Fritz Höger: Der Baumeister mit den Backsteinen
Hamburg und Hannover, Wilhelmshaven und Bad Zwischenahn: Viele norddeutsche Städte haben Fritz Höger und seinem Expressionismus ein Wahrzeichen zu verdanken. Am 21. Juni 1949 starb er in Bad Segeberg.
Das Chilehaus in Hamburg, das Rathaus in Wilhelmshaven, das Anzeiger-Hochhaus in Hannover, das Krankenhaus in Delmenhorst, der Wasserturm in Bad Zwischenahn, außerdem Kirchen, Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser, Fabriken, Schulen und Gedenkstätten: Mehr als 3.000 Bauten und Entwürfe hat der Baumeister Fritz Höger bis zu seinem Tode im Jahr 1949 nach eigenen Angaben geschaffen. Neben seinem älteren Kollegen Fritz Schumacher steht er für den Backstein-Expressionismus in Norddeutschland.
Vom Zimmerer zum Baumeister
Fritz Höger, eigentlich Johann Friedrich Höger, wurde am 12. Juni 1877 als erstes von sechs Kindern eines Zimmermanns in Elmshorn geboren. Als Jugendlicher ging er bei einem Zimmerer in die Lehre und bildete sich gleichzeitig an einer Abendschule fort. Dann besuchte er zwei Jahre lang die Baugewerbeschule in Hamburg. 1899 bestand er seine Meisterprüfung. Nach dem Militärdienst begann Höger 1901 im angesehenen Architekturbüro Lundt & Kallmorgen in Hamburg als technischer Zeichner und Bauführer zu arbeiten. Das Büro gehörte zu den bedeutendsten der Stadt, entwarf aber Gebäude nach Musterbüchern in allen Stilen. Dem ehrgeizigen Höger gefiel das nicht.
Högers erstes eigenes Büro
Höger begann für den Bauunternehmer Fritz Oldenburg zu arbeiteten, heiratete 1905 dessen Tochter Annie. Von ihr ermuntert, gründete er mit 30 Jahren ein eigenes Architekturbüro. Weil er keine Hochschulausbildung vorweisen konnte, durfte er dem Bund Deutscher Architekten nicht beitreten und nannte sich selbst "Baumeister". Bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges plante und baute er vor allem Privathäuser in Hamburg und Umgebung. Bald entstanden in der Stadt auch seine ersten größeren Geschäfts- und Kontorhäuser: das Rappolt- und das Klöpperhaus in der Mönckebergstraße.
Anhänger der Heimatschutzbewegung
Höger stand der Heimatschutzbewegung nahe, die die regionale Tradition und das Handwerk stärken wollte. Dazu passte es, dass Höger als Material am liebsten norddeutschen Backstein nutzte. Im berühmten Hamburger Chilehaus ließ er 4,8 Millionen Stück davon verbauen.
Ab 1914 diente Höger im Ersten Weltkrieg als Mitglied einer Baukompanie in Frankreich und Flandern. Er baute Bunker - und es war vorerst vorbei mit dem eigenen Architekturbüro. Nach dem Krieg war es schwer, an die Aufträge der Vorkriegszeit anzuknüpfen und das Geschäft wieder aufzubauen. Doch dann gewann Höger den Architekturwettbewerb für das Chilehaus, den der reiche Hamburger Reeder Henry Brarens Sloman ausgeschrieben hatte. Dieser Bau machte Höger international bekannt.
Ein Haus wie ein Schiff
Die markante Architektur in Form eines riesigen Passagierschiffs mit 2.800 Fenstern macht das Chilehaus noch heute zu einer bekannten Sehenswürdigkeit Hamburgs. 1924 fertiggestellt, liegt es im Kontorhausviertel in der Altstadt und nahe des Freihafens. Überliefert sind zahlreiche Bauplanungen, die auf einen schwierigen Entstehungsprozess schließen lassen. Das Chilehaus war Zeichen des Aufschwungs nach dem Ersten Weltkrieg und wurde neben dem Hamburger Michel zum markanten Wahrzeichen der Hansestadt. Seit 1983 steht es unter Denkmalschutz. Der Name Chilehaus erklärt sich durch den Auftraggeber Sloman: Der Reeder hatte sein Vermögen mit Salpeterhandel in Chile gemacht.
Ein Hochhaus für Hannover
1927 bis 1928 errichtete Höger unter anderem in Hannover das sogenannte Anzeiger-Hochhaus für den Verleger August Madsack. Auch dieses Gebäude wurde zum Wahrzeichen. Mit zehn Etagen war es eines der frühen Hochhäuser in Deutschland und ähnelt in vielen Elementen dem Chilehaus. Jedoch wird es von einer grünen Dachkuppel überspannt, die an das Neue Rathaus in Hannover erinnert. Höger durfte für Madsack auch ein Wohnhaus bauen - und im Jahr 1933 das Grabmal der Familie. Unverändert steht am Stephansplatz in der Südstadt ein mehrgeschossiges Wohnhaus aus dem Jahr 1928.
Buhlen um die Gunst des "Führers"
Höger baute nun auch in der Hauptstadt Berlin - und strebte nach noch mehr Erfolg. Schon 1931 schrieb er an Adolf Hitler und bat um ein Gespräch. Daraus wurde nichts, aber als Hitler 1933 an die Macht kam, hoffte Höger, davon zu profitieren. Doch obwohl der Baumeister in vielen Bereichen mit Hitler übereinstimmte, Mitglied der NSDAP war - und sich auch entsprechend äußerte - traf er mit seiner Bauweise nicht den Geschmack Hitlers. Auch hatte er sich durch ruppigen Umgang mit Kollegen nicht wenige Feinde gemacht und es gab immer wieder Plagiatsvorwürfe gegen ihn. Höger wurde nicht, wie er gehofft hatte, Hitlers Staatsarchitekt, war jedoch in vielen Ausschüssen des NS-Staates tätig.
Eine Bombe vernichtet die Dokumente
1943 zerstörte im Zweiten Weltkrieg eine Bombe fast alle Pläne und Bauunterlagen Högers. Der Baumeister verlor neben Büro und Archiv auch sein Wohnhaus in Hamburg-Harvestehude. Nach 1945 konnte er, inzwischen 68 Jahre alt, nicht mehr an seine früheren Erfolge anknüpfen. Fritz Höger starb am 21. Juni 1949 in Bad Segeberg.