Abenteuer Diagnose: Susac-Syndrom sorgt für Sehstörungen und Sprachverlust
Das Susac-Syndrom ist eine sehr seltene, entzündliche Erkrankung der kleinsten Blutgefäße im Gehirn, in der Netzhaut und im Innenohr, die vermutlich auf eine Fehlsteuerung des Immunsystems zurückgeht.
Benannt ist das Susac-Syndrom nach dem US-Neurologen John O. Susac, der 1975 zwei junge Patientinnen mit einer ungewöhnlichen Kombination aus Psychose, Hör- und Sehstörung behandelt, sie der Fachwelt vorgestellt und sich auch später der weiteren Erforschung dieser Erkrankung gewidmet hatte.
Bisher wurden weltweit etwa 500 Fallbeispiele bekannt, vor allem junge Frauen zwischen 20 und 40 Jahren, aber auch Männer und andere Altersgruppen können betroffen sein. Möglicherweise ist die Dunkelziffer aber viel höher, da die Erkrankung den allermeisten Ärztinnen und Ärzten noch nie begegnet ist und somit die Expertise für eine korrekte Diagnose fehlt. Außerdem besteht eine Verwechslungsgefahr mit Multipler Sklerose (MS) oder der Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankung (NMOSD), die ähnliche Symptome auslösen können.
Symptome und Verlauf
Die Symptome treten meistens akut innerhalb weniger Tage gleichzeitig oder nacheinander auf: Es beginnt meist mit akuten Kopfschmerzen, mitunter auch Sprachstörungen, epileptischen Anfällen, Bewusstseinsstörungen bis zum Koma, Verwirrtheit und Halluzinationen, Lähmungen oder Gefühlsstörungen. Etwas später können Durchblutungsstörungen in der Netzhaut zu Einschränkungen des Gesichtsfelds führen, und schließlich kann eine beidseitige Innenohrschwerhörigkeit auftreten, die vor allem die tiefen Töne betrifft und bis zur Taubheit führen kann. Auch ein Tinnitus oder Schwindel können Symptome eines Susac-Syndroms sein, das über wenige Wochen, aber auch über Monate oder gar Jahre in mehreren Episoden auftreten kann.
Ursache
Die genaue Ursache des Susac-Syndroms ist noch nicht geklärt. Vermutlich greifen körpereigene Abwehrzellen die Zellschicht an, die das Innere der Blutgefäße auskleidet, das sogenannte Endothel. Deshalb wird das Susac-Syndrom auch als sogenannte Endotheliopathie bezeichnet. Die Immunzellen sammeln sich dabei in den kleinsten Blutgefäßen im Gehirn, in der Netzhaut und im Innenohr, schädigen deren Innenwände und führen zu Durchblutungsstörungen.
Diagnose
Einheitliche Diagnosekriterien gibt es beim Susac-Syndrom bisher nicht. Bei einer Magnetresonanztomografie des Gehirns (cMRT) können aber typische Veränderungen in verschiedenen Hirnarealen zu sehen sein. Eine sogenannte retinale Fluoreszenzangiografie zeigt Durchblutungsstörungen in der Netzhaut an, auch eine sogenannte optische Kohärenztomografie (OCT) der Netzhaut kann hilfreiche Hinweise geben. Im Hörtest ist eine Verminderung des Hörvermögens vor allem bei tieferen Tönen messbar. Im Hirnwasser lassen sich vermehrt Lymphozyten und Eiweiß nachweisen.
Therapie
Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung gibt es bislang keine Vergleichsstudien, welche Therapie am besten anschlägt. Empfohlen wird allgemein eine frühzeitige Behandlung mit Acetylsalicylsäure (ASS), Kortison und gegebenenfalls Immuntherapeutika, um die entzündliche Reaktion aufzuhalten und ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. So lässt sich unumkehrbaren Nervenschäden, Hör- und Sehverlusten mitunter vorbeugen, viele Symptome können sich anfangs auch noch zurückbilden. Auch eine Blutwäsche (Plasmapherese) kann hilfreich sein.
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