Volker Hamann im Verlag der Edition Alfons © NDR.de Foto: Mathias Heller

Comic-Verlag Edition Alfons feiert 40-jähriges Jubiläum

Stand: 11.05.2024 06:00 Uhr

Vor 40 Jahren veröffentlichte Volker Hamann mit drei Freunden in Pinneberg ein Comic-Magazin. Bis heute gilt es als ein wichtiges Nachschlagewerk - nicht nur für Fans und Kenner.

von Mathias Heller

"Klops!" So klingt es, wenn Lucky Luke Gangster vermöbelt. Und dieser Klang hallt auch heute noch Volker Hamann im Gedächtnis nach, wenn er sich an seinen ersten Comic-Ausdruck erinnert - damals war er sieben Jahre alt. Der 56-Jährige betreibt nun schon seit vier Jahrzehnten mit der Edition Alfons einen "Verlag für Graphische Literatur", wie er im Untertitel heißt. Im Fokus hat er so ziemlich alles, was in das Genre des Comic fällt, erklärt Hamann: "Mit dem Verlag möchte ich eine möglichst umfangreiche und vollständige  Dokumentation und ein Abbild der Comic-Szene beschreiben und das in den Zeitschriften darstellen." Eine Mammut-Aufgabe.

Verleger Volker Hamann: Ein wandelndes Comic-Lexikon

Seine Begeisterung für Comics beginnt schon früh. Mit der Schulzeit und dem Lesen kamen die Sprechblasen in sein Leben. In Pinneberg, wo Hamann geboren und aufgewachsen ist, gab es einen kleinen Kiosk, der Comics in einer Art Pfandsystem verkaufte: "Man konnte Comics für 20 Pfennige kaufen, und wenn man die zurückbrachte, bekam man 10 Pfennige zurück. Das war relativ lukrativ, wenn man sich vorher auf Flohmärkten mit einem ganzen Stoß an Heften für weniger Einsatz eingedeckt hatte. Dann brachte man die dort wieder hin und so habe ich tatsächlich meine erste Sammlung an Micky Maus-Heften aufgebaut." 

Im Fernsehen liefen nur drei Programme und so musste ein bisschen mehr Unterhaltung neben der Leidenschaft für Modelbau her. So ging es mit seinen beiden Freunden, wann immer es ging, nach Hamburg in die Platten- und Comic-Läden. "Im Laufe der Jahre habe ich gemerkt, dass es gute und nicht so gute Comics gibt - und ich wollte herausfinden, woran liegt das? Wer zeichnet die guten Comics und was sind das für Leute, die so billigen Kram produzieren, warum machen die das?" Zu dritt drehen sie Super-8 Filmchen, schreiben Drehbücher und bringen ein eigenes Comic-Magazin die "Comic Reddition" heraus: Die Geburtsstunde des Verlags Edition Alfons - benannt nach einem Meerschweinchen, das eigentlich Nicki hieß, aber immer von ihnen Don Alfonso genannt wurde.

Vom Bankkaufmann zum Comic-Magazin-Verleger

Nach der Schule steht für den Jung-Verleger erst einmal eine Ausbildung an. Durch Kontakte landet er in der Sparkasse Pinneberg und wird Bankkaufmann - eine Ausbildung ohne große Zukunft für ihn. Nach drei Jahren in dem Job ist dort Schluss, erzählt Hamann: "Das hatte mit einer Kreativität zu tun, die mir beim Beruf des Bankkaufmanns abging und einer Leidenschaft, die ich nicht unterdrücken wollte. Das Universum, was sich mir erschlossen hatte, das hat mich einfach mehr gepackt." Als wandelndes Lexikon ist er bereits gut in der Comic-Szene vernetzt und baut für den Carlsen Verlag einen Mail-Order Service, also einen Direktvertrieb, mit auf.

Zusammen mit Matthias Hofmann entwickelt er den Comic-Report als Jahrbuch, in dem alles Wichtige aus der Welt des Comics versammelt ist. Aus dem Report wird dann "Alfonz - Der Comicreporter", der seit 2012 einmal im Quartal erscheint - bis heute. "Seitdem kann ich von meinem eigenen Verlag leben. Zudem übernehme ich noch redaktionelle Tätigkeiten für Verlage." Die profitieren von Hamanns riesigem Wissen über ganze Reihen und Ausgaben, wie zum Beispiel über die historischen Magazine "Spirou" und "TinTin" aus den Anfangszeiten der 1930er- und 1940er-Jahre - die er in Gänze zu Hause beherbergt.

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"Reddition" und "Alfonz": Magazine für Kenner und die, die es werden wollen

Nicht nur an erste Comic-Ausrufe kann sich Hamann bestens erinnern. Auch besondere Begegnungen seiner redaktionellen Arbeit für die Magazine schlummern in seinem Gedächtnis, die nur selten ans Tageslicht kommen - wie die mit der argentinischen Zeichenlegende Alberto Breccia: "Der war 1992 als Gast auf dem Comic Salon in Erlangen eingeladen. Da bekam er den Preis für sein Lebenswerk. Und wir hatten ein ziemlich schmales Zeitfenster für ein Interview. Nach anderthalb Stunden war die Zeit längst überschritten, doch Alberto Breccia sagte: 'Ich würde mich gerne mit euch morgen nochmals treffen.' Und das ist einfach super gewesen." Breccia starb rund ein Jahr später.

Mit seinem Magazin "Reddition" versucht Hamann, solchen Comic-Legenden wie Breccia ein Forum und auch eine Art Bühne zu bieten. So trennt er thematisch seine beiden Hauptpublikationen. "Die 'Reddition' ist wie ein monothematisches Magazin, was sich einen Schwerpunkt aussucht und möglichst viel zu diesem Schwerpunkt versammelt", erklärt er. "Das kann ein Zeichner, ein Verlag oder eine Serie sein." Das Magazin mit einer Auflage ab 1.500 Exemplaren erscheint halbjährlich. "'Alfonz' unterscheidet sich grundlegend davon, weil wir uns darin nur mit dem Quartal beschäftigen, in dem 'Alfonz' erscheint. Da suchen wir uns Neuerscheinungen, Themen, Titel heraus, bringen Hintergrundinformationen dazu und geben Tipps." Pro Quartal gehen da bis zu 5.500 Exemplare in die Post.

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Veränderungen am Markt

Die Zeit hält auch vor dem Comic-Magazin nicht an. Entwicklungen am Markt, wie zum Beispiel mit dem Erfolg der Mangas, gehen nicht spurlos an der Mini-Redaktion vorbei. "Die Verlage haben das Potenzial der Mangas erkannt und legen großen Wert darauf, dass das gepflegt wird. Mein Eindruck ist, dass der Comic ein bisschen vernachlässigt wird bzw. in den Hintergrund tritt. Das ist aber nichts ungewöhnliches", findet Hamann. "Positiv sehe ich den Einfluss von Mangas auf junge Leserinnen und Leser, weil sie dadurch überhaupt zum Lesen gebracht werden."

Auch andere Veröffentlichungswege, außer der gedruckten Version, sind ein wichtiges Thema, mit dem sich Hamann beschäftigt. Eine Digital-Ausgabe wurde nach nur anderthalb Jahren wieder eingestellt - zu teuer. Mittlerweile gibt es allerdings kostengünstigere Varianten. Die zu prüfen, das steht beim Verleger auf der To-Do-Liste weit oben. Über Social Media werben die rund 40 Autorinnen und Autoren für den Comic-Reporter selbständig. Nach wie vor möchte Hamann mit der Printausgabe exklusiv sein: "Das ist etwas, was viele unterschätzen. Du findest eben diese vielen tiefgehenden Informationen nicht im Netz und das finde ich nach wie vor auch ein Alleinstellungsmerkmal."

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Blick in die Zukunft und in die riesige Bibliothek

Was die Zukunft angeht, wird abzuwarten sein, wie sich Trends entwickeln und Verbreitungswege verändern. Einen Wunsch hätte Hamann dennoch: "Ich hätte ganz viele Wünsche im künstlerischen Bereich, aber eigentlich ist es nur: Genügend Leser für die Publikationen, die ich auf den Markt bringe." Und wenn er wählen könnte, würde er gerne noch einmal Hergé und Franquin treffen - die Meister des frankobelgischen Comics und seine stillen Stars. Da das aber nicht geht, sind sie wenigstens in seiner riesigen Comic-Bibliothek lebendig - wie Lucky Luke und sein "Klops!".

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Nachmittag | 10.05.2024 | 15:20 Uhr

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