Eine Schwarz-Weiß-Aufnahme von Frauen, die Arm in Arm in einer Reihe stehen. © Library and Archives Canada / Alexander M.

Ein Wiedersehen im Lager Oberlangen 2015

Stand: 12.04.2025 05:00 Uhr

Am 12. April 1945 befreiten Soldaten 1.700 polnische Widerstandskämpferinnen aus dem emsländischen Lager Oberlangen. Einige der Frauen kehrten 2015 zurück - und erkannten sich auf Bildern wieder.

Es waren ausgerechnet Soldaten einer polnischen Panzerdivision, die am 12. April 1945 im emsländischen Lager Oberlangen eintrafen. Mit ihrer Ankunft brachten sie 1.700 Frauen aus ihrer eigenen Heimat die Freiheit zurück, die acht Monate zuvor den Nazis in Warschau die Stirn geboten hatten. Jedoch vergeblich, der Warschauer Aufstand blieb erfolglos, die Widerstandkämpferinnen wurden verschleppt und schließlich im Lager inhaftiert. 2015, 70 Jahre nach Kriegsende, kehrten einige der Frauen ins Emsland zurück, um dort die Orte ihrer Gefangenschaft und Befreiung zu besuchen. In der errichteten Gedenkstätte Esterwegen blickten sie zurück in ihre Vergangenheit.*

"Wir sind sehr berührt"

Eugenia Maria Cegielska betrachtete ein Foto. Es zeigt die jungen polnischen Frauen im Lager Oberlangen am Tag der Befreiung. Sie halten sich gegenseitig, müssen sich auf Krücken stützen. Doch ihre Gesichter strahlen, die Frauen lächeln. Genau dieses Gefühl komme nun zurück, sagte die damals 90-jährige, ehemalige Widerstandskämpferin. Cegielska hatte Tränen in den Augen und erklärte: "Das war ein Tag der Befreiung." Die Frauen seien überglücklich gewesen. Nun, sieben Jahrzehnte nach der Befreiung, seien sie wieder glücklich, weil sie zurückkehren durften. "Wir sind sehr berührt", sagte sie 2015. Cegielska starb ein Jahr später.

Frauen erkennen sich auf Bildern wieder

Ihre Gefühle teilten sie mit ihren mitgereisten Angehörigen, die sie immer wieder zu den ausgestellten, schwarzweißen Fotografien riefen: Einige entdeckten sich wieder, etwa in einer Sanitäterin in weißer Schwesterntracht. Oder in einem Baby, das gerade von seiner Mutter auf eine Militärdecke gelegt wurde. Maria Sapinska wurde im Lager Oberlangen geboren. "Dieses Foto hier zu sehen, an diesem Ort, in dieser Größe - es ist sehr berührend", erklärte sie.

Im Kampf gegen das Nazi-Regime

Ihre Mutter war wie die 1.700 Gefangenen im Lager beim Aufstand in Warschau beteiligt. 63 Tage lang kämpfte der polnische Widerstand gegen die Soldaten des NS-Regimes, doch ohne Erfolg. Die erschreckende Bilanz: In der fast völlig zerstörten Stadt starben rund 200.000 Menschen. Die Widerstandskämpferinnen wurden von den Deutschen in Gefangenenlager verschleppt. Bei ihrem Besuch erinnerten sich die Zeitzeuginnen noch genau an heruntergekommene Baracken mit eingeschlagenen Fensterscheiben. Sie litten an Durst und Hunger.

Bürgermeister: "Geht durch Mark und Bein"

Oberlangens Bürgermeister Georg Raming-Freesen (CDU) hatte die Überlebenden zu dem Besuch in seine Gemeinde 2015 eingeladen. Gemeinsam legten sie einen Kranz am Gedenkpavillon für das Lager nieder. Auch ihm ging die Zusammenkunft mit den ehemaligen inhaftierten Frauen nahe: "Das ist sehr, sehr beeindruckend", sagte Raming-Freesen damals. Ihm gehe es durch Mark und Bein. Auch Gedenkstätten-Mitarbeiter Kurt Buck teilte dieses Gefühl: "Man hat es auch an der Reaktion der anderen Gäste gemerkt, dass es immer etwas Besonderes ist, wenn man Zeitzeugen zuhören kann", sagte er. Menschen, die dabei waren und die ihre Geschichte erzählen.

* Die Urfassung dieses Beitrag wurde bereits 2015 veröffentlicht.

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Hallo Niedersachsen | 25.01.2015 | 19:30 Uhr

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