Erektionsstörung: Was tun bei erektiler Dysfunktion?

Stand: 02.04.2024 12:03 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Eine Erektionsstörung, auch erektile Dysfunktion genannt, ist häufig bei Männern über 60. Lässt sich die Erkrankung im Selbsttest erkennen? Was tun gegen Symptome und Ursachen?

Eine Erektionsstörung, auch erektile Dysfunktion genannt, belastet Betroffene häufig sehr. Etwa ein Drittel der über 60-jährigen Männer in Deutschland sind davon betroffen. Bei den 40- bis 49-Jährigen sind es zehn Prozent. Experten gehen davon aus, dass die Dunkelziffer weit höher liegt. Denn die erektile Dysfunktion ist noch immer ein Tabuthema in unserer Gesellschaft. Viele Männer scheuen den Gang zum Arzt. Die Folge: Ohne Behandlung - zum Beispiel mit Medikamenten - können sich die Symptome verschlimmern und die Betroffenen leiden zunehmend. 

Erektion entsteht durch erhöhte Blutzufuhr  

Eine Erektion entsteht durch eine gesteigerte Blutzufuhr in den Penis. Bei Stimulation weiten sich die Blutgefäße in den Schwellkörpern des Penis. Die Venen, über die das Blut im Ruhezustand abfließt, werden dabei zusammengepresst. So fließt viel Blut in den Penis hinein, aber nur wenig gelangt heraus. Die Folge: Der Druck in den Schwellkörpern steigt und sie schweillen an. Der Penis versteift und richtet sich auf. Dieser Vorgang ist nur durch das komplexe Zusammenspiel von Nerven, Blutgefäßen und Hormonen möglich. 

Häufige Ursachen einer Erektionsstörung 

Die Gründe für eine Beeinträchtigung der Erektionsfähigkeit sind vielfältig. Meistens entsteht sie durch körperliche Ursachen, aber auch psychische Faktoren können eine Rolle spielen. Neuste Studien zeigen: Auch eine Infektion mit Covid-19 könnte zu Erektionsstörungen führen.

Psychische Gründe für Erektionsprobleme

Psychische Gründe wie Stress, Depression, Angsterkrankungen oder belastende Ereignisse können eine erektile Dysfunktion auslösen oder begünstigen. Auch Versagensängste oder Konflikte in Partnerschaften können ein Auslöser sein. Je älter die Betroffenen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für körperliche Ursachen. Psychosoziale Faktoren sollten jedoch auch dann immer bedacht und abgeklärt werden. Ist die Ursache psychisch oder zum Teil psychisch bedingt, können zum Beispiel Gespräche mit einem Sexualtherapeuten oder einer Sexualtherapeutin helfen. Davon profitieren oft auch Männer, die eine organisch bedingte erektile Dysfunktion haben.

Testosteronmangel als Ursache für Potenzstörungen 

Der Testosteronspiegel sinkt mit dem Alter - das ist ganz normal, kann jedoch auch eine Ursache für eine Erektionsstörung sein. Denn ein ausreichend hoher Spiegel des männlichen Geschlechtshormons ist eine wichtige Voraussetzung für eine Erektion. In seltenen Fällen kann ein Mangel an Testosteron bereits angeboren sein (Hypogonadismus). Manchmal ist eine erektile Dysfunktion auch eine Folge der Einnahme von Medikamenten, von Verletzungen (etwa einer Beckenfraktur) oder Operationen (an Prostata oder Darm). 

Lebensstil und Vorerkrankungen können Erektionsstörung begünstigen

Viele Risikofaktoren für eine erektile Dysfunktion hat man selbst in der Hand - mit dem eigenen Lebensstil: Denn Rauchen, Alkohol, Übergewicht und Bewegungsmangel schädigen die Blutgefäße. Da diese im Penis sehr klein sind, bemerken Betroffene hier besonders früh die Folgen: Die kleinen Gefäße verkalken und die Durchblutung des Schwellkörpers ist eingeschränkt. Eine erektile Dysfunktion kann die Folge sein.

Eine Erektionsstörung kann daher mitunter auch auf mögliche Herzinfarkte und Schlaganfälle hinweisen. Auch Krankheiten, die das zentrale Nervensystem betreffen, können zu einer Erektionsstörung führen. Dazu gehören Alzheimer, Morbus Parkinson und Multiple Sklerose. Diabetes mellitus, Bluthochdruck, eine Fettleber oder Fettstoffwechselstörungen fördern Durchblutungsstörungen und damit Erektionsprobleme.

Erektionsstörung erkennen 

Eine Erektionsstörung liegt vor, wenn ...  

  • ... ein Mann keine Erektion bekommen oder diese nicht aufrechthalten kann, sodass ein Geschlechtsverkehr für ihn nicht möglich ist. 
  • ... das Problem mindestens ein halbes Jahr besteht und in über 70 Prozent der entsprechenden Situationen auftritt.   

Diagnose der erektilen Dysfunktion

Manchmal weist eine Erektionsstörung auf eine ernst zu nehmende Erkrankung hin. Besteht die Störung über mehrere Monate, sollten Betroffene ihre Hausärztin oder ihren Hausarzt aufsuchen - alternativ die Fachbereiche Urologie oder Andrologie konsultieren.

Zunächst wird in einem Gespräch mit der Ärztin oder dem Arzt abgeklärt, welche Vorerkrankungen, Verletzungen, Operationen, Medikamente oder Lebensumstände ursächlich für die Erkrankung sein könnten. 

Dann stehen mehrere Untersuchungen an. Der Testosteron-Spiegel im Blut wird gemessen und eine sogenannte Phallografie kann durchgeführt werden. Dabei werden die spontanen nächtlichen Erektionen gemessen. Das erfolgt meist in einem Schlaflabor. Regelhaft sind ohne Erektionsstörung vier bis fünf spontane erektile Episoden pro Nacht. Sind Anzahl, Härte und Dauer der Erektionen hierbei normal, deutet das auf eine psychologische Ursache hin. 

Zusätzlich kann der Penis in einer weiteren Untersuchung mit schwachen elektrischen Impulsen auf eine etwaige Nervenschädigung untersucht oder ein Schwellkörper-Injektionstest durchgeführt werden. Dieser gibt Aufschluss über die Funktionsfähigkeit des Schwellkörpers. Dabei wird ein Medikament in den Penis gespritzt, das eine Erektion auslösen soll. 

Selbsttest bei Erektionsstörung 

Der Papierstreifen-Selbsttest kann Hinweise liefern, ob die Erektionsstörung eine organische oder psychische Ursache hat. Er ähnelt der Phallografie, ist jedoch weniger genau und kann nur als Orientierung dienen. Bei dem Test wird vor dem Nachtschlaf ein Papierstreifen um den Penis angebracht. Reißt der Papierstreifen im Laufe der Nacht ein, lässt das auf eine  spontane nächtliche Erektion schließen und es ist von einer regulären Erektionsfähigkeit auszugehen. Bei dem Verdacht des Vorliegens einer Erektionsstörung sollte jedoch ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden.  

Therapiemöglichkeiten bei Erektionsproblemen

Zusätzlich zur Ernährungsumstellung kann Betroffenen regelmäßiges Beckenbodentraining helfen. Je nach Untersuchungsergebnis wird der Urologe/die Urologin oder der Androloge/die Andrologin den Patienten an weitere Fachärztinnen und Fachärzte wie Psychologen, Neurologen oder Kardiologen überweisen. Um die Symptome zu behandeln, kann der Experte zahlreiche Therapiemaßnahmen vorschlagen. Infrage kommen Psychotherapie, Medikamente, mechanische Hilfen und auch Sport. 

Tabletten: Behandlung mit Phosphodiesterase-5-Hemmern wie Viagra 

Häufig werden sogenannte Phosphodiesterase-5-Hemmer in Form von Tabletten zur Therapie einer Erektionsstörung eingesetzt. Sie führen zu einer Erweiterung der Blutgefäße und ermöglichen damit eine Erektion des Penis. Zu den PDE-5-Hemmern gehört auch das vielen bekannte Viagra.  

PDE-5-Hemmer helfen einem Großteil der von Erektionsstörungen Betroffenen. Allerdings helfen die Tabletten nicht gegen die eigentliche Ursache. Die am Markt verfügbaren Präparate unterscheiden sich vor allem in Dosierung, Wirkeintritt und Wirkdauer. Die Wirkung kann je nach Präparat zum Beispiel nach 15 Minuten oder erst nach 30 Minuten eintreten und 30 bis 60 Minuten anhalten. Mögliche Nebenwirkungen sind unter anderem Kopfschmerzen, Gesichtsrötung, Magen-Darm-Beschwerden und Rückenschmerzen. Alle PDE-5-Hemmer sind verschreibungspflichtig.

Weitere Medikamente bei erektiler Dysfunktion  

Bei einem Testosteronmangel kann Testosteron als Gel auf den Penis aufgetragen werden oder regelmäßig in größeren Abständen in den Muskel gespritzt werden. Auch eine Kombination von PDE-5-Hemmern und Testosteron-Therapie ist möglich. 

Bei der sogenannten Schwellkörper-Autoinjektions-Therapie (SKAT) werden Medikamente, die die Erektion herbeiführen sollen, von den Betroffenen selbst mit einer dünnen Nadel in den Penis gespritzt. Ähnlich wirkt das sogenannte medikamentöse urethrale System zur Erektion (MUSE): Hier gelangt der entsprechende Wirkstoff über eine Art Zäpfchen durch die Harnröhre in den Schwellkörper.

Mechanische Therapie bei Erektionsstörung

Einige Patienten bekommen mittels einer Vakuumpumpe das gewünschte Resultat. Außerdem ist eine Implantation von Silikonkissen in den Schwellkörper möglich. Allerdings ist diese Methode nicht mehr rückgängig zu machen. 

Medizinischer Sattel bei erektiler Dysfunktion

Für Fahrradfahrer kann die Anschaffung eines ergonomischen Sattels sinnvoll sein. Beim medizinischen Sattel - auch Prostata-Sattel genannt - fehlt die Sattelspitze. Die spezielle Form verhindert, dass die Nerven in diesem empfindlichen Bereich strapaziert werden.

Sport fördert Testosteron-Ausschüttung

Unerlässlich für eine funktionierende Potenz ist eine gesunde Lebensweise mit ausgewogener Ernährung und regelmäßiger Bewegung. Kraft- und Ausdauersport stärken Muskeln und Gewebe und führen dadurch zu mehr Testosteron-Ausschüttung.

Intervall-Gefäßtraining kann bei erektiler Dysfunktion helfen

Auch ein spezielles Intervall-Gefäßtraining für die Schwellzellen im Penis kann sinnvoll sein. Ist die optimale Gewebezusammensetzung des Penis (55 Prozent erektionsfördernde Zellen) nicht gegeben, kann man versuchen, die entsprechenden Zellen wieder aufzubauen. Dazu 30 bis 45 Sekunden volle Anstrengung leisten, zum Beispiel im Trippellaufen, dann drei bis dreieinhalb Minuten Pause. Das Ganze wiederholen. Nicht geeignet ist Radfahren, da dabei die Gefäße abgedrückt werden können.

Untrainierte sollten mit zwei Intervallen an zwei Tagen pro Woche vorsichtig anfangen - mit Erholungszeit dazwischen. Das Training kann auf bis zu drei Tage in der Woche mit jeweils sechs Intervallen gesteigert werden. Während der Belastung wird Blut abgesaugt, bei der Entspannung schießen Blut und Sauerstoff in den Schwellkörper zurück. Das stimuliert über biochemische Prozesse den Aufbau der wichtigen Zellen.

Beckenbodentraining unterstützt Erektionsfähigkeit 

Daneben kann gezieltes Beckenbodentraining hilfreich sein: Was Frauen nach einer Schwangerschaft hilft, wirkt bei Männern als natürliches Potenzmittel. Denn im Beckenboden liegen die Potenzmuskeln, die funktionell mit den Schwellkörpern im Glied verbunden sind.

Potenzfördernde Ernährung

Wer zu viele Pfunde auf den Rippen hat, profitiert besonders von einer Gewichtsreduktion. Vor allem das Fett im Bauchraum zwischen den Organen muss schmelzen, denn es produziert große Mengen an störenden Hormonen.

Generell sollten Betroffene wenig Süßes zu sich nehmen und ihren Fleischkonsum reduzieren. Stattdessen lieber viel blau-rotes Gemüse und Beeren - wie Rotkohl, rote Zwiebeln, Blaubeeren und Brombeeren - essen: Eine Studie bestätigt die durchblutungsfördernde Kraft der darin enthaltenen Anthozyane. Außerdem ist erwiesen, dass der Eiweißbestandteil L-Arginin ähnlich wirkt wie Viagra: Er hilft, die Gefäße zu erweitern und den Blutfluss zu steigern. L-Arginin findet sich vor allem in Kürbiskernen, Erdnüssen und Mandeln, Rindfleisch, Thunfisch, Huhn und Linsen.

Sexualität leben - auch ohne Erektion

In Gesprächen können Sexualtherapeutinnen oder -therapeuten ihren Patienten helfen, einen neuen Umgang mit der Sexualität zu finden. Sexualität hat viel mit Bewertungen und Erwartungen zu tun - da lässt sich Einiges lernen und verändern: Wenn die Partnerin oder der Partner verständnisvoll ist, lässt sich die Zweisamkeit auch ohne Erektion genießen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 02.04.2024 20:15

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Medizinische Therapie

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