Chronische Rückenschmerzen: Placebos können helfen
Bei der Behandlung chronischer Schmerzen spielen Placebos eine wichtige Rolle. Eine Studie zeigt: Die Scheinmedikamente wirken mitunter sogar dann, wenn die Patienten eingeweiht sind.
Viele Menschen haben Veränderungen an der Wirbelsäule, doch während einige starke chronische Rückenschmerzen entwickeln, spüren andere überhaupt nichts. Nicht selten verschlimmert Stress die Leiden. Anders als bei akuten Schmerzen helfen Medikamente bei chronischen kaum. Tatsächlich haben akute und chronische Schmerzen wenige Gemeinsamkeiten, denn während akute Schmerzen Warnsignale des Körpers sind, die uns zum Beispiel auf eine Verletzung, eine Überlastung oder eine Krankheit aufmerksam machen, spielt beim chronischen Schmerz die Psyche eine entscheidende Rolle.
Studie zur Placebo-Wirkung
Um das Zusammenspiel von Körper und Seele bei chronischen Schmerzen besser zu untersuchen, führten Essener Wissenschaftler eine Studie durch. Sie gaben Probanden, die an Rückenschmerzen litten, drei Wochen lang Scheinmedikamente. Die sogenannten Placebos enthielten nur wirkungslose Substanzen wie Stärke, Milchzucker oder Kochsalzlösung. Sie werden im Allgemeinen verwendet, um eine Therapie vorzutäuschen und so die psychische Komponente einer Erkrankung besser einschätzen zu können.
Teilnehmer wussten Bescheid
Doch anders als üblich klärten die Essener Mediziner die Teilnehmer der Studie von Anfang an darüber auf, dass sie Scheinmedikamente bekamen. Und dennoch zeigten die Placebos offenbar Wirkung: Die Teilnehmer, die zweimal täglich Scheinpillen einnahmen, berichteten über eine signifikante Linderung ihrer Beschwerden. Auf ihre messbare Beweglichkeit hatten die Placebos allerdings keinen Einfluss. Die Teilnehmer der Placebo-Gruppe hatten zwar weniger Schmerzen, konnten sich aber nicht besser bewegen als die unbehandelte Vergleichsgruppe. Das Placebo veränderte also nichts im Rücken, sondern beeinflusste allein die Psyche.
Gehirn produziert eigene Schmerzmittel
Untersuchungen der Hirnaktivität bei der Einnahme von Placebos haben gezeigt, dass das Gehirn eigene Schmerzmittel, die Endorphine, produziert, wenn der Mensch durch die Tabletten Linderung erwartet.
Bisher ging man davon aus, dass für den Placebo-Effekt die Täuschung erforderlich sei, es handele sich um tatsächliche Medikamente. Doch die Essener Studie beweist, dass der Effekt auch funktioniert, wenn der Patient davon weiß.
Placebo-Effekt mit Langzeit-Wirkung
Offenbar hat die offene Placebo-Therapie psychische Effekte, die auch noch lange nach der Einnahme der Scheinmedikamente anhalten können. Einige Teilnehmer der Essener Studie berichteten noch zwei Jahre nach der dreiwöchigen Einnahme von einer anhaltenden Schmerzlinderung. Möglicherweise stärkt das Wissen um die erfolgreiche Placebo-Therapie das Vertrauen in die Kräfte des eigenen Körpers.
In welchen Fällen eine solche offene Behandlung mit Placebos hilfreich sein kann, muss in weiteren Studien untersucht werden.