v.l.: Klaus Wildenhahn und Treckerfahrer Horst Ehmke 1973 beim Dreh der Dokumentation "Die Liebe zum Land" von Klaus Wildenhahn, Gisela Tuchtenhagen und Thomas Hartwig. © NDR/Gisela Tuchtenhagen

Dokumentarfilmer Klaus Wildenhahn: Meister des nahen Blicks

Stand: 19.06.2020 17:15 Uhr

Klaus Wildenhahn gilt als einer der bedeutendsten Dokumentarfilmer und Regisseure Deutschlands der letzten Jahrzehnte. Unter seiner Regie entstanden im NDR viele Filme, die heute als Klassiker gelten.

Bevor Klaus Wildenhahn in die Welt des Dokumentarfilms eintaucht, studiert er in Berlin Soziologie, Publizistik und Politikwissenschaften. Nach einem halbjährigen Studienaufenthalt in den USA arbeitet er in der Nähe von London etwa vier Jahre als Krankenpfleger in einer Nervenheilanstalt. 1959 kommt Wildenhahn zum Fernsehen und ist zunächst als Regie-Assistent für die ARD-Fernsehlotterie beschäftigt. 1959 beginnt er seine Karriere beim NDR und wird bald Autor für das politische Fernseh-Magazin Panorama.

Mit der 16-Millimeter-Kamera den Alltag abbilden

1964 interviewt Wildenhahn die beiden Dokumentarfilm-Größen D. A. Pennebaker und Richard Leacock, die führenden Vertreter der "Direct Cinema"-Bewegung aus England und den USA - eine Begegnung, die seine Arbeit für immer beeinflussen soll. Mit einer kleinen 16-Millimeter-Kamera den Alltag von Menschen zu beobachten, das prägt von da an sein filmisches Schaffen. Unter Klaus Wildenhahns Regie entstehen rund 60 Dokumentarfilme. Er dreht spontan und beobachtend, meist von der Schulter lange Einstellungen mit Originalton. Viele seiner Filme werden zu Klassikern der deutschen Film- und Fernsehgeschichte.

VIDEO: Die Liebe zum Land (1/2) (73 Min)

Klaus Wildenhahn: Meister des bäuerlichen Porträts

Wildenhahns Film-Helden sind meist alltägliche Menschen wie etwa der Bauer Petersen mit seiner Familie in "Die Liebe zum Land". Ein Film, der den alltäglichen Existenzkampf eines Landwirtes in Norddeutschland zeigt. In "In der Fremde" beobachten Klaus Wildenhahn und sein Kameramann Rudolf Körösi den Bau eines Getreidesilos in der norddeutschen Provinz. Ein Film, der auch dramaturgisch wegweisend ist.

Adolf-Grimme-Preis für "Emden geht nach USA"

Mitte der 70er-Jahre produziert Wildenhan eine vierteilige Doku über die geplante Schließung eines Volkswagen-Werks in Emden, infolgedessen in der ostfriesischen Region um Endem Massenentlassungen drohen: "Emden geht nach USA". Die regionale Presse ist alles andere als begeistert, doch Kritiker und andere Filmschaffende überzeugt das Werk. So folgt für ersten Teil der Dokumentation, eine Zusammenarbeit mit der Kamerafrau und Regisseurin Gisela Tuchtenhagen, 1978 die Auszeichnung mit dem Adolf-Grimme-Preis in Gold.

Dokumentationen des kulturellen Schaffens

Berühmt ist Wildenhahn auch für seine Musikfilme. 1965 begleitete er den Jazz-Organisten Jimmy Smith auf seiner Europa-Tournee mit der Kamera. Wie auch bei seinen Filmen über Pina Bausch oder John Cage steht immer deren Schaffensprozess im Mittelpunkt der dokumentarischen Beobachtung.

Von 1968 bis 1972 arbeitet Wildenhahn zusätzlich als Regie-Dozent an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin, wird 1993 Mitglied der Akademie der Künste Berlin - und wird auch für seine literarischen Texte und seinen kritischen Geist geschätzt.

Wildenhahn "für viele Filmschaffende bis heute stilbildend"

Dokumentarfilmer Klaus Wildenhahn. © NDR
Nicht inszenieren, sondern beobachten, was ist - so das Credo des Dokumentarfilmers Klaus Wildenhahn.

Im Alter von 88 Jahren stirbt der Dokumentarfilmer am 9. August 2018 in Hamburg. Mit ihm verliert die Kulturszene einen der einflussreichsten Dokumentarfilm-Regisseure und -Lehrer Deutschlands. Der damalige NDR Intendant Lutz Marmor würdigt ihn mit den Worten: "Kaum einer hat den deutschen Dokumentarfilm so geprägt wie Klaus Wildenhahn. Er ist für viele Filmschaffende bis heute stilbildend. Der NDR hat ihm viel zu verdanken."

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 12.08.2018 | 12:00 Uhr

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