Bildschöne Bücher: "Guido Reni - Der Göttliche"
Zur gerade laufenden Ausstellung im Frankfurter Städel-Museum ist ein Bildband über das schillernde Barockgenie Guido Reni erschienen. Die biografischen Details machen den neuen Bildband so spannend.
Hätte es den Titel "Superstar" schon im Barock gegeben, Guido Reni hätte ihn verdient: In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war der Maler aus Bologna ungeheuer erfolgreich. Fürsten und Kardinäle, selbst Papst Paul V. zahlten Höchstpreise für seine Gemälde und Fresken. Schon zu Lebzeiten bekam Reni daher den Beinamen "Il Divino". Dabei leistete sich der Künstler Eigenheiten und Fehltritte, die seinen Zeitgenossen wenig göttlich erschienen sein müssen. Vor allem hatte der Maler ein Suchtproblem. Seinem Ruhm tat das keinen Abbruch.
Guido Reni kopierte den Malstil von Caravaggio
Wie wir heute auf Maler aus früheren Jahrhunderten zurückblicken, hat nicht nur mit ihrem Werk zu tun, sondern auch damit, was über sie geschrieben wurde. Caravaggio zum Beispiel hatte das Pech, dass sein Erzfeind Giovanni Baglione seine Biografie verfasste. Der Maler und Schriftsteller, der seinen Rivalen um mehr als 20 Jahre überlebte, ließ kein gutes Haar an dem Künstler und resümierte: "Caravaggio starb so schlecht, wie er gelebt hatte."
Guido Reni hatte mehr Glück: Seine Lebensgeschichte schrieb einer seiner größten Bewunderer: Der Bologneser Graf Carlo Cesare Malvasia. Glaubt man seiner Darstellung, war der Maler edel, fromm und mit überirdischem Talent gesegnet. In jeder Hinsicht eine Gegenfigur zu Caravaggio, den Malvasia als charakterlosen Schurken schildert. Man braucht jedoch nur einen Blick auf Renis Werk zu werfen, um zu erkennen, dass es zwischen den beiden Künstlern erstaunliche Berührungspunkte gab.
Reni, dessen Hand angeblich von Engeln geführt wurde, kupferte - ganz weltlich - bei Caravaggio ab: Kaum ein Bild zeigt das deutlicher als sein Gemälde "David mit dem Haupt des Goliath". Der Bologneser Maler stellt den biblischen Helden als halbnackten Knaben dar. Lässig, ja geradezu lasziv, lehnt David an einer Säule und greift Goliath in die Haare. So, als wollte er das blutige Gesicht des Riesen in Richtung eines unsichtbaren Publikums drehen. Die dramatischen Hell-Dunkel-Kontraste, die Schönheit des Jünglings und die drastische Darstellung des abgeschlagenen Kopfes: Reni kopiert Caravaggios Malstil so unverfroren, dass man glauben könnte, das Bild stamme von ihm.
"Der Göttliche" und sein teures Laster
In seinem Spätwerk löst der Künstler sich vom Einfluss seines früh verstorbenen Konkurrenten. Das bühnenreife Pathos, das er von Caravaggio übernommen hat, behält der Bologneser Maler jedoch bis zu seinem Lebensende bei. Besonders, wenn er religiöse Verzückung darstellt.
"Mehr als die meisten anderen (...) war Reni bestrebt, (…) die himmlische Atmosphäre mit malerischen Mitteln einzufangen und über den Sehsinn das Herz des Betrachters zu bewegen", schreibt der Kunsthistoriker Bastian Eclercy in dem neuen Bildband über Guido Reni. Wie kein Zweiter versteht es der Maler, in den Gesichtern seiner Figuren die Gegenwart Gottes zu spiegeln. Ob Christus, Maria oder die zahlreichen Heiligen: Alle richten ihre Blicke himmelwärts - ergriffen, erschüttert und überwältigt von der göttlichen Macht.
Mit solchen Darstellungen lieferte Reni genau die Bilder, die barocke Kirchenherren sich wünschten. Kein Wunder, dass der Maler glänzende Geschäfte machte. Trotzdem reichte das Geld nie aus. "Der Göttliche" - wie seine Zeitgenossen ihn nannten - hatte ein teures Laster: Er war spielsüchtig und musste - um seine Schulden zu begleichen - ein Gemälde nach dem anderen produzieren.
Guido Renis Angst vor Frauen
Die biografischen Details, die erheblichen Einfluss auf Renis Oeuvre hatten, machen den neuen Bildband so spannend. Der Maler war abergläubisch, er hatte Angst vor Hexen und fürchtete sich vor Frauen. Außer seiner Mutter, die er zutiefst verehrte, kam ihm kein weibliches Wesen in die Werkstatt. Nicht einmal, um ihm Modell zu sitzen.
Der "göttliche Guido" - zeigt das Buch - war eben doch nur ein Mensch. Beschenkt allerdings mit einem Talent, das seinesgleichen sucht. Als Maler trägt Guido Reni den Beinamen "Il Divino" also völlig zu Recht.
Guido Reni - Der Göttliche
- Seitenzahl:
- 320 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- 285 Abbildungen
- Verlag:
- Hatje Cantz
- Bestellnummer:
- 978-3-7757-5256-5
- Preis:
- 50 €