdem gibt es Mischformen wie zum Beispiel das intermittierende oder zeitweilige Schielen. Das tritt häufig als "Wegrutschen des Auges nach außen", medizinisch als intermittierende Exotropie oder Strabismus divergens intermittens auf. Das Lähmungsschielen geht auf Beeinträchtigungen und Verletzungen von Nerven und Augenmuskeln zurück.
Schielen, räumliches Sehen und das Gehirn
Ähnlich dem Hören entsteht auch das Sehen im Gehirn. Das richtet zum Fokussieren die Blickachsen der Augen für die Ferne parallel und für die Nähe etwas aufeinander zulaufend aus. Die beiden leicht versetzten Bilder verschmilzt es zu einem Sinneseindruck, dem räumlichen oder dreidimensionalen Sehen.
Bei rund 95 Prozent der Menschen entwickelt sich dieser hochkomplexe Steuerungsvorgang in den ersten Lebensjahren problemlos. Bei manchen hat das Gehirn Probleme, sie schielen, obwohl Augen und Augenmuskeln organisch vollkommen gesund sind.
Was sind die Ursachen des Schielens?
Über eine optimale Steuerung beider Augen verfügen nur rund zehn Prozent aller Menschen. Bei den restlichen 90 kommt es zu mehr oder weniger großen Abweichungen meist nur eines Auges. Das Gehirn gleicht das normalerweise problemlos aus. Aufgrund genetischer Faktoren oder Risikofaktoren bei der Schwangerschaft kann es dabei Probleme geben. Oft sind bei Kindern auch Brechungsfehler der Augen die Ursache.
Erkrankungen oder Verletzungen von Nerven können zu Strabismus führen, ebenso wie Durchblutungsstörungen in den Augen und Augenmuskeln, wie zum Beispiel bei einem Schlaganfall. Im Laufe unseres Lebens verändert sich die Fähigkeit der Nerven Reize weiterzuleiten und die Ruheinnervation unseres Gehirns. Auch die Augenmuskeln verlieren an Spannkraft.
Kein kosmetisches Problem: Bei Symptomen rasch zum Augenarzt
Egal ob Kleinkind oder Erwachsener: Kneifen Menschen öfter die Augen zusammen, halten den Kopf schief, bewegen sich ungeschickt oder klagen über Kopfschmerzen und Schwindel, kann Schielen der Grund sein. Schielen ist kein kosmetisches Problem, sondern kann zu bleibenden Sehbehinderungen führen oder Alarmzeichen anderer Erkrankungen sein. Deshalb sollten spezialisierte Augenärzte, Strabologinnen und Strabologen, rasch und umfassend mögliche Ursachen abklären.
Amblyopie: Begrenztes Therapiefenster bei Kindern
Schielen Erwachsene, sehen sie oft Doppelbilder. Bei Babys und Kleinkinder ist das anders. Sie können Doppelbilder einfach abschalten, indem ihr Gehirn ein dominantes Auge bevorzugt und die Bilder des anderen unterdrückt. Das entwickelt dann eine Sehschwäche oder Amblyopie. Die Gefahr: Wird die nicht so früh wie möglich - optimalerweise als Kleinkind - behandelt, kann die Fähigkeit zum räumlichen Sehen dauerhaft verloren gehen.
Therapien bei Strabismus, Schielen: Brille und Okklusionstherapie
Mit einer auf Ursache und Stärke der Fehlstellung abgestimmten Therapie kann das Schielen oft vollständig geheilt werden. In der Okklusionstherapie wird bei Kindern mit Sehschwäche das dominante Auge zeitweise abgeklebt, um die Sehfähigkeit des sehschwachen Auges zu entwickeln. Schielen aufgrund einer Fehlsichtigkeit lässt sich mit einer Brille oft problemlos behandeln, und Prismenbrillen helfen bei Mikrostrabismus und bei latentem Schielen.
Strabismus-OP: Wann ist sie notwendig und was wird gemacht?
Selbst Kleinkinder können bei besonders ausgeprägten Fehlstellungen schon operiert werden, um die Entwicklung des räumlichen, dreidimensionalen Sehens zu ermöglichen. In einer oder mehreren OPs werden bei Schielenden dabei die Augenmuskeln gekürzt, gefaltet, gestrafft oder gedehnt. Trotz nicht behandelbarer, fehlerhafter Steuerung des Gehirns, oder bei älteren Patienten auch altersbedingter Erschlaffung der Augenmuskulatur, sind danach die parallele Ausrichtung der Augen und damit räumliches Sehen oft wieder problemlos möglich.
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