Friedliche Revolution 1989: Erinnerungen an Demos in MV
Mit einem Vortrag und einer Podiumsdiskussion wurde in Schwerin am Mittwoch an ein historisches Datum erinnert: Am 23. Oktober 1989 kamen 40.000 Menschen zur ersten Montagsdemo in der heutigen Landeshauptstadt gegen das SED-Regime.
Während in Leipzig schon seit dem 4. September 1989 Hunderttausende Menschen auf die Straße gegangen waren, war es zwischen Schwerin und Greifswald zunächst noch ruhig. Den Anfang im heutigen Mecklenburg-Vorpommern machten am 16. Oktober 1989 die Warener. Dieter Viebrans war dabei, er erinnert sich: "Ich fand es bezeichnend, dass die Kirche Freiraum geboten hat, dass jeder seine Meinung da sagen konnte." Bild- und Videomaterial aus dieser Zeit gibt es kaum. Die Menschen hatten Angst. "Wir waren doch etwas zurückhaltend", erklärt der Fotograf Hans-Dieter Graf, "denn wir wussten ja nicht, wer uns zuguckt und uns vielleicht den Fotoapparat wegnimmt, und somit sind ja viele Sachen gar nicht fotografiert worden."
Demonstranten wollten Freilassung politischer Häftlinge
Angefangen hat es in Waren mit Familiengottesdiensten in der Georgenkirche. Der damalige Pastor Hader hatte diese ins Leben gerufen. Dem Aufruf folgten nicht nur Christen. Die Zeichen standen auf Veränderungen. An einen Zusammenschluss beider deutscher Staaten, hätten die meisten erst einmal nicht gedacht.
"Wir wollten einfach das System geändert haben, eine andere Politik. Wir wollten offener sein, weltoffener und natürlich auch ein bisschen mehr in den Geschäften kaufen können. Aber der Konsum war nicht das Hauptthema." Monika Viebrans, Zeitzeugin
Langsam wurden auch in den Großstädten zwischen Elbe, Warnow und Oder Ende Oktober 1989 die Menschen wach. Die erste Demo in Schwerin gab es am 23. Oktober, also vor 35 Jahren. 40.000 Menschen gingen damals auf die Straße. Schon während der Friedlichen Revolution 1989/90 wurden Forderungen nach einer Aufarbeitung der SED-Diktatur laut. Vor allem um ehemals politische Häftlinge freizulassen und zu rehabilitieren.
Zeitzeugen: Aufarbeitung noch nicht abgeschlossen
Über die Zukunft der Aufarbeitung wurde am Abend des 35. Jahrestages in Schwerin diskutiert. Bei der Podiumsdiskussion sprachen der Landesbeauftragte für Mecklenburg-Vorpommern für die Aufarbeitung der SED-Diktatur Burkhard Bley und Steffi Brüning, Leiterin der Dokumentations- und Gedenkstätte Rostock, mit etwa 60 Gästen, die den Tag in Schwerin miterlebt hatten. Die Zeitzeugen erinnerten sich an die Wasserwerfer, die am Schweriner Schloss standen - und an die Kerzen bei der friedlichen Aktion; das habe ein Gefühl der Stärke vermittelt. Die Aufarbeitung sei für sie aber noch lange nicht zu Ende. Bley betonte, dass es ohne die vielen Demos in Leipzig mit 70.000 Menschen oder auch in Waren, in Neubrandenburg und vor allem in Schwerin, den Aufbruch nie gegeben hätte.