Zwei symbolische Darstellungen des Coronavirus in unterschiedlichen Farben. © PantherMedia Foto: imilian

Coronavirus: Wie gefährlich ist die indische Variante?

Stand: 31.05.2021 11:36 Uhr

In Indien und auch in Großbritannien vermehrt sich eine neue Mutante des Coronavirus Sars-CoV-2 derzeit rasant. Wie gefährlich ist die indische Variante - und schützen die Impfstoffe vor ihr?

In Deutschland spielt B.1.617, so der Name dieses auch als indische Variante bezeichneten Virus, noch keine große Rolle. Weit über 90 Prozent aller Neuinfektionen sind hierzulande auf die britische Variante B.1.17 zurückzuführen, nur zwei Prozent auf die indische. Doch das könnte sich schnell ändern, warnen Expertinnen und Experten.

Rasante Verbreitung: Indische Variante B.1.617 ist ansteckender

In Indien lag der Anteil der neuen Variante noch im März bei einem Prozent, im Mai bei 90 Prozent. In Großbritannien ist mittlerweile jede zweite Infektion auf B.1.617 zurückzuführen - vor einem Monat war es jede hundertste Infektion. Das liegt auch an den Besonderheiten dieser Variante: Sie weist insgesamt 15 Mutanten auf, wovon zwei das Aussehen des sogenannten Spikeproteins verändern. Sie führen dazu, dass B.1.617 besser an menschliche Zellen bindet, also ansteckender ist. Hinweise darauf, dass die indische Variante zu schwereren Erkrankungen führt, gibt es bisher nicht.

Dramatische Lage in Indien hat mehrere Ursachen

Mehrere Hunderttausend Menschen infizieren sich in Indien derzeit pro Tag. Das liegt auch an der Krankenversorgung vor Ort, denn wer erkrankt, hat kaum eine Chance auf Hilfe. Die Kliniken sind überfüllt, es gibt viel zu wenig Sauerstoff. Weil so viele Menschen sterben, werden die Leichen teilweise auf der Straße verbrannt. Zudem leiden viele Menschen in Indien an Vorerkrankungen, leben auf engstem Raum und unter schlechten Hygienebedingungen - ein idealer Nährboden für ein Virus, um sehr schnell sehr viele Menschen zu infizieren.

Mucor-Pilz wütet unter indischen Covid-19-Patienten

Viele Covid-Patientinnen und -Patienten in Indien leiden zusätzlich an einer Pilzinfektion, die bei uns nicht vorstellbar wäre. Der Mucor genannte Pilz breitet sich über ihre durch Covid-19 angegriffene Schleimhaut aus, wächst durch die Nasennebenhöhlen ins Auge, teilweise bis ins Gehirn. Das einzige Medikament, das ihn stoppen kann, ist in Indien nicht mehr verfügbar. So bleiben den Ärztinnen und Ärzten nur aufwendige Operationen, bei denen ganze befallene Gesichtsteile, Augen, Nasen oder Zungen entfernt werden. Und ein Großteil der Betroffenen stirbt trotzdem.

Kortison befördert bei Diabetikern Wachstum des Mucor-Pilzes

Normalerweise zersetzt der Mucor-Pilz Holz und Lebensmittel, auch bei uns ist er manchmal zu finden, zum Beispiel auf Erdbeeren. Für Menschen mit einem gesundem Immunsystem ist er aber harmlos. Erst durch ihren Rat, bei einer Covid-Erkrankung hochdosiert Kortison und Antibiotika einzunehmen, hat die indische Regierung Pilzkrankheiten wie Mucor den Weg bereitet. Kortison lässt den Blutzuckerspiegel steigen, und gerade in Indien gibt es viele unbehandelte Diabetikerinnen und Diabetiker. Bei ihnen führt ein zu hoher Blutzuckerspiegel dazu, dass sich auf ihren Schleimhäuten ein Rezeptor ausbildet, an den der Mucor-Pilz gut andocken kann.

Impfstoffe bieten nach Zweitimpfung guten Schutz vor Virus-Mutation

Erste Untersuchungen aus Großbritannien und am Primatenzentrum in Göttingen weisen darauf hin, dass die in Deutschland angebotenen Impfstoffe auch gut vor der neuen Variante schützen. Sowohl die Impfstoffe als auch die Antikörper genesener ehemaliger Covid-19-Patientinnen und -Patienten schützen vor schweren Krankheitsverläufen und Todesfällen, wenn auch nicht ganz so gut vor einer Infektion.

Allerdings schützt die erste Impfung nur zu rund 33 Prozent vor der neuen Variante, erst nach der zweiten Dosis besteht ein sehr guter Schutz. Um neue Infektionswellen zu vermeiden, empfehlen Expertinnen und Experten deshalb, möglichst alle Menschen schnellstmöglich vollständig zu impfen. Außerdem sollte alles getan werden, um die Zahl der Infektionen weiter niedrig zu halten. Denn je weniger Menschen das Virus in sich tragen, desto weniger Gelegenheit hat es, sich zu verbreiten und weiter zu mutieren.

 

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