Autoimmune Enzephalitis: Symptome, Diagnose und Behandlung

Stand: 23.01.2024 20:15 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Eine Entzündung des Gehirns (Enzephalitis) wird meist durch Bakterien oder Viren ausgelöst. Seltener ist eine Fehlreaktion des Immunsystems der Grund. Eine autoimmune Enzephalitis kann vielfältige Symptome hervorrufen.

Bei der Erkrankung greifen fehlgeleitete Antikörper die Nervenzellen im Gehirn an. In den meisten Fällen ist die Ursache unklar. Eine Krebserkrankung kann Auslöser sein: Wenn der Krebs Eiweiße produziert, die nur im Gehirn vorkommen, bekämpfen die vom Immunsystem gebildeten Antikörper gegen den Krebs auch das Gehirn. Auch eine Virusinfektion kann der Grund für die Bildung spezieller Antikörper sein. Genetische Faktoren scheinen ebenfalls eine Rolle zu spielen. Unbehandelt können dauerhafte Schäden des Gehirns die Folge sein, die Störungen des vegetativen Nervensystems können auch zum Tod führen.

Symptome: Gedächtnisstörungen, Psychosen, Schwindel

Die Autoimmunerkrankung kann sich durch unterschiedlichste neurologische und psychiatrische Symptome äußern. Die Kommunikation zwischen den Nervenzellen ist gestört, die Hirnfunktion beeinträchtigt. Darum werden die Patientinnen und Patienten zunächst manchmal mit Epilepsie, Burnout oder Alzheimer fehldiagnostiziert. Mögliche Symptome einer autoimmunen Gehirnentzündung sind:

  • neu auftretende Gedächtnisstörungen
  • Persönlichkeitsveränderungen
  • Stimmungsveränderungen und Reizbarkeit
  • Bewusstseinstrübungen
  • Halluzinationen oder Wahnstörungen
  • Psychosen
  • Bewegungsstörungen
  • Nervenschmerzen
  • epileptische Anfälle
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Bei fortschreitender Erkrankung können auch lebenswichtige Körperfunktionen wie Atmung oder Kreislauf betroffen sein.

Diagnose einer autoimmunen Enzephalitis

Da die Symptome so vielschichtig sind, steht am Anfang ein ausführliches Gespräch (Anamnese) mit Ärztin oder Arzt. Besteht der Verdacht auf autoimmune Enzephalitis, wird neben einer Blutentnahme auch eine Nervenwasseruntersuchung (Liquorpunktion) durchgeführt. In Blut und Nervenwasser wird nach speziellen Antikörpern gegen Rezeptoren oder Eiweißstoffe auf der Oberfläche von Nervenzellen gesucht. Diese Autoantikörper attackieren und zerstören Nervenzellen im Gehirn. Gleichzeitig können mittels Blut- und Nervenwasseruntersuchung andere Diagnosen wie virale Infekte oder Stoffwechselstörungen ausgeschlossen werden. Neben bildgebenden Untersuchungen (MRT des Gehirns) kann auch eine Darstellung der Hirnströme (EEG) sowie des Hirnstoffwechsels mithilfe der Positronen-Emissions-Tomografie (PET) Aufschluss geben.

Verschiedene Formen der autoimmunen Enzephalitis

In den vergangenen Jahren sind ständig neue fehlgeleite Antikörper (Autoantikörper) entdeckt worden, die auf eine autoimmune Enzephalitis hinweisen. Die Diagnose "autoimmune Enzephalitis" ist also keine einzelne Diagnose, sondern dahinter verbirgt sich eine ganze Gruppe von Krankheiten, die durch die entsprechenden Autoantikörper charakterisiert und benannt sind.

  • Die häufigste und bekannteste autoimmune Enzephalitis ist die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis. Sie tritt vorwiegend bei Frauen auf und kann mit grippeartigen Symptomen und Gedächtnisstörungen beginnen.
  • Die DPPX-Antikörper-assoziierte Enzephalitis ist eine extrem seltene Form einer durch Autoantikörper ausgelöste Hirnentzündung, von der weltweit nur eine Handvoll Fälle beschrieben sind. DPPX steht für "Dipeptidyl-peptidase-like protein-6", ein Eiweiß an der Oberfläche von Nervenzellen. Die klinischen Zeichen der Erkrankung sind vielfältige und unspezifische psychiatrische Symptome wie Stimmungsveränderungen, Halluzinationen, Persönlichkeitsveränderungen sowie epileptische Anfälle und Gedächtnisstörungen. Typisch ist die sogenannte zentrale Übererregbarkeit mit unkontrollierten Muskelzuckungen und einem generellen Muskelzittern (Tremor). Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung und unspezifischen Symptomatik wird die Diagnose in der Regel erst sehr spät gestellt.
  • CASPR2-Antikörper können eine Reihe von Symptomen oder Symptomkomplexen im zentralen und peripheren Nervensystem hervorrufen: eine CASPR2-Enzephalitis. Dazu gehören kognitive Einschränkungen und epileptische Anfälle, eine Übererregbarkeit des peripheren Nervensystems, aber auch Störungen der Bewegungskoordination und Nervenschmerzen. Die Erkrankung kann rasch voranschreiten, sich aber auch langsam über mehr als ein Jahr entwickeln.
  • Bei einer LGi1-Antikörper-Enzephalitis legen die Antikörper die Informationsübertragung zwischen Nerven lahm. Aufgrund der so gestörten Synapsen kommt es zu seltsamen Verhaltensänderungen.

Behandlung mit Immunsuppressiva

Ist die Erkrankung erkannt, muss die Behandlung sofort beginnen, damit das Immunsystem den eigenen Körper nicht weiter angreifen kann. Die frühe Behandlung ist der wichtigste Faktor für eine langfristige positive Prognose. Zum Einsatz kommen verschiedene Immunsuppressiva. Das sind Medikamente, die das Abwehrsystem dämpfen. Eine Blutwäsche (Plasmapherese oder Immunadsorption) kann die schädlichen Antikörper aus dem Blutplasma filtern. In vielen Fällen kommt zur Behandlung und zum Verhindern eines Rückfalls auch das Mittel Rituximab zum Einsatz. Auch wenn die Therapie häufig gut anschlägt, kann sich die Genesung über einen Zeitraum von mehreren Monaten hinziehen. Nicht selten bleiben Einschränkungen wie Gedächtnis- oder Konzentrationsstörungen zurück.

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