Gutartiger Lagerungsschwindel: Ursachen, Symptome und Therapie
Wenn schnelle Bewegungen des Kopfes zu Schwindel führen, kann das ein Anzeichen für gutartigen Lagerungsschwindel sein. Mit bestimmten Übungen lässt er sich gut in den Griff bekommen.
Der benigne (gutartige) paroxysmale (anfallsartige) Lagerungsschwindel (BPLS) ist die häufigste krankhafte Schwindelform. BPLS ist eine Erkrankung des Gleichgewichtsorgans im Innenohr und äußert sich meist als Drehschwindel. Betroffene haben das Gefühl, die Welt dreht sich wie in einem Karussell. Das Gefährlichste an diesen Schwindelanfällen ist nicht der Schwindel selbst, sondern die Gefahr zu stürzen - besonders für ältere Personen.
Auslöser für den gutartigen Lagerungsschwindel sind kleine Kristalle oder Steinchen (Otokonien oder Otolithen), die sich aus dem Innenohr lösen und in die mit Flüssigkeit gefüllten Bogengänge geraten. Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr informiert uns im Zusammenspiel mit den Augen und der zentralen Verarbeitungen der Informationen im Gehirn über die Stellung und Bewegung unseres Körpers und des Kopfes. Die Flüssigkeit in den Bogengängen schwappt für Gleichgewicht und Orientierung hin und her. Die freischwimmenden Steinchen lösen nun Fehlsignale an den feinen Sinneshärchen in den Bogengängen aus. Körperlage und Sehreize stimmen so für das Gehirn nicht überein - die Folge ist Schwindel. Bösartigen Lagerungsschwindel gibt es aus medizinischer Sicht nicht.
Alterungsprozess des Körpers wohl Hauptgrund für BPLS
Warum sich Kristalle in den Bogengängen ablagern, ist in vielen Fällen unklar. Meist scheint der Alterungsprozess des Körpers der Grund zu sein, denn der gutartige Lagerungsschwindel tritt häufig bei älteren Menschen auf. Verletzungen am Kopf oder Ohr können ebenfalls Faktoren sein. Bei rund zwei Prozent der Menschen in Deutschland tritt der gutartige Lagerungsschwindel im Laufe ihres Lebens auf, Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Otolithen können in einem oder in beiden Ohren vorkommen.
Typische Symptome bei einem gutartigen Lagerungsschwindel
Bei einem gutartigen Lagerungsschwindel hält der Schwindel in der Regel nur kurz an - für einige Sekunden oder wenige Minuten. Auslöser sind schnelle Bewegungen - wenn der Körper im Bett schnell gedreht wird, der Kopf gesenkt, nach hinten oder oben gestreckt wird, oder Betroffene sich bücken. Dabei können auch Übelkeit und Erbrechen auftreten. Auch das schnelle, unkontrollierte Zittern der Augenlider (Nystagmus) ist ein typisches Symptom.
Diagnose: Hallpike-Tests provozieren Schwindel
Die Beschreibung der typischen Beschwerden durch die Betroffenen führen Ärztinnen und Ärzte meist schnell auf die richtige Fährte. Mithilfe des Dix-Hallpike- oder Hallpike-Stenger-Manövers wird der Schwindel dann provoziert. Kopf und Rumpf werden in einer bestimmten Abfolge schnell bewegt, tritt dann Schwindel auf, ist es ein gutartiger Lagerungsschwindel. Mit der Frenzelbrille, die die Betroffenen während des Tests tragen, sind die typischen, schnellen und unkontrollierten Augenbewegungen (Nystagmus) dann gut zu sehen. Je nachdem in welche Richtung der Nystagmus geht und auf welcher Augenseite er auftritt, zeigt, in welchem Bogengang das Steinchen liegt.
Therapie: Gutartiger Lagerungsschwindel kann von allein weggehen
Wenn die Beschwerden für die Betroffenen gering sind, kann es ausreichen, einfach abzuwarten. Der Schwindel kann nach Tagen, aber auch erst nach mehreren Monaten abklingen. Eine geeignete Therapie kann die Heilung jedoch erheblich beschleunigen. Medikamente werden zur Therapie in der Regel nicht benötigt.
Übungen mit Epley- oder Sémont-Manövern
Die Therapie besteht aus manuellen Befreiungs- bzw. Lagerungsmanövern, mit deren Hilfe die Steinchen aufgrund der Schwerkraft aus dem Bogengang herausrutschen sollen. Ärztin oder Arzt bewegen Kopf und Oberkörper dabei in einer bestimmten Abfolge. Dafür genutzt werden bevorzugt Epley-Manöver und Sémont-Manöver. Bei korrekter Durchführung liegt die Erfolgsquote beider Anwendungen bei 95 Prozent. Meist sind mehrere Behandlungen nötig, um eine Beschwerdefreiheit zu erzielen. Die Manöver können auch nach genauer Erklärung zuhause durchgeführt werden, die Erfolgsquote ist dann meist etwas niedriger. Welche Behandlungsmethode angewandt wird, hängt von der Erfahrung von Therapeutin oder Therapeut ab und von individuellen Faktoren der Betroffenen - wenn zum Beispiel Nacken-oder Schulterprobleme vorliegen.
Sémont-Plus-Manöver noch erfolgsversprechender
Eineneue Studie zeigt, dass das Sémont-Plus-Manöver noch erfolgversprechender ist. Die Zeit bis zur Beschwerdefreiheit verkürzt sich. Bei dieser neuen Form wurden die exakten Drehwinkel der Bogengänge beziehungsweise des Kopfes ermittelt, um so die "Wanderung" der Steine zu optimieren. Der Unterschied zu den anderen Manövern: Die Betroffenen bewegen sich bei der ersten Schwungbewegung noch mal 60 Grad weiter nach unten. So bewegen sich die Steinchen schneller in die gewünschte Richtung.
Auch diese Manöver können und sollen nach einer entsprechenden Schulung von Fachpersonal wie Physiotherapeutinnen oder -therapeuten zuhause durchgeführt werden, denn bei einem Teil der Patientinnen und Patienten kann der gutartige Lagerungsschwindel wiederkommen.
Wichtig zu wissen: Die Manöver können auch selbst Schwindelattacken auslösen, die Gefahr ernsthafter Komplikationen besteht aber nicht.
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