Wilhelm Pieck verliest die Proklamation auf der außerordentlichen Sitzung des Nationalrates anlässlich der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949. © picture-alliance/akg-images Foto: akg-images

DDR-Gründung 1949: Von der SBZ zum sozialistischen Staat

Stand: 07.10.2024 05:00 Uhr

Viereinhalb Monate nach Gründung der Bundesrepublik Deutschland wird die Sowjetische Besatzungszone am 7. Oktober 1949 zur DDR. Der Traum eines vereinten Deutschlands ist ausgeträumt.

von Kathrin Otto

Die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik verkündet an jenem Freitag im Festsaal des früheren Reichsluftfahrtministeriums in Berlin der SED-Mitbegründer Wilhelm Pieck. Die staatliche Teilung Deutschlands ist mit diesem Akt endgültig besiegelt. In einer offiziellen Rede heißt es:

"Auf der Grundlage der vom Dritten Deutschen Volkskongress bestätigten Verfassung ist in der deutschen Hauptstadt Berlin einmütig von allen Parteien und Massenorganisationen im deutschen Volksrat die Deutsche Demokratische Republik geschaffen worden."

Dies ist allerdings eine sehr positive Auslegung der Tatsachen: Die Entscheidung im Volksrat war zwar einstimmig ausgefallen, das Gremium wurde aber klar von der SED, der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, dominiert.

Aus KPD und SPD wird SED

Angekündigt hatte sich die deutsche Teilung schon länger. Die Spannungen zwischen den Westmächten und der Sowjetunion hatten sich bereits kurz nach Ende des Zweiten Weltkrieges verschärft. Zwar verband sie das gemeinsame Ziel eines demokratischen deutschen Nachkriegsstaates - die Vorstellungen von Demokratisierung gingen jedoch weit auseinander. Als sich SPD und KPD 1946 etwa auf Druck der Militärverwaltung zur sozialistischen Massenpartei SED vereinigten und Gegner aus den Reihen der SPD verfolgt wurden, war dies für die Westmächte ein klares Signal für den einsetzenden "Kalten Krieg". Bald entwickelte sich die SED nach marxistisch-leninistischem Vorbild, andere Parteien wurden "auf Linie" gebracht oder ihre unbeugsamen Vorsitzenden abgesetzt.

Kalter Krieg: Zerrissenheit zwischen den Siegermächten

Spätestens Ende 1947 wurde in London bei einer Außenministerkonferenz der vier Siegermächte klar, dass diese keine Einigung in der deutschen Frage erzielen würden. Vor allem die Briten und Amerikaner forcierten einen eigenständigen Staat in den westlichen Besatzungszonen. In der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) hingegen hatte man etwa zwei Jahre zuvor Beratungen über eine "Deutsche Demokratische Republik" aufgenommen - die gesamtdeutsch angedacht war. Als die Westmächte nun klar auf eine Teilstaatenlösung hinarbeiteten, initiierte die SED den "Deutschen Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden". Damit wollte sich die Partei als Verfechter der deutschen Einheit profilieren.

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Am 6. Dezember lud die SED Vertreter von Parteien und Massenorganisationen aus allen Besatzungszonen zum Ersten Deutschen Volkskongress nach Berlin ein. Die Delegierten bestimmte sie selbst, vorherige Wahlen fanden nicht statt. Der Großteil der rund 2.000 Teilnehmer kam aus der SBZ, allein von der SED waren 605 Anhänger anwesend. Wichtigste Forderung des Gremiums: eine zentrale deutsche Regierung und die Ablehnung eines westdeutschen Teilstaates. Dies sollte den Außenministern in London vorgetragen werden, wo eine eigens ernannte Delegation jedoch keinen Einlass fand.

Ausarbeitung der DDR-Verfassung

Massenkundgebung anlässlich der Gründung der DDR am 11. Oktober 1949 in Berlin-Mitte: Die FDJ im Demonstrationszug vor der Humboldt-Universität. © picture-alliance/akg-images Foto: akg-images
Massenkundgebung anlässlich der Gründung der DDR am 11. Oktober 1949 in Berlin-Mitte: Die FDJ im Demonstrationszug vor der Humboldt-Universität.

Auf dem Zweiten Deutschen Volkskongress im März 1948 wurde unter anderem der Marshallplan - ein wirtschaftliches Aufbauprogramm der USA zugunsten Europas - abgelehnt und ein Volksbegehren zur deutschen Einheit beschlossen. Vor allem aber wurde der Erste Deutsche Volksrat gewählt, bestehend aus 300 Mitgliedern der SBZ und weiteren 100 aus dem Westen - um den gesamtdeutschen Anspruch zu unterstreichen. Der wichtigste Ausschuss des Volksrates, unter Leitung des ehemaligen SPD- und nun SED-Mannes Otto Grotewohl, arbeitete in den nächsten Monaten den Entwurf einer "Verfassung für die Deutsche Demokratische Republik" aus, der Ende Oktober zur Diskussion gestellt wurde.

Die Nachricht einer bevorstehenden Verabschiedung des Bonner Grundgesetzes im März 1949 sorgte in der SBZ für Unruhe, der Deutsche Volksrat verkündete den "nationalen Notstand". Der Dritte Volkskongress wurde einberufen und tagte am 28. und 29. Mai 1949, wenige Tage nachdem in der Bundesrepublik das Grundgesetz unterzeichnet und verkündet wurde. Hierbei wurde der Verfassungsentwurf mit nur einer Gegenstimme angenommen und der Zweite Deutsche Volksrat gewählt. Eben dieser trat am 7. Oktober 1949 zusammen und konstituierte sich selbst als Provisorische Volkskammer der DDR.

Die Geburtsstunde der DDR

Wilhelm Pieck (links) und Otto Grotewohl am 11. Oktober 1949. © picture-alliance/akg-images
Wilhelm Pieck (l.) wurde am 11. Oktober 1949 zum Staatspräsidenten gewählt, Otto Grotewohl zum Ministerpräsidenten.

In jener Zeremonie im ehemaligen Reichsluftfahrtministerium setzte die Provisorische Volkskammer die "Verfassung der Deutschen Demokratischen Republik" in Kraft. Diese hielt noch immer an einer Einheit Deutschlands fest, garantierte die Grundrechte und die "allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahl". Zahlreiche Bestimmungen jedoch legten eine sozialistische Entwicklung und die führende Rolle der SED fest. Höchstes Staatsorgan war die Volkskammer, die gemeinsam mit der Länderkammer am 11. Oktober Wilhelm Pieck zum Staatspräsidenten wählte, Otto Grotewohl wurde Ministerpräsident. Letztlich war damit ein 1945 von Ulbricht formulierter Leitsatz aufgegangen, in dem es hieß: Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben!

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Der Traum eines vereinten Deutschlands war damit für lange Zeit ausgeträumt. Tatsächlich hatten jedoch viele Menschen, auch in Norddeutschland, seit der Aufteilung unter den Besatzungsmächten mit Einschränkungen leben müssen. Seit Kriegsende war das Reisen zwischen der SBZ und den übrigen Besatzungszonen nur mit einem Interzonenpass möglich, den nicht jeder erhielt. Dadurch waren viele Menschen von Lübeck bis in den Harz plötzlich von Verwandten und Freunden getrennt worden. In Einzelfällen waren sogar ganze Orte geteilt worden, wie etwa das Doppeldorf Zicherie-Böckwitz. Zicherie befand sich in Niedersachsen, Böckwitz in Sachsen-Anhalt. Die Teilung an sich war also nicht neu.

Die Folgen der deutschen Teilung

Warnschild an der DDR-Sperrzone mit Kontrollturm im Hintergrund © ZB - Fotoreport Foto: Jan-Peter Kasper
Eine Sperrzone zwischen Ost und West machte es unmöglich, problemlos auf die andere Seite zu gelangen.

Anfang der 50er-Jahre wurden die sowjetischen Soldaten an den Grenzen nach und nach von der Kasernierten Volkspolizei ersetzt. Konnte man zuvor, etwa gegen eine Flasche Schnaps, noch mal auf die "andere Seite" gelangen, war dies nun unmöglich. 1952 wurde ein Ministerratsbeschluss erlassen, der hinter der Grenze auf dem Ostgebiet eine fünf Kilometer breite Sperrzone vorsah. Politisch unzuverlässige Menschen wurden aus dem Gebiet zwangsumgesiedelt. Wer bleiben durfte, wie zum Beispiel in Herrnburg im Norden Mecklenburgs nahe Lübeck, musste sich nun immer ausweisen, wenn er das Sperrgebiet verlassen wollte.

Im Juli 1952 wurden die fünf Länder der DDR abgeschafft und durch 14 Bezirke ersetzt. Dies bedeutete auch das vorläufige Ende des 850 Jahre alten Landes Mecklenburg. Damit schaffte die Führung alle Reste von Föderalismus und Selbstverwaltung ab. Eine echte Demokratie entstand in der DDR nicht. Zwar gab es neben der SED immer andere Parteien, sie spielten jedoch nur eine untergeordnete Rolle. Bis zu ihrem Ende feierte die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands stets sensationelle Wahlerfolge. Die Menschen in der DDR waren von einer Diktatur in eine andere geraten.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Zeitgeschichte | 14.09.2019 | 20:30 Uhr

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