90 Jahre Donald Duck: Zeichner Ulrich Schröder und das Geheimnis des Schnabels
Ulrich Schröder teilt viele Eigenschaften von Donald Duck. Kein Wunder, zeichnet er die Disney-Figur doch schon seit Jahrzehnten. Ein Gespräch zum 90. Geburtstag von Donald Duck.
Mit einer blutigen Lippe fing die Liebe zu Donald Duck beim Zeichner Ulrich Schröder alles an. Er hat von der Mutter ein Micky-Maus-Heft geschenkt bekommen, nach dem er sich eine blutige Lippe geholt hatte. Über dies und vieles mehr hat er mit unserem NDR Kultur-Comicexperten Mathias Heller gesprochen:
Von Disney-Zeichner Volker Reiche haben Sie die Basics der Figuren gelernt. Welche sind denn das?
Ulrich Schröder: So wie ich am Anfang gezeichnet hab, waren das einzelne Details: die Augen, der Schnabel, der Hut, die Arme, die Hände und so weiter. Aber die passten nicht wirklich zusammen - sie waren wie Puzzleteile. Und was der Volker mir beigebracht hat, ist, dass die Figuren aus dem Trickfilm kommen. Und die müssen sich logisch bewegen, die müssen eine schöne Form zusammen ergeben. Wenn ich die Puzzleteile einzeln zusammensetze, sieht das aus wie so ein Frankenstein. Und so sah auch mein erster Donald aus, den ich ihm geschickt habe, einen rennender Donald, und den hat er mir halt korrigiert.
Was man machen muss: Es fängt mit einem Kopf an, man macht ein Kreis. Dann macht man die sogenannte "Line of Action". Das ist eine Linie, die zeigt, wie sich der Donald bewegt. Das heißt, wenn er zum Beispiel rennt, ist die fast gerade. Wenn er traurig ist, ist sie wie ein umgedrehtes U. Das heißt, der Kopf geht nach unten, und der Körper geht wieder nach unten und so weiter. Man kann an dieser Linie allein schon sehen, wie er sich fühlt. Danach baut man darauf auf und baut so einen birnenförmigen Körper da drüber. Dann kommen wie so Schläuche die Beine, eine Kugel für die Hände und dann erst die Details. Das heißt, die Silhouette muss vorher schon stimmen, das hat er mir beigebracht.
Bei vielen ist es so, dass sie immer am Schnabel verzweifeln. Wie ist das bei Ihnen? Gibt es irgendwelche Tipps, die Sie da hätten?
Schröder: Also ich verzweifle nicht am Schnabel - ich verzweifle an dem Körper. Ich liebe es, den Donald-Schnabel zu zeichnen, dass ist eine meiner Lieblingssachen. Ich habe mal eine Skulptur gemacht, basierend auf einer Zeichnung von Carl Barks, dem Erfinder von Onkel Dagobert. Der hat im Hintergrund seiner Comics manchmal so einen griechischen Diskuswerfer gezeichnet, der in dem Fall eine Lampe auf dem Kopf hatte. Daraus habe ich eine Statue gemacht und diese Statue habe ich Barks gezeigt. Und er hat gesagt: "Oh, du bist einer der wenigen, die den Schnabel verstanden haben." Also mit dem Schnabel habe ich kein Problem, aber mit dem Körper.
Jetzt wird Donald 90 Jahre alt. Wie hat er sich all die Jahre zeichnerisch wie inhaltlich verändert?
Schröder: Er hat sich zwar stilistisch verändert, aber glücklicherweise nicht vom Charakter. Also wenn eine Geschichte gut gemacht ist, dann ist der Donald immer der gleiche. Ob der jetzt einen kurzen Schnabel hat oder einen langen Schnabel. Und deshalb bleibt Donald zeitlos. Das heißt, eine tolle Donald-Geschichte nimmt diesen spezifischen Charakter und setzt den in eine Situation und schaut sich an, wie reagiert dieser Charakter darauf. Und der reagiert anders, als Onkel Dagobert reagieren würde, oder Micky Maus oder Goofy. Jeder hat seinen eigenen Charakter, und wenn das gut gemacht ist, dann kann das genauso eine ganz tolle Geschichte sein, die heute spielt, zum Beispiel mit Solarpaneels oder mit Ölpest oder so etwas, was heute akut ist. Das Tolle ist: der Charakter ist gleich einsam, und der Stil ändert sich ein bisschen.
Wie aktuell darf denn überhaupt der Donald an sein?
Schröder: Der Donald darf völlig aktuell sein - je näher an der Aktualität, desto besser. Ich glaube Island, Finnland und Holland sind die Länder, wo sich Donald am allerbesten verkauft. In Holland zum Beispiel gab es eine Diskussionen im Parlament, und dann hat irgendjemand ein Donald-Heft rausgeholt und hat gesagt: Hier, Onkel Dagobert hat das schon da gesagt - also wenn das nah an der Realität dran ist, ist es super. Man sollte nur vermeiden, heikle Themen zu nehmen. So zum Beispiel Politik rauslassen oder Sachen, die man Kindern nicht zeigen sollte, die sollten nicht drin vorkommen. Aber je näher das an der Realität dran ist, desto besser.
Wie ähnlich sind Sie und Donald sich?
Schröder: Also ich bin Donald in einer Weise ähnlich. Das heißt, ich nehme mir zu große Sachen vor und denke, ich kriegt das alles hin und scheitere dann manchmal daran. Manchmal scheitere ich nicht, und dann bin ich sehr glücklich. Aber es passiert mir manchmal. Das ist ähnlich wie Donald, der ist meistens an seinen Katastrophen selber schuld, also der hat das selber verursacht. Aber ich werde nicht so sauer wie er. Meine Tochter ist mal gefragt worden, ob ich dem Donald ähnlich sei, da sagte sie: Ja, der ist lustig, aber er wird nicht so wütend wie Donald.
Das Gespräch führte Mathias Heller.