"Kochen im falschen Jahrhundert": Zynisch-witziger Roman
Entschlossen und kühn erzählt Teresa Präauer in ihrem Roman "Kochen im falschen Jahrhundert" die Geschichte eines Abends in mehreren Anläufen. Ihre Sprache ist scharf, klar und auf die Zwölf.
Die österreichische Schriftstellerin Teresa Präauer liebt es zu experimentieren. Das hat sie seit Erscheinen ihres Debütromans 2012 "Für den Herrscher aus Übersee" mit fast jedem weiteren Buch unter Beweis gestellt. Und das gilt auch für ihren neuen Roman "Kochen im falschen Jahrhundert". Sie liefert nicht nur eine, sondern mehrere mögliche Entwicklungen eines Abends.
Ein akribisch durchgeplanter Abend
Gutes Essen, angeregte Plauderei, stilvoller Jazz - es soll ein wunderbarer Abend werden. Bis ins kleinste Detail hat sich die Gastgeberin ihre erste Party in der neuen Wohnung ausgemalt. Sie hat Kochbücher gewälzt, Einladungskarten gedruckt und Wiesenblumen auf dem langen, dänischen Tisch drapiert. Ein Designermöbel, klar.
Die Gastgeberin hatte von einem offenen Haus fabuliert, von internationalen Gästen, die die internationalen Zeitungen lesen. Man wäre gebildet und liberal, alles das aber keineswegs aufgesetzt oder demonstrativ. Die Speisen kämen ohne viel Aufwand auf den Tisch. Leseprobe
Die Erwartungen sind groß, die Runde bleibt klein: Eingeladen hat das Gastgeberpaar ein Ehepaar, das gerade ein Baby bekommen hat, und einen Schweizer Freund. Alle sind sie gesettelte Gutverdiener, bemüht locker, dabei spießig bis in jede Faser. Oberflächlich eingespielt plätschern die nichtssagenden Gespräche durch den Abend: über Reisen und Möbel, über den Hype der Streamingserien und den Tod des Fernsehens, über Schlafmangel und andere Elternleiden.
Teresa Präauer verknotet gekonnt die Fäden
"Close Your Eyes", "So What", "Hold Your Man": Teresa Präauer verknotet mühelos und gekonnt die Fäden und der Roman liefert die Songs des Abends mit. Ein köstlicher Bruch. Der Jazz kommentiert das Geschehen: Die Freundlichkeit ist nur Fassade, innerlich ist die Protagonistin ein einziger Krampf. Sie rechnet mit Scherben, ruinierten Fußböden und Patzern ihres Partners. Ganz abgesehen von den zwischenmenschlichen Dramen, die sich anbahnen.
Der mögliche Fleck auf seinem Hemd war sein Fleck. Die Freiheit des Menschen bestand auch darin, dem jeweils anderen seinen Fleck zu lassen. Die Verantwortung bestand dabei auch darin, mit dem je eigenen Fleck allein zu sein. Dieses Alleinsein zu ertragen. Jedem sein Fleck in der Form eines wehen Herzens, auch in der Paarbeziehung! Leseprobe
Einsprengsel aus Rezepten und Zutatenlisten machen klar, womit sich die feiernde Truppe bei Laune hält.
4 cl Rum
4 cl Sodawasser
3 Teelöffel weißer Zucker
1 Limette
Minzblätter
Eiswürfel
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Die Partygesellschaft bleibt namenlos. Wir kommen diesen Figuren und ihren Emotionen nicht nahe. Eine Distanz, die passt. Denn der ganze Abend löst Befremdung in uns aus. Wirkliche Wärme entsteht nur in den Erinnerungen der Hauptfigur. Ihre Biografie als Essende, Schmeckende, Kochende gibt dem Roman seine Poesie.
"Kochen im falschen Jahrhundert": Zynisch-witziger Roman
Entschlossen und kühn erzählt die Österreicherin Teresa Präauer die Geschichte eines Abends in mehreren Anläufen. Am Anfang malt sie das Ideal aus, fragt: Was hätte sein können? Dann setzt sie neu an, und nach und nach kommt die korrigierte Wahrheit ans Licht. Von Version zu Version wird die Runde schnippischer, schriller, streitlustiger. Präauer dreht die Schraube immer fester - vom harmlosen Plausch zum enthemmten Exzess. Als ein amerikanisches Paar uneingeladen auf der Matte steht - und mit diesem Besuch zum ersten Mal etwas Ungeplantes, Spontanes passiert -, kommt Leben und sexuelle Spannung in die Bude.
Schlau und kunstvoll verhandelt Präauer das Große im Kleinen - unsere Gegenwart spielt sich in diesen Räumen ab. Das Absurde, das Aufgesetzte, und zum Glück findet sich auch: der letzte Funken Lebendigkeit. Ein zynisch-witziger Roman, scharf, klar und auf die Zwölf.
Kochen im falschen Jahrhundert
- Seitenzahl:
- 198 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Wallstein
- Bestellnummer:
- 978-3-8353-5429-6
- Preis:
- 22 €