Krieg: Was hilft gegen die Angst?
Die Nachrichten vom Krieg wie in Israel oder der Ukraine belasten bei vielen Menschen die Psyche - und lösen sogar Reaktionen im Körper aus. Dabei gibt es Strategien zur Bewältigung der Kriegsangst, die helfen können.
Kein Tag ohne beängstigende Nachrichten: Nach dem Krieg in der Ukraine beschäftigen jetzt auch die Angriffe auf Israel und Gaza sehr viele Menschen Tag und Nacht. Albträume und Panikattacken rauben ihnen den Schlaf.
Stress durch Angst und Schlaflosigkeit
Drehen sich die Gedanken im Kreis und konzentrieren sich auf das, was Angst macht, läuft das Stress- und Angstsystem hoch und bremst in der Regel alle langfristigen Prozesse im Körper. Um sich auf einen Kampf oder eine Flucht vorzubereiten, wird der Körper von Stresshormonen geflutet, der Sympathikus wird aktiviert, die Nebenniere schüttet das Stresshormon Cortisol aus. In der Folge steigen Blutzucker und Fettwerte, die Hormone Noradrenalin und Adrenalin lassen den Blutdruck steigen. Alle nicht unmittelbar überlebenswichtigen Funktionen, wie Verdauung und Immunsystem, werden unterdrückt.
Was in einer unmittelbaren Gefahrensituation durchaus sinnvoll ist, passiert nun auch bei den Kriegsbildern aus den Medien. Statt nur sachliche Informationen zu suchen, schauen die meisten Menschen auch die Bilder an - und je schlimmer die sind, desto eher ist man geneigt, hinzugucken. Die Folge: Der Körper bleibt im Dauerstress. Das kann langfristig nicht nur das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen, sondern auch für Gefäßentzündungen, Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Unterschiedliche Reaktionen auf Krieg
Menschen reagieren sehr unterschiedlich auf angsteinflößende Szenarien wie schockierende Bilder aus dem Krieg. Manche bekommen Panik und Stress, andere verfallen in eine Art Starre der Hilflosigkeit. Manche können sich nicht von den Nachrichten lösen. Andere trauen sich nicht einmal, die News-App zu öffnen.
Reaktivierung früherer Traumata
Besonders hart trifft die Angst Menschen, die bereits durch ein früheres Trauma vorbelastet sind oder unter Depressionen leiden. Wichtig ist, die Angst wirklich ernst zu nehmen und sie nicht einfach wegzureden. Gerade die ältere Generation reagiert häufiger traumatisch auf Kriegsnachrichten, da längst verdrängte Eindrücke und Erfahrungen wieder aktiviert werden. Auch wer den Zweiten Weltkrieg oder die anschließende Flucht selbst nicht miterlebt hat, kann durch die Erzählungen von Eltern und Verwandten unter deren traumatischen Erlebnissen leiden.
Angst blockiert das Denken
Ist unser Angstsystem erst einmal angeschaltet, fällt uns das klare Denken schwer. Unter Panik und Stress schalten bestimmte kognitive Fähigkeiten ab, da das Gehirn in bedrohlichen Situationen den Botenstoff Noradrenalin ausschüttet. Er lässt uns zwar blitzschnell reagieren, schaltet aber weite Teile der Großhirnrinde ab, sodass rationale Entscheidungen kaum noch möglich sind.
Strategien zur Angstbewältigung
- Am besten ist es, aktiv zu bleiben und sich nicht zurückzuziehen, denn Isolation und Alleinsein machen Menschen für Ängste empfänglicher.
- Es ist in Ordnung, der Tragik und den schrecklichen Ereignissen zum Trotz das eigene Leben weiterzuleben. Das bedeutet auch, öfter mal abzuschalten und sich nicht zu viel mit den Nachrichten zu befassen, um sich mehr auf sich selbst zu konzentrieren. Wenn die Nachrichtenflut zu belastend wird, genügt es auch, sich zweimal am Tag zu informieren, statt die Meldungen in Dauerschleife zu konsumieren.
- Die Angst einordnen: Was betrifft mich tatsächlich? Welche Bedrohung ist real?
- Die Angst mit anderen Betroffenen und Freunden teilen: Es kann helfen zu merken, dass es anderen genauso geht und man nicht allein ist.
- Reicht das nicht aus, sollte bei starken Ängsten die Hausärztin oder der Hausarzt konsultiert werden.
- In extremen Fällen kann eine Angst-Ambulanz die richtige Anlaufstelle sein, um die Krise seelisch zu bewältigen.
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