Deutscher Buchpreis 2023: Wismarerin Anne Rabe auf der Shortlist
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat die Shortlist für den Deutschen Buchpreis veröffentlicht. Unter den sechs nominierten Büchern ist auch ein Roman der Wismarerin Anne Rabe: "Die Möglichkeit von Glück".
Die Jury des Deutschen Buchpreises hat diese sechs Romane für die Shortlist ausgewählt:
- Terézia Mora: "Muna oder Die Hälfte des Lebens" (Luchterhand Literaturverlag, August 2023)
- Necati Öziri: "Vatermal" (claassen, Juli 2023)
- Anne Rabe: "Die Möglichkeit von Glück" (Klett-Cotta, März 2023)
- Tonio Schachinger: "Echtzeitalter" (Rowohlt Verlag, März 2023)
- Sylvie Schenk: "Maman" (Carl Hanser Verlag, Februar 2023)
- Ulrike Sterblich: "Drifter" (Rowohlt Hundert Augen, Juli 2023)
"Die Auswahl bietet einen guten Querschnitt über das, was gerade so in der deutschen Literatur los ist", ordnet NDR Kultur-Literaturredakteur Alexander Solloch die Shortlist ein. "Nicht restlos überzeugend ist sie dann, wenn man sich mit der Frage beschäftigt, wer alles nicht nominiert ist." Ihn freuen vor allem die Nominierungen von Tonio Schachingers Wiener Internatsgeschichte "Echtzeitalter" und Ulrike Sterblichs "Drifter". "Ihr Roman erzählt unheimlich dynamisch und gewitzt von zwei Männern, in deren Leben immer aufs Neue Unerklärliches geschieht", so Solloch. Chancen auf ihren zweiten Buchpreis hat Terézia Mora mit "Muna oder Die Hälfte des Lebens". Die Schriftstellerin gewann den Preis bereits 2013 mit "Das Ungeheuer". Der Gewinner oder die Gewinnerin wird zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse am 16. Oktober verkündet.
Anne Rabes "Die Möglichkeit von Glück"
In ihrem autofiktionalen Roman geht Anne Rabe auf Spurensuche in den Schmuddelecken ihrer Familie. Ihr Großvater war ein überzeugter Vertreter des DDR-Systems mit einer verstörend unreflektierten Verstrickung in die bösen Machenschaften der Partei. Aber er war eben auch der liebe Opa für die Kinder. Als die Mauer fällt, ist die Protagonistin Stine gerade einmal drei Jahre alt. Sie ist ein Kind der Wende. Um den Systemwechsel in der DDR zu begreifen, ist sie zu jung, doch die vielschichtigen ideologischen Prägungen ihrer Familie schreiben sich in die heranwachsende Generation fort. Anne Rabe hat aus ihrer Familiengeschichte einen hervorragenden Roman gemacht.
Einladung zum Gespräch über die Vergangenheit
Im Gespräch mit NDR 1 Radio MV hat Anne Rabe über ihren neuen Roman gesprochen. Es sei wichtig die Frage zu stellen: "Wo kommen wir her? Wo kommen eigentlich die Konflikte her, unter denen wir heute noch leiden?", sagt die Autorin. "Wenn wir die im Unbewussten lassen, können sie ihr Unwesen treiben und führen zu Konflikten, zu Agressionen und zu Gewalt." Auf ihren Lesungen erfahre sie regelmäßig, wie schwer es ist, über die Trauma der Vergangenheit ins Gespräch zu kommen. "Es dauert oft sehr lange bis das Eis bricht und sich die Leute trauen, vor anderen Menschen über ihre Erfahrungen zu sprechen", so Rabe. "Mich berührt, dass gerade bei den Älteren die Teile des Romans, die sich um den 17. Juni drehen, um den Stalinismus in der Aufbauzeit der DDR - dass die doch viele Emotionen, viele Erinnerungen auslösen."
Deutscher Buchpreis 2022 ging an Kim de l'Horizon
Im vergangenen Jahr bekam Kim de l'Horizon für "Blutbuch" den Deutschen Buchpreis. In dem Roman sucht eine non-binäre Person nach einer eigenen Sprache. Das Buch ist eine von Märchen inspirierte, in Nahaufnahmen realisierte Befragung der Kindheit, die die Erzählfigur Kim, mittlerweile erwachsen geworden und offen queer lebend, vornimmt.