Stand: 27.10.2014 11:08 Uhr

Flucht aus der DDR: "Wie kann man das wagen?"

von Carsten Vick, NDR Info

"Wer unsere Grenze nicht respektiert, der bekommt die Kugel zu spüren" - so sagte es Heinz Hoffmann, ehemaliger Verteidigungsminister der DDR. Trotz Schießbefehl gelang rund 40.000 Menschen zwischen 1961 und 1989 die Flucht in den Westen.

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An einem Grenzübergang sind ein Minenwarnschild, sowie zwei Maschinengewehre befestigt. © NDR Foto: Hermann Pröhl
4 Min

Flucht über die innerdeutsche Grenze

Vielen DDR-Bürgern gelang zwischen 1961 und 1989 die Flucht in den Westen. Familie Mayer in Hagenow bekam davon nur wenig mit. 4 Min

Davon allerdings bekamen die Mayers im mecklenburgischen Hagenow nur selten etwas mit. "Wir durften nicht wissen, wenn einer abgehauen ist. Es könnte ja einer nachmachen", erinnert sich Hanna Mayer. "Das haben wir so nie erfahren." Es sei denn, man hörte im West-Fernsehen von einer gelungenen Flucht, zum Beispiel per Ballon. "Dann haben wir immer gesagt 'Wie kann man das bloß machen, und kann man das wagen?'", erinnert sich die heute 79-Jährige. "Es waren ja auch manchmal Leute mit Kindern, die das gemacht haben. Das hätte ich nie gemacht."

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Ein Wachturm der DDR-Grenzsoldaten direkt am Elbufer. © NDR / Elisabeth Weydt Foto: Elisabeth Weydt

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Im Januar 1970 klingeln zwei Männer bei Familie Giering in Neu Darchau. Sie sind im Nebel über die zugefrorene Elbe geflüchtete. Der Beginn einer Freundschaft, die bis heute hält. mehr

Angst vor Repressalien

Ihr Mann Wolfgang Mayer erinnert sich an einen Arbeitskollegen, der mit dem Motorrad in den Grenzbereich hineingefahren war und die Elbe durchschwommen hatte. Eine Kollegin habe damals geweint und gedacht, er sei ertrunken. "Und ein paar Tage später kam eine Postkarte", adressiert an die "Ex-Kollegen".

Viele schafften es aber auch nicht, kamen auf der Flucht ums Leben oder wurden erwischt und mussten für Jahre ins Gefängnis. Zigtausende stellten aber auch einen offiziellen Ausreiseantrag. Für Hanna Mayer war das auch aus Angst vor einer Ablehnung keine ernsthafte Alternative. Damit hätte man sich seine Zukunft verbaut und riskiert, den Job zu verlieren, schildert sie ihre damaligen Befürchtungen.

Scharfe Kontrollen bei Reisen in den Osten

Und im Westen: Landwirt Manfred Kruse und sein Sohn Matthias aus Bleckede schauten beim Heumachen oft über die Elbe Richtung Osten. Dort sahen sie Fahrzeuge, die auf einer Panzerstraße am Zaun entlang fuhren, von einem Wachturm zum anderen.

Die Kruses konnten zumindest ihre Verwandten in der DDR besuchen. Auch wenn es, wie sie heute sagen, Angstfahrten waren, besonders bei der Rückreise in den Westen: "Dann haben sie erstmal das Auto von unten beguckt mit Spiegeln und innen und unter den Sitzen alles durchsucht", erinnert sich Manfred Kruse. Auch der Kofferraum musste ausgepackt werden. "Alles Schikane", sagt er heute.

Wolfgang Kruse erinnert sich zudem an einen Vorfall, als drei junge Männer aus Niedersachsen der DDR-Grenze zu nahe kamen: Sie hätten nach ein paar Bieren die Idee gehabt, auf die zugefrorene Elbe zu gehen. DDR-Grenzschützer hätten zwei der Männer, die auf die andere Seite gegangen seien, erst einmal festgehalten und für gut acht Tage eingesperrt.

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Eine Familie überquert im November 1989 mit Einkaufstüten einen geöffneten Grenzübergang zwischen DDR und BRD. © picture-alliance / dpa Foto: Wolfgang Weihs

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NDR Info | 28.10.2014 | 07:20 Uhr

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