Comics im Mai: "Columbusstraße", "Heroes", "Drei oder vier Bagatellen"
Am 30. Mai startet im fränkischen Erlangen wieder der Internationale Comic-Salon. Höhepunkt ist die Vergabe der Max und Moritz-Preise - die deutschen Comic-Oscars gewissermaßen. 25 Titel sind nominiert - wir stellen drei herausragende vor.
"Columbusstraße": Intime Familiengeschichte im Zweiten Weltkrieg
Ein Junge springt über Häusertrümmer und an Ruinen vorbei. Schon beim Cover wird klar: Das wird kein Feel-Good-Roman. "Columbusstraße", so der Titel, ist mehr als nur eine "Familiengeschichte", wie es der Untertitel verspricht. Es ist eine bewegende Zeitreise in das Deutschland von 1933 bis 1945.
Im Zentrum des Buches mit seinen über 500 Seiten steht die Familie des Zeichners und Autors Tobi Dahmen, genauer: die seines Vaters. Aus unzähligen Aufzeichnungen aus dem Nachlass, wie Briefen, Fotos und Dokumenten, puzzelt er die Vergangenheit zu einem Bild zusammen. In seinen Schwarz-Weiß-Zeichnungen erzählt er mit starken Kontrasten und kräftigen Outlines von den Wünschen, aber auch Ängsten seiner Altvorderen - immer vor dem Hintergrund der Beklemmungen der Nazi-Zeit und dem Horror des Krieges. Oft dokumentarisch, dann wieder fiktional beschreibt und verwebt er Entscheidungen und Umstände sehr intelligent und subtil miteinander. "Columbusstraße" nimmt sich Zeit und schafft den schwierigen Spagat zwischen dunkler Historie und intimer Familiengeschichte.
"Heroes": Schwarzer Humor trifft auf Gesellschaftsanalyse
Eine Gruppe von - nennen wir sie mal - besonderen Figuren stromert durch den Wald. Da gibt es zum Beispiel Miez-UFO, eine kleine Katze, die in einem fliegenden Fressnapf unterwegs ist, Bra-Panda, eine Panda-Bärin mit Model-Figur und Bikini, oder Yang Chun Mian, eine aufrecht laufende Zucchini mit drei Gesichtern übereinander. Aber auch reale menschliche Figuren sind dabei, und sie sorgen sich alle um die Menschheit, denn die ist von einer dunklen Macht bedroht.
Inio Asanos Manga "Heroes" ist mehr als nur eine schräge und unkonventionelle Geschichte. Der japanische Zeichner lässt die ungewöhnlichen Helden eine Reise durchleben, die die Fragen des Lebens im Allgemeinen und die des Zusammenlebens im Besonderen behandeln, wie Vertrauen, Freundschaft oder das Scheitern. Ein Buch, das durch seine Kontraste hervorsticht - gestalterisch durch die Mischung aus Fantasy-, Manga- und Cartoonhaftigkeit, aber auch inhaltlich, wenn schwarzer Humor auf Gesellschaftsanalyse trifft. Ein leicht zu verschlingendes Buch mit Tiefgang. Sehr unterhaltsam, sehr fantasievoll.
"Drei oder vier Bagatellen": Berührender Antihelden-Comic
Der österreichische Zeichner Franz Suess ist ein Comic-Spät-Durchstarter. Mit seinen 63 Jahren hat er den diesjährigen Comic-Preis der Leibinger-Stiftung erhalten - fast schon ein Newcomer-Preis. Nun steht er mit "Drei oder vier Bagatellen" im Rennen um den diesjährigen Max und Moritz-Preis. Darin berichtet der Wiener in vier Erzählungen von Erwartungen und Verlust und der Sehnsucht nach Geborgenheit, Ehrlichkeit und dem Geliebt-Werden. Da datet zum Beispiel Brigitte voller Hoffnung auf einen romantischen Abend den rustikalen Stevan, um ihn ein paar Stunden und Seiten später hochkant aus ihrer Wohnung zu schmeißen.
Die Figuren von Franz Suess sind Antihelden, gescheitert, nie wirklich mit Glück gesegnet- nur in ihren Träumen gefangen. Kantig, kratzig in Schwarzweiß zeichnet er sie - alles wirkt ein wenig trüb. Selbst der Sommer wird bei ihm zu einem einzigen Novembertag. Trotz aller Düsternis schafft es der Zeichner, Empathie für die Figuren entstehen zu lassen. Eindringlich und berührend.