Windkraft-Ausbau: Energieminister gibt Kommunen Hausaufgaben
Niedersachsen will bis 2035 doppelt so viel Energie mit Windkraft erzeugen wie bisher. Einige Kommunen haben schon genügend Flächen mit Windanlagen bebaut, andere müssen weitere Windräder aufstellen.
Derzeit werden 1,1 Prozent der Fläche Niedersachsens zur Windkraft-Erzeugung genutzt. Bis Ende 2026 sollen es nach Vorgaben der Bundesregierung 2,2 Prozent sein. Niedersachsens Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) hat am Montag aufgezeigt, wie viele zusätzliche Flächen die einzelnen Landkreise und kreisfreien Städte für Windkraft zur Verfügung stellen müssen. "Wir müssen in Niedersachsen mehr Platz für Windräder schaffen, sonst werden wir die Klimaziele und die dafür nötige Energiewende nicht schaffen", sagte Meyer. Deshalb würden die Landkreise dazu verpflichtet, künftig mehr Flächen zur Windenergie-Erzeugung zu nutzen.
Im Nordosten könnten die meisten Windräder entstehen
Das größte Potenzial für Windkraft hat einer vom Umweltministerium in Auftrag gegebenen Studie zufolge der Landkreis Uelzen mit 18,75 Prozent, der davon 4,79 Prozent für Windkraft ausweisen muss. Überhaupt sieht die Studie im Nordosten Niedersachsens das größte Potenzial zum Windkraftausbau. Neben dem Landkreis Uelzen auch im Heidekreis, sowie in den Landkreisen Rotenburg, Lüchow-Dannenberg und Lüneburg. Aber auch die Landkreise Cuxhaven, Stade und Harburg haben demnach viel Platz für Windräder. In den Landkreisen Schaumburg, Northeim, Holzminden und Hameln-Pyrmont gibt es viele Schutzgebiete, weshalb sie weniger Platz für Windräder schaffen müssen. Das landesweit geringste Potenzial für Windkraft sieht die Studie in der Stadt Osnabrück: Nur 0,02 Prozent der Fläche sei dafür geeignet. Dementsprechend muss die Stadt nur 0,01 Prozent dafür ausweisen.
Windräder könnten auf 7,2 Prozent der Landesfläche stehen
Das Potenzial der einzelnen Landkreise, kreisfreien Städte, der Region Hannover sowie des Regionalverbands Großraum Braunschweig wurde laut Umweltministerium anhand von objektiven Kriterien berechnet: Dazu zählten Besiedlungsdichte, Abstände zur Wohnbebauung, Belange der Bundeswehr sowie Flora-Fauna-Habitate (FFH), Naturschutz- und Vogelschutzgebiete. Im Schnitt müssen die einzelnen Regionen laut Meyer mindestens 2,2 Prozent der Fläche ausweisen. Landesweit seien insgesamt 7,2 Prozent der Fläche als Windenergie-Standort geeignet.
Landkreistag: Politik muss für mehr Akzeptanz sorgen
Der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Landkreistags, Hubert Meyer, zeigte sich erfreut darüber, "dass jetzt erst mal Klarheit herrscht, welche Vorgaben die einzelnen Landkreise erfüllen müssen". Nun müssten sich die Landkreise genau anschauen, ob die Angaben in der Flächenstudie des Landes mit ihren Daten übereinstimmen oder ob eventuell etwas geändert werden müsse. Von der Politik erhoffe man sich nun, für mehr Akzeptanz in der Bevölkerung beim Thema Windenergie zu sorgen. "Der Bürger muss nicht nur akzeptieren, dass wir mehr grüne Energie haben, sondern muss auch akzeptieren, dass die grüne Energie aus seiner Umgebung kommt", sagte Hauptgeschäftsführer Meyer. Eine Chance dafür könnte ihm zufolge das vom Minister angekündigte Beteiligungsverfahren bieten. Laut Ministerium sollen Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger stärker vom Ausbau der Erneuerbaren Energien profitieren, etwa in Form von Anteilen für Bürgerenergiegesellschaften oder durch direkte Beteiligung der Kommunen - und zwar nicht nur bei Windrädern sondern auch bei großen Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen.
Landesverband Erneuerbare Energien fordert weitere Flächen
Die Vorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien Niedersachsen-Bremen, Bärbel Heidebroek, sieht in dem Ausbau "eine echte Chance für die wirtschaftliche Entwicklung der Kommunen, denn dort, wo ausreichend bezahlbare und erneuerbare Energie vorhanden sind, wird sich auch die Wirtschaft ansiedeln". Dort könnten attraktive Energiepreise angeboten werden. Um den Industriestandort Niedersachsen voranzubringen, werde es aber unerlässlich sein, dass einige Landkreise über die berechneten Flächenziele hinausgehen, so Heidebroek.
Regionalverband Großraum Braunschweig: "Große Herausforderung"
Gemischte Reaktionen kommen aus den einzelnen Landkreisen. Lüneburgs Landrat Jens Böther (CDU) sagte dem NDR in Niedersachsen, dass der Landkreis Lüneburg grundsätzlich hinter der Energiewende stehe. Dass sein Landkreis mit 4,72 Prozent mehr als doppelt so viel Flächen wie der Durchschnitt für Windkraft ausbauen soll, "das hat uns schon überrascht". Der Regionalverband Großraum Braunschweig sieht die Pläne als große Herausforderung. Dort sollen auf 3,26 Prozent der Gesamtfläche Windräder gebaut werden. Bis Ende 2026 muss ein neuer Regionalplan stehen. Laut Anna Weyde vom Regionalverband ist es "eine enorme Herausforderung dieses Ziel in der vorgegebenen Zeit zu erreichen". Die Region Hannover erklärte, noch viel mehr als die geforderten 1,05 Prozent der Regionsfläche für den Ausbau von Windkraft nutzen zu wollen.
Cloppenburgs Landrat: Land für Städtebau wird knapper
Eine Sprecherin des Landkreises Rotenburg sieht im geforderten Ausbau "ein sportliches Ziel". Rotenburg muss mit 4,89 Prozent landesweit die größte Fläche zusätzlich für Windkraft bereitstellen. Auch Cloppenburgs Landrat Johann Wimberg (CDU) sprach von einer großen Herausforderung, die Ziele zu erreichen. Angesichts der großen Konkurrenz um Flächen in Südoldenburg würden dadurch Grund und Boden für den Städtebau immer knapper. Der Landkreis Osterholz rechnet beim Ausbau mit Protesten von Anwohnern und Naturschützern. Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann (SPD) sagte, dass die Stadt nicht mehr umhin komme, mehr für den Ausbau der Windkraft zu tun. 0,88 Prozent der Fläche muss die Stadt dafür laut den Plänen von Energieminister Meyer bereitstellen.
Landkreis Emsland fragt sich: Wohin mit den Windrädern?
Die Grafschaft Bentheim hält es nach Angaben einer Kreissprecherin für machbar, ein knappes Prozent der Fläche für Windräder vorzusehen. Vermutlich werde der Landkreis noch über das Ziel hinauskommen. Im Emsland sollen dagegen weit mehr als 10.000 Hektar für Windenergie genutzt werden, das entspricht 3,7 Prozent der Landkreisfläche. Das sei nicht so einfach umzusetzen, heißt es dort aus der Kreisverwaltung. Denn dann müssten auch Windräder etwa in Wäldern oder in der Nähe von Wohnsiedlungen gebaut werden.