Chat-Protokoll zum Thema Reflux und Sodbrennen
Saures Aufstoßen nach einem üppigen Essen, ein brennender Schmerz hinter dem Brustbein - klare Anzeichen dafür, dass Magensäure in die Speiseröhre schwappt. Doch nicht immer äußert sich Reflux so typisch. Bei manchen Menschen steigt der Magensaft in Form feinster Tropfen bis in den Rachen auf und greift dort die Schleimhäute an. Die Folge: ständiger Hustenreiz, Heiserkeit oder Schluckbeschwerden. Diese Form von Reflux ist leicht zu übersehen - und schwer zu behandeln. Vielen Betroffenen helfen Magensäureblocker kaum. Liegt es also nicht allein an der ätzenden Säure? Forscher haben mittlerweile bestimmte Magenenyzme im Verdacht.
Am Dienstag, den 15. September 2020, war der Gastroenterologe Prof. Jürgen Pohl zu Gast bei Visite und hat anschließend Fragen im Chat beantwortet. Das Protokoll zum Nachlesen.
Ronja: Ich habe genau dieses Gefühl von "Fremdkörper" im Kehlkopf-Bereich. Bei mir wurde bereits ein Reflux diagnostiziert, einer Magenspiegelung nach soll es an der Speiseröhre bereits deutlich erkennbar gewesen sein. Kann ich gegen das "Fremdkörpergefühl" etwas unternehmen?
Pohl: Eine Versuchstherapie mit Säureblockern einmal pro Tag sollte zu einer deutlichen Besserung führen, wenn Säure ursächlich für die Beschwerden ist.
Ina: Ich leide schon lange an schleimigem Husten, vorwiegend in der ersten Hälfte des Tages, aber auch während und nach Mahlzeiten. Außerdem habe ich eine fließende beziehungsweise eher tropfende Nase (Sekret ist eher flüssig). Ich bin die, die immer Taschentücher mit sich trägt und ihren Husten erklären muss. Meine behandelnden Ärzte setzen auf Medikamente, die ausschließlich meine Allergien behandeln. Meine Vermutung ist schon lang, dass die Allergien nicht Auslöser des schleimigen Hustens sind, sondern eher etwas ausgehend vom Magen Einfluss nimmt. An welchen Arzt wende ich mich? Internisten? Gastroenterologen?
Pohl: An einen HNO-Arzt und einen Allergologen. Die Beschwerden kommen wahrscheinlich nicht aus dem Magen.
Nils: Was kann man in einem akuten Fall von Sodbrennen mit (starken) Schmerzen vor allem im Brustbereich machen? Helfen zum Beispiel trockene Haferflocken oder ähnliches? Oder müssen es Medikamente sein?
Pohl: Versuchen Sie es mit Heilerde. Ansonsten helfen Säureblocker sehr zuverlässig.
Anna: Ich habe seit 20 Jahren täglich Husten mit viel Schleim. Beim Lungenfacharzt konnte man nichts finden. Kann Husten mit viel Schleim auch vom Reflux kommen?
Pohl: Das klingt eher nach einer chronischen Bronchitis. Stellen Sie sich damit gerne beim HNO-Arzt vor.
Slammy: Ich habe seit Jahren Reflux und der Magen war entzündet. Die Ernährung wurde umgestellt. Es wurde besser, aber ich habe noch immer Sodbrennen. Was kann ich noch tun?
Pohl: Auch hier kann man mit Heilerde einen Versuch machen. Ich würde Ihnen empfehlen, einmal täglich einen Protonenpumpenhemmer für eine Woche zu nehmen. Sind die Beschwerden dann ganz weg, können wir uns sicher sein, dass wirklich die Säure das Problem ist.
Franky91: Seit acht Jahren bekomme ich immer mal wieder über einen längeren Zeitraum Pantoprazol verschrieben, genau wegen der in der Sendung genannten Symptome. Es hilft auch, aber gibt es langfristige Nebenwirkungen?
Pohl: Pantoprazol ist sehr gut verträglich, langfristige Nebenwirkungen betreffen hauptsächlich die bakterielle Besiedlung des Darmes. Wenn es hilft, kann man es aber auch sehr gut langfristig einnehmen.
Sallina: Mein HNO-Arzt hat vor etwa zwei Wochen festgestellt, dass ich einen Reflux Laryngitis habe. Ich soll zweimal täglich 40 mg Pantozol einnehmen. Ist das nicht zu viel? Das Pantozol wirkt leider nicht. Ich bekomme erst im November eine Magenspiegelung. Habe oft starke Oberbauch-Schmerzen, Sodbrennen, Schluckbeschwerden, Übelkeit. Meine Zunge und mein Hals brennen wie Feuer. Kann auch ein Zwerchfellbruch die Ursache sein? Was kann passieren, wenn der Reflux länger anhält?
Pohl: Wenn Pantozol nicht wirkt, dann ist Magensäure wahrscheinlich nicht schuld an den Problemen. Trotzdem sollte eine Magenspiegelung gemacht werden. Einen früheren Termin bekommt man über eine Hotline der kassenärztlichen Vereinigung.
Sigrid: Bei mir ist ein stiller Reflux diagnostiziert worden. Ich nehme jetzt Pantoprazol 40 mg. Die Beschwerden sind überwiegend verschwunden. Welche Alternativen gibt es, denn es gibt ja sehr viele Nebenwirkungen bei diesem Medikament? Wie lange müsste ich Pantoprazol nehmen?
Pohl: Ich würde Pantoprazol auf 20 mg reduzieren, wenn die Beschwerden stabil bleiben. Pantoprazol können Sie ohne Sorge um langfristige Nebenwirkungen bei Ihren Beschwerden einnehmen.
Karin: Ich habe alle Beschwerden, wie Sie sie beschrieben haben. Zwei Wochen Pantoprazol halfen nicht. MRT hat nichts ergeben. Wie sollte ich weiter vorgehen? Der HNO-Arzt hat Logopädie empfohlen.
Pohl: Logopädie klingt gut!
Cordes: Ich leide seit zwei Jahren an Schluckbeschwerden, Räusperzwang und Hustenreiz. Ich war auch schon beim Lungenarzt, aber da war alles in Ordnung. Kann das auch ein stiller Reflux sein?
Pohl: Das könnte stiller Reflux sein. Eine Säure-Messung könnte sinnvoll sein.
Stephanie: Seit Jahren leide ich darunter, es wurde sogar ein Ödem am Kehlkopf festgestellt, was aber unbedenklich sei. Eine Magenspiegelung hat Entwarnung gegeben. Aktuell leide ich an einer Art Allergie, die in Schüben kommt. Rachen und Gaumen kratzen und fühlen sich wie wund an, das Gaumensegel ist angeschwollen. Momentan bekomme ich hierfür das Antibiotikum Azithromycin. Mein Leben schränkt das sehr ein. Ich habe große Angst vor einer pH-Messung, was mir jetzt angeboten wurde. Ist diese auszuhalten?
Pohl: Ja, die Messung ist ohne Probleme auszuhalten. Sie schaffen das!
Effie: Kann man Protonenpumpenhemmer dauerhaft nehmen? Bringen sie nur etwas, wenn sie täglich genommen werden?
Pohl: Jedes Medikament sollte man nur nehmen, wenn eine klare Indikation besteht. Wenn diese gesichert ist, kann man Protonenpumpenhemmer dauerhaft sicher einnehmen.
Manuela: Auch ich leide seit Jahren unter Reflux. Ich bin sogar der Meinung, der Reflux hat bereits meine Speiseröhre geschädigt, weil ich unter Schluckbeschwerden leide. Meine Frage zielt jedoch auf die Einnahme von Protonenpumpenhemmern: Wenn diese die Bildung der Magensäure unterdrücken - wie funktioniert dann die Verdauung im Magen? Sind sie überhaupt für eine Langzeit-Einnahme geeignet?
Pohl: Wenn Sie sich nicht dauerhaft von rohem Fleisch ernähren, brauchen Sie die Magensäure nicht für die Verdauung von Nahrung.
Simi: Meinem Mann wurde vor 20 Jahren eine Reflux-Magenmanschette wegen eines Zwerchfell-Risses gesetzt. Er hat immer noch dieses Räuspern. Kann das gefährlich sein? Bei der Magenspiegelung war der Verschluss noch intakt.
Pohl: Nein, das klingt nicht gefährlich.
ET: Ich hab seit acht Jahren Probleme mit der Stimme. Zurzeit ist es ein tägliches Brennen im Hals. Reflux wurde per pH-Metrie ausgeschlossen. Es soll von den Nasennebenhöhlen kommen. Es hilft aber nichts, obwohl diese jetzt sauber sind.
Pohl: Das ist eine Frage für den HNO-Arzt.
Hamburg80: Sind Säureblocker zur Dauer-Medikation sinnvoll oder gibt es natürliche Alternativen dafür?
Pohl: Zuerst ist die Umstellungen der Lebensgewohnheiten sinnvoll (Gewichtsreduktion, Verzicht auf Alkohol und Zigaretten). Wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Säureblocker notwendig werden. Man muss sie jedoch nicht jeden Tag nehmen.
Margret: Ich habe einen Zwerchfellbruch und wie eben gesehen stille Refluxe. Nehme schon lange Hemmer. Husten und Kloß werden stärker. Was kann man noch tun? Man sprach schon von einer Operation.
Pohl: Ohne klaren Nachweis eines Refluxes bitte keine Operation! Eine pH-Metrie könnte hier sinnvoll sein.
RJ: Welche Rolle spielt ein Nabelbruch bei dem Reflux-Thema?
Pohl: Ein Nabelbruch spielt dabei keine Rolle.
Pia: Ich habe seit eineinhalb Jahren Sodbrennen. Eine Triple-Therapie (Helicobacter) hat etwas geholfen, die grundsätzlichen Beschwerden sind aber geblieben. Nach etwa drei Stunden Essenspause stellen sich früher nie da gewesene Beschwerden ein - und natürlich nach bestimmten Speisen, die früher nie ein Problem waren. Kann ein festgestelltes Pankreas divisum zu einer Funktionsstörung beitragen? Empfehlen Sie bei einem asymptomatischen Pankreas divisum und Lipase-Werten von etwa 140 die Einnahme von Pankreas-Enzymen?
Pohl: Liebe Pia, ich glaube, in dieser Situation muss man eine genaue Diagnostik machen. Einen Platz für Pankreas-Enzyme sehe ich nicht. Das Sodbrennen steht mit der Bauchspeicheldrüse nicht in Verbindung. Oder sind es eher Oberbauchschmerzen? Dann müsste man auch an eine chronische Pankreatitis denken.
Bine: Seit Jahren leide ich unter Sodbrennen. Ständig Brennen in der Speiseröhre und im Hals. Das geht bis zum Erbrechen. Nehme pro Tag zweimal 40 mg Rabeprazol. Nichts hilft. Was kann ich tun?
Pohl: Als Erstes: Das Rabeprazol absetzen. Dies hat keinen Wert, wenn es nicht hilft. Der Grund für die Beschwerden hat nichts mit Säure zu tun.
Carmen: Ich leide unter stillem Reflux und Protonenpumpenhemmer haben mir super geholfen, vertragen sich nur leider dauerhaft nicht mit Metex. Ranitidin etc. wurden vom Markt genommen. Gibt es da mittlerweile eine Alternative?
Pohl: Haben Sie es schon mal mit Gaviscon versucht?
Kora: Was kann ich (außer einer säurefreien Ernährung) noch gegen die Pepsine unternehmen? Die Beschwerden sind durch Pantoprazol wesentlich besser geworden, nehme jetzt noch Heilerde stattdessen. Bei der kleinsten Säure im Essen brennt mein Hals sofort wieder.
Pohl: Hinter die Vorstellung, dass sich hinter dem stillen Reflux Pepsine und Aerosole aus dem Magen ursächlich zeigen, muss medizinisch ein großes Fragezeichen gemacht werden. Wenn die Beschwerden stark sind, würde ich wieder auf Pantoprazol zurückgehen. Säurefreie Ernährung ist aus meiner Sicht (und die unserer Fachgesellschaft in den Leitlinien) nicht sinnvoll.
Rolf: Trotz der Einnahme von Pantoprazol 40 mg geht das Räuspern und Wegbleiben der Stimme nicht zurück. Der HNO-Arzt sagt zwar, dass die Entzündung zurück gegangen sei - aber was kann man zusätzlich tun?
Pohl: Wenn die Beschwerden nicht besser sind, sollte man das Pantoprazol absetzen. Wahrscheinlich hat das Räuspern eine ganz andere Ursache als Säure.
Meiki: Ich habe alle beschriebenen Symptome und noch dazu häufiges Aufstoßen, aber kein "klassisches" Sodbrennen. Bei einer Magenspiegelung wurde bei mir zudem ein Barrett-Ösophagus festgestellt. Ich habe drei Monate Säureblocker genommen, die haben aber nicht geholfen, daher habe ich sie abgesetzt. Jetzt habe ich Bedenken, ob das Barrett-Ösophagus dann schlimmer wird? Welche Rolle spielt bei dem stillen Reflux der Magenschließmuskel?
Pohl: Das Absetzen von Säureblockern ist für den Barrett-Ösophagus bedenkenlos. Der untere Speiseröhren-Schließmuskel spielt beim Reflux die Hauptrolle.
Karoline: Welche Nebenwirkungen haben Protonenpumpenhemmer und wie lange darf man diese einnehmen? Ich habe jahrelange Heiserkeit und selten Sodbrennen. Gibt es Alternativen?
Pohl: Bei Beschwerden, die unter Protonenpumpenhemmern deutlich besser werden, darf man diese dauerhaft einnehmen.