Reinhard Mey: Deutschlands beliebtester Liedermacher ist 80
Reinhard Mey hat seinen 80. Geburtstag gefeiert. "Über den Wolken" ist wohl sein bekanntester Hit in Deutschland. Auch in Frankreich und den Niederlanden hat der Liedermacher Karriere gemacht.
Es ist, als wäre er schon immer da gewesen. Reinhard Mey und seine Lieder gehören zum deutschen Kulturgut, auf seinen Tourneen versammeln sich nicht selten mehrere Generationen in ein und demselben Konzert. Der 1942 in Berlin geborene Liedermacher kann auf eine seit mehr als fünf Jahrzehnten andauernde Karriere zurückblicken.
Mey feiert erste Erfolge in Frankreich
So richtig in Fahrt kam die in Deutschland aber erst über Umwege. Nachdem Reinhard Meys erste Auftritte und Veröffentlichungen Mitte der 60er-Jahre hierzulande eher belächelt wurden, ging er erst einmal nach Paris. Er hatte sein Abitur an einem französischen Gymnasium gemacht, war mehrfach als Austauschschüler in Frankreich gewesen und hatte eine französische Freundin, die er 1967 heiratete. 1968 erschien unter dem Pseudonym "Frédéric Mey" sein erstes Album auf Französisch und wurde prompt ein enormer Erfolg.
Der Erfolg im Nachbarland strahlte nach Deutschland zurück und auch hierzulande wuchs die Anerkennung für den umtriebigen Musiker. Ab Ende der 1960er veröffentlichte er Schlag auf Schlag mehrere deutsche Alben. Die verkauften sich ab 1971 so gut, dass sie mehrfach Gold-Status erreichten. In Frankreich, wo er parallel auch weiterhin Platten veröffentlichte, war der Erfolg damals trotzdem noch größer. Seine Texte wurden in die dortigen Schulbücher aufgenommen, seine Platten mit Preisen überhäuft. Seine Tourneen führten ihn in einige der wichtigsten Konzerthäuser des Landes.
Niedersachsen ist Meys "fliegerische Heimat"
Aber auch in Niedersachsen verbrachte Mey in diesen Jahren viel Zeit: für sein großes Hobby, das Fliegen, eine seiner ganz großen Leidenschaften neben der Musik. In Niedersachsen machte er seinen Flugschein und im März 1973 startete er von Wilhelmshaven aus zu seinem ersten Alleinflug nach Frankfurt. Niedersachsen und Hannover seien seine "fliegerische Heimat" geworden, sagte Mey im Interview einmal.
Fliegerei inspirierte Mey zu seinem größten Hit
Das Fliegen inspirierte ihn auch zu seinem bis heute größten Hit "Über den Wolken". Kurz nachdem das Lied 1974 erschienen war, eroberte Mey ganz nebenbei auch noch den holländischen Markt. Seine erste holländische LP erreichte 1975 innerhalb von drei Monaten Goldstatus und später sogar Platin. Auch seine zweite holländische LP war ein Hit. Mey war in Holland so beliebt, dass dort sogar eine Chrysanthemenzüchtung nach ihm benannt wurde. Eine Ehre, die ihm übrigens ein paar Jahre später auch in Frankreich noch einmal zuteilwurde, wo ein Züchter eine neue Rosenart nach ihm benannte.
Aus Frankreich ins niedersächsische Ahlten
1976 kam sein erster Sohn Frederik zur Welt, das erste von drei gemeinsamen Kindern mit seiner zweiten Frau Hella, einer gebürtigen Hannoveranerin, mit der er bis heute verheiratet ist. Die Geburt seiner Kinder markiert den Wendepunkt für Reinhard Mey, der Frankreich und Holland fortan den Rücken kehrte und seinen Lebens- und Schaffensmittelpunkt nach Deutschland verlagerte. Mit Hella lebte er übrigens auch einige Jahre in Ahlten in Niedersachsen, dem Ort, aus dem ihre Familie stammte. Er baute zwei Häuser in dem Ort und ehemalige Nachbarn erinnern sich bis heute gern an den stets bescheidenen und freundlichen Starmusiker, den sie hin und wieder beim Einkaufen trafen. 2007 schrieb Reinhard Mey in einem Lesebrief an den Lehrter Anzeiger, dass sein Schwiegervater gerade auf einem Waldfriedhof bei Ahlten begraben worden sei, und er sich gut vorstellen könne, dort auch mal seine letzte Ruhestätte zu finden.
Kindheit im kriegszerstörten Berlin
Reinhard Mey wuchs als Kriegskind auf, lebte die ersten Jahren zusammen mit Mutter, Oma und Tante im kriegszerstörten Berlin. Zu seinen ersten Kindheitserinnerungen gehörten Bombardements und Stunden im Luftschutzkeller, wie er in Interviews erzählte. Sein Vater kehrte erst 1946 aus der Kriegsgefangenschaft zurück. Dennoch beschreibt Mey seine Kindheit, und auch sein ganzes weiteres Leben, als ausgesprochen behütet und glücklich. Seine Eltern seien liebevoll und zugewandt gewesen, sein Vater habe ihn mit der Maxime "Nie wieder Krieg" großgezogen und ansonsten nicht viel über seine Traumata gesprochen.
Die Leichtigkeit, die Mey laut eigener Aussage zeitlebens empfunden hat, zog sich stets auch durch seine Musik, ein Umstand, den ihm seine Kritiker lange Zeit übelnahmen. Zu unpolitisch, zu belanglos seien seine Lieder, eher dem Schlagergenre zuzuordnen, so die Meinung vieler. Er ließ sich nicht beirren, veröffentlichte Album über Album mit Liedern, die sich oft um Themen aus seinem eigenen Leben drehten. Genau diese Zugänglichkeit ist aber wohl auch das Geheimnis seines großen, anhaltenden Erfolges.
Tragödie: Tod seines Sohnes Maximilian
Die größte Tragödie seines Lebens ereilte Reinhard Mey mit der Erkrankung seines zweiten Sohnes Maximilian, der ab 2009 nach einer verschleppten Lungenentzündung im Wachkoma lag und 2014 mit nur 32 Jahren verstarb. Mey widmete ihm das Lied "Drachenblut" und schaffte es mit Unterstützung seiner Familie trotz des schweren Schicksalsschlags auf die Bühne zurück.
Im Mai 2020 erschien Reinhard Meys 28. Studioalbum, seine letzte Tournee hat er erst kürzlich beendet. Auf 16 Stationen im ganzen Land spielte er im vergangenen Herbst vor insgesamt 82.000 Zuschauer:innen. Es sei "die Tournee seines Lebens" gewesen, schrieb er auf seiner Webseite. Vom Aufhören war ausdrücklich nicht die Rede.