Weiße Kapseltabletten liegen auf einem Löffel mit gelben Blüten des Johanniskrauts. © Fotoalia Foto: kaprikfoto

Johanniskraut: Wirkt die Heilpflanze gegen Depressionen?

Stand: 22.10.2022 07:30 Uhr

Johanniskraut stärkt die Psyche und fördert die Wundheilung. Die Heilpflanze wirkt zum Beispiel als Tee, Kapsel oder Öl. Oft wird sie als Stimmungsaufheller eingesetzt. Allerdings hat sie auch Nebenwirkungen.

Das echte Johanniskraut entfaltet seine Wirkung bei äußerlicher und innerlicher Anwendung. Aus seinen Blüten, Trieben und Blättern wird das begehrte Rot-Öl gewonnen. Außerdem gibt es Johanniskraut als Tee, Tinktur, Creme, Salbe, Tablette oder Kapsel.

Wirkung von Johanniskraut: Beruhigung für die Psyche

Die bekannteste Anwendung von Johanniskraut ist die als pflanzliches Antidepressivum bei leichten Verstimmungen bis hin zu mittelschweren Depressionen. Dafür wird es als hochkonzentrierter Extrakt in Form von Tabletten oder Kapseln eingenommen.

Johanniskraut-Tee gilt als echter Stress-Killer. Er ist leicht entspannend, hilft bei mentaler Erschöpfung, aber auch bei nervösen Magen-Darm-Beschwerden und Unruhe. Eine ähnlich entschleunigende Wirkung wird auch Johanniskraut-Tinktur zugeschrieben, wenn sie mehrmals täglich in Wasser verdünnt eingenommen wird. Die Tinktur lässt sich aber auch äußerlich anwenden: Sie fördert die Wundheilung (als Kompresse) und lindert Entzündungen, zum Beispiel pur auf Herpesbläschen getupft.

Anwendung zur Wundheilung und Schmerzlinderung

Das aus dem Johanniskraut gewonnene Rot-Öl gilt als eines der besten Heilöle. Es lindert Sonnenbrand, Muskel- und Nervenschmerzen wie zum Beispiel Hexenschuss, Trigeminusneuralgie oder Nackenverspannungen. Das blutrote Öl soll entzündungshemmend und schmerzlindernd wirken sowie die Wundheilung fördern. Es lässt sich außerdem, ebenso wie Creme oder Salbe mit Johanniskraut, als Balsam für die Lippen oder zum Massieren der Füße einsetzen.

Johanniskraut als traditionelle Heilpflanze

Das echte Johanniskraut hat seit der Antike einen festen Platz in der Naturheilkunde. Es wird volkstümlich auch Herrgottsblut oder Teufelsflucht (oder lateinisch Hypericum perforatum) genannt. 2015 wurde der natürliche Stimmungsaufheller zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Die Germanen verehrten es, für Paracelsus war Johanniskraut "eine Universalmedizin für den ganzen Menschen".

Verglichen mit anderen Arzneipflanzen sind bestimmte Johanniskrautextrakte sehr gut in klinischen Studien untersucht. Johanniskraut enthält entzündungshemmende Inhaltsstoffe, etwa Flavonoide (antioxidativ wirksame sekundäre Pflanzenstoffe) und ätherische Öle. Für die Wirkung der äußeren Anwendung, etwa von Johanniskraut-Öl, gibt es zwar keine wissenschaftlichen Belege, weshalb es insoweit "nur" als Mittel aus der Volksheilkunde gilt. Studien belegen aber, dass Johanniskraut besser stimmungsaufhellend wirkt als ein Placebo und sogar vergleichbar gut wie synthetische Antidepressiva - bei weniger Nebenwirkungen. Während Patientinnen und Patienten nach der Einnahme synthetischer Antidepressiva häufiger unter Mundtrockenheit, Verdauungsstörungen, Gewichtszunahme oder auch sexuellen Problemen leiden, treten solche Nebenwirkungen beim Johanniskraut kaum auf.

Johanniskraut bei leichten bis mittelschweren Depressionen

Rote Beeren und gelbe Blüten an einer Johanniskrautpflanze. © NDR Foto: Anja Deuble
Johanniskraut enthält unter anderem den roten Farbstoff Hypericin.

Der rote Pflanzenfarbstoff Hypericin und der sekundäre Pflanzenstoff Hyperforin sind die bekanntesten und am besten erforschten Inhaltstoffe des Johanniskrauts. Hyperforin trägt zur antidepressiven Wirkung bei, indem es offenbar die neuronale Aufnahme von Serotonin, Dopamin und Noradrenalin hemmt. So verändert sich die Konzentration dieser sogenannten Neurotransmitter, Botenstoffe im Gehirn, die eine Depression auslösen können, wenn sie ins Ungleichgewicht geraten.

Um antidepressive Wirkung zu entfalten, müssen Johanniskraut-Präparate allerdings 600 bis 900 Milligramm Pflanzenextrakt enthalten. Sie sind verschreibungspflichtig und in der Apotheke erhältlich. Die in Drogerien freiverkäuflichen Produkte enthalten dagegen Johanniskraut in Pulverform und sind für die Behandlung von Depressionen nicht ausreichend hoch dosiert.

Wichtig zu wissen ist, dass es etwas Zeit braucht, bis sich die Wirkstoffe der Johanniskraut-Präparate im Körper genügend angereichert haben, um eine spürbare Wirkung zu entfalten - es vergehen etwa zwei bis drei Wochen. Aber auch synthetische Antidepressiva benötigen einige Zeit, ehe ihre Wirkung einsetzt.

Johanniskraut: Nebenwirkungen und Wechselwirkungen

Johanniskraut kann die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöhen (phototoxische Wirkung), deshalb sollte man nach der Einnahme hochkonzentrierter Präparate die direkte Sonne meiden.

Vorsicht ist geboten bei der Einnahme anderer Medikamente. Johanniskraut-Präparate können deren Wirksamkeit beeinträchtigen, indem sie die Bildung eines bestimmten Enzyms anregen und so den Abbau der Arzneimittel in der Leber beschleunigen. Das kann dramatische Folgen haben, denn betroffen sind unter anderem:

  • Antidepressiva
  • Blutverdünner
  • Herz-Kreislauf-Medikamente
  • HIV-Medikamente
  • Immunsuppressiva
  • Anti-Baby-Pille

Vor der Einnahme hochdosierter Johanniskraut-Präparate sollte man sich daher unbedingt ärztlich oder in der Apotheke mit Blick auf die möglichen Wechselwirkungen beraten lassen. Auf keinen Fall darf Johanniskraut mit anderen Antidepressiva eingenommen werden, da es deren Wirkung aufheben kann.

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