Auf den Spuren Willy Brandts durch Lübeck
"Meine lübschen Wurzeln steckten ja eindeutig im Milieu der Arbeiterbewegung, nicht in der Tradition der alten Familien. Aber es gibt keine Zweifel, dass die Geschichte der 'Stadt mit den sieben Türmen' auch einen Menschen meiner Art geprägt hat, der aus der Sicht der alten Familien aus dem Nichts kam - oder aus dem Chaos?" Mit diesen Worten beschreibt Willy Brandt 1982 in seinem Buch "Links und frei" sein Verhältnis zu seiner Geburtsstadt Lübeck.
Es sind prägende, wenn auch überwiegend keine glücklichen Jahre, die Brandt in Lübeck verbringt. Als unehelicher Sohn einer 19-jährigen Verkäuferin wächst er in einfachen Verhältnissen auf. Das großbürgerliche Lübeck der reichen Kaufmannsfamilien bleibt dem Arbeiterkind verschlossen. Politisch prägt ihn vor allem sein Großvater, ein Sozialdemokrat, bei dem er ab dem fünften Lebensjahr überwiegend lebt. Seinen leiblichen Vater lernt er nie kennen.
Regelmäßig zu Gast in der Geburtsstadt
Anfang April 1933, nur wenige Wochen nach der Machtübernahme der Nazis, geht der junge Brandt ins Exil nach Norwegen. Nach dem Krieg kehrt er nicht mehr dauerhaft nach Lübeck zurück, bleibt der Stadt aber verbunden. Regelmäßig besucht er dort seine Mutter, auch seine Söhne sind bis zum Tod der Großmutter im August 1969 öfter zu Besuch. Zu Ehren seiner Geburtsstadt hält Brandt in Lübeck außerdem stets seine letzte Wahlkampfveranstaltung vor der Wahl ab. Im März 1992, als er bereits schwer erkrankt ist, hält er in der Lübecker Holstentorhalle eine seiner letzten Reden.
Auf Spurensuche durch Lübeck
Besucher können sich in Lübeck auf Spurensuche begeben. Viele Stationen der Kindheit und Jugend des großen Sozialdemokraten sind noch heute zu sehen, darunter sein Geburtshaus und seine Schule. Das Willy-Brandt-Haus in der Lübecker Königstraße bietet einen geführten Spaziergang "Auf den Spuren Willy Brandts". Ergänzend hat das Museum einen Flyer mit einem Stadtplan herausgebracht, auf dem wichtige Lebensstationen Brandts in Lübeck eingezeichnet sind und erläutert werden.
Besuch im Willy-Brandt-Haus
Mit dem Willy-Brandt-Haus hat Lübeck seit 2007 eine Einrichtung, die sich ganz dem großen Sohn der Stadt widmet. Die Ausstellungsräume in dem alten Kaufmannshaus informieren über alle wichtigen Lebensstationen des Staatsmanns. Besucher können über einer Chipkarte an Multimedia-Stationen verschiedene Programme sowie Filmausschnitte, Fotos und weitere Dokumente abrufen. Mehrere Angebote richten sich speziell an Schüler und sollen ihnen auf spielerische Art und Weise ein Stück Zeitgeschichte vermitteln. Zudem finden im Willy-Brandt-Haus regelmäßig Workshops, Vorträge, Lesungen, Seminare und Diskussionsrunden statt.