Blog zum Hochwasser in Niedersachsen: Hoffnung für Evakuierte in Lilienthal?
Die Pegelstände vieler Flüsse in Niedersachsen sind weiter hoch - und bleiben es wohl noch. Wie lange halten die durchweichten Deiche dem Wasserdruck stand? Alle aktuellen Entwicklungen zum Hochwasser im Blog vom Samstag.
Das Wichtigste im Überblick:
- Hochwasserscheitel in Niedersachsen wohl erreicht
- Feuerwehr Bremen bietet kostenlose Bautrockner an
- Oldenburg prüft Notfallszenarien
- Frost könnte auf durchweichte Deiche wirken
Die Polizei warnt: Bitte treffen Sie Vorkehrungen und sichern Sie tiefergelegene Räume. Halten Sie Abstand zu Fließgewässern.
Der Liveticker macht Pause - Gute Nacht!
In diesem Blog hat NDR.de Sie auch an diesem Samstag über alle wichtigen Entwicklungen beim Hochwasser in Niedersachsen informiert. Der Liveticker macht jetzt eine kleine Pause - am Sonntagmorgen geht's weiter. Gute Nacht!
"Unser größtes Problem ist momentan das Grundwasser"
Einsatzkräfte des THW und der Ortsfeuerwehren der Gemeinde Winsen an der Aller sind in Thören dabei, landwirtschaftliche Flächen trocken zu legen. Das Wasser hat nicht nur die Weiden überflutet, es dringt nach Auskunft von Ortsbrandmeister Eike Merk auch in die Keller, Scheunen und Eingangsbereiche der Wohnhäuser des Dorfes ein. Man laufe von beiden Seiten voll, nicht nur der Regen mache den Menschen zu schaffen, so Merk: "Unser größtes Problem ist momentan das Grundwasser!" Mit Pumpen des THW versuche man jetzt, "das Wasser aus dem Ort rauszubringen" und in die Aller zu leiten. In Thören hatte am Donnerstag ein Zivilschutz-Team aus Frankreich einen 650 Meter langen mobilen Deich errichtet. Für Volker Seel ist die Pumpaktion ein Wettlauf mit der Zeit. Das Futter für seine 60 Schafe lagert Seel in einer vom Wasser überschwemmten Scheune. Wenn jetzt der Frost komme und das Wasser überfriere, komme er da nicht mehr dran, fürchtet Seel.
Hoffnung für Menschen aus Lilienthal
Die rund 100 Menschen, die nach Weihnachten in Lilienthal im Landkreis Osterholz ihre Häuser verlassen mussten, sollen nach Informationen von NDR Niedersachsen morgen erfahren, ob und wann sie wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können. Im Bereich des Mehlandsdeichwegs hatte es einen Riss im Deich gegeben, der die Siedlung vor der Wörpe schützt. Teilweise war in Lilienthal die Gas- und Stromversorgung ausgefallen.
Weniger Regen: Meppen ist "vorsichtig positiv gestimmt"
Die Pegelstände der Flüsse Ems und Hase im vom Hochwasser bedrohten Meppen im Emsland sind am Samstag etwa gleich geblieben oder nur leicht gestiegen. Die Lage sei damit weiterhin stabil, teilte die Stadt mit. Der Regen soll laut Wettervorhersage nachlassen. "Sollte sich dies bewahrheiten, spielt uns das Wetter zwar in die Karten, Entwarnung können wir allerdings noch nicht geben", sagte der Erste Stadtrat Matthias Funke. Man sei angesichts langsam fallender Wasserstände "vorsichtig positiv gestimmt", so Funke.
Ministerpräsident Weil lobt Einsatz von Hochwasser-Helfern
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat den Einsatz von Bürgerinnen und Bürgern in der aktuellen Hochwasser-Katastrophe gelobt. "Das ist gelebte gesellschaftliche Verantwortung", sagte er im Kloster Loccum auf dem traditionellen Epiphanias-Empfang der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Der Landeschef bezeichnete den Einsatz als ein "gutes Beispiel dafür, was gemeinsames Engagement" ausrichten kann. Es brauche "Menschen, die anpacken" und "es nicht beim Meckern über Politik belassen", so Weil.
Taucher sichern provisorischen Deich in Ahlden
In Ahlden (Landkreis Heidekreis) haben Einsatzkräfte der DLRG einen provisorischen Deich gesichert. Die Landstraße, die als Deich fungiert, habe Risse, die durch das Hochwasser an der Aller entstanden sind. Eine Tauchergruppe aus Stade und Buxtehude hat entlang der Straße die Sandsäcke, die zum Teil auch unter Wasser liegen, kontrolliert und befestigt. Die anliegenden Wohnhäuser trennen nur wenige Meter von den Wassermassen.
Hochwasserscheitel in Niedersachsen wohl erreicht
In Niedersachsen erwarten Experten, dass an einigen Flüssen die Scheitelstände erreicht sind. Das geht aus dem Lagebericht der Hochwasservorhersagezentrale des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) am Samstag hervor. Allerdings sollen die Wasserstände vorerst auf hohem Niveau stagnieren oder nur langsam fallen. Für die Hochwasserlage an Aller, Leine und Oker zeichnet sich laut den Experten eine Entspannung ab, da ab Sonntag kaum noch neue Niederschläge vorhergesagt seien.
Hohe Kosten für Betroffene des Hochwassers
Das Hochwasser hat in Niedersachsen schwere Schäden angerichtet. Vor allem für Betroffene, die keine Elementarschadenversicherung abgeschlossen haben, könnte es teuer werden. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen rät daher zum Abschluss einer solchen Versicherung. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte sich zuletzt für eine Pflicht zur Elementarschadenversicherung ausgesprochen.
Lage in Lilienthal weiterhin angespannt
In Lilienthal (Landkreis Osterholz) steigen die Pegelstände derweil weiter. Das Rathaus überwache vor allem das Hochwasser der Wümme und Wörpe in den Bereichen Hellwege und Grasberg kritisch, teilte die Gemeinde am Samstag mit. "Wir hoffen auf ein versetztes Eintreten der hohen Pegel in Wümme und Wörpe, sodass dauerhaft ein Wasserabfluss in Lilienthal gewährleistet ist", sagte Bürgermeister Kim Fürwentsches (Grüne). Spätestens am Sonntag soll die Lage durch Expertinnen und Experten neu bewertet werden. Dann könnten eventuell auch die etwa 100 evakuierten Personen in ihre Wohnung und Häuser zurückkehren.
Bremer Feuerwehr stellt kostenlose Bautrockner zur Verfügung
Die Feuerwehr in Bremen will Bürgerinnen und Bürger in den Hochwassergebieten Timmersloh und Borgfeld mit Einsatzkräften und Geräten unterstützen. Die Betroffenen sollen nach Angaben des Senators für Inneres, Ulrich Mäurer (SPD), etwa mehrere Dutzend Bautrockner kostenlos zur Verfügung gestellt bekommen. "In Krisen müssen wir pragmatisch und schnell handeln", sagte Finanzsenator Björn Feckern (Grüne). "Mit dem Bereitstellen von Bautrocknern wollen wir die betroffenen Menschen dabei unterstützen, ihre Häuser und Wohnungen schnellstmöglich wieder zu trocknen und damit weitere Folgeschäden zu vermeiden." Außerdem wird die Feuerwehr Bremen nach ihren Hochwasser-Einsätzen beim Auspumpen vollgelaufener Keller helfen, heißt es.
Oldenburg prüft Szenarien - Deichsprengung letzte Option
In vielen vom Hochwasser betroffenen Gebieten könnte die Lage auch in den kommenden Tagen kritisch bleiben. In Oldenburg prüft der Krisenstab der Stadt daher, ob ein Deich gezielt geöffnet und Wasser präzise abgeleitet werden kann, sollte der Wasserdruck der Hunte zu hoch werden. In diesem Fall würde nach Angaben des niedersächsichen Innenministeriums mit einem Bagger ein Loch in den Damm zum Ostenburger Kanal gerissen werden, damit das Wasser ablaufen kann. Sollte der Bagger auf dem matschigen Deich nicht vorwärtskommen, würde der Deich im Notfall gesprengt werden, sagte eine Sprecher des niedersächsischen Innenministeriums am Samstag. Diese Option sei momentan aber sehr unwahrscheinlich, sagte ein Feuerwehrsprecher.
Deiche durchnässt: Bremer Eiswettprobe wird verlegt
Die traditionelle Eiswettprobe am 6. Januar in Bremen wird zum Schutz der durchnässten Deiche verlegt. Statt am Osterdeich finde der Brauch heute am Martini-Anleger statt, sagte Patrick Wendisch, Präsident des Vereins Eiswette. "Der Deich ist vom Wasser durchweicht, deshalb müssen wir ausweichen." Bis zu 300 Schaulustige erwartet der Verein. Bei dem bekannten Brauch überprüft ein als Schneider verkleideter Schauspieler mit einem heißen Bügeleisen in der Hand, ob die Weser zugefroren ist. Wenn der Fluss nicht zugefroren ist und der Verkleidete stattdessen mit einem Boot den Fluss quert, hat er die Wette verloren.
Pegelstände könnten sinken - aber das dauert
Die Pegelstände der Flüsse in Niedersachsen könnten in den kommenden Tagen sinken. Man erwarte eine Tendenz zu fallenden Wasserständen, sagte Anne Rickmeyer, Direktorin des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Es könne mehrere Tage oder durchaus eine Woche dauern, bis man unterhalb der kritischeren Wasserstände sei.
Wie wirkt Frost auf durchweichte Deiche? NLWKN beobachtet genau
Die Direktorin des Niedersächsischen Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Anne Rickmeyer, sagte, man werde die Lage an den Deichen genau beobachten. Denn es lasse sich nicht pauschal sagen, inwieweit sich Frost positiv oder negativ auf die Deichstabilität auswirke. Wenn ein Deich etwa ohne Wasserwirkung Frost ausgesetzt sei, verfestige sich der Boden in einer bestimmten Tiefe - abhängig von den Temperaturen und der Dauer. "Dies kann bei einem dann eintretenden Wassereinstau positiv auf die Standsicherheit und Dichtigkeit wirken." Allerdings ist die Lage zurzeit vielerorts anders: Die Pegelstände sind teils noch immer hoch und Wassermassen drücken seit längerer Zeit gegen die Deiche. "Steht bereits vor der Frostperiode relativ warmes Wasser am Deich, so wird der Bereich unter dem Wasserspiegel nicht gefrieren und dort keine positiven Effekte eintreten." Oberhalb des Wassers aber werde die Erdoberfläche des Deiches gefrieren und verhindern, dass weiterer Niederschlag in den Erdkörper eindringt. "Das wäre dann positiv zu werten", so Rickmeyer.
Nach dem Regen kommt der Frost
Der Dauerregen ist vorbei, laut Vorhersage werden heute tagsüber Höchstwerte um den Gefrierpunkt in Niedersachsen erwartet. In der Nacht zu morgen soll es mäßigen Frost bei minus vier bis minus sieben Grad geben. Für die folgenden Tagen erwarten die Meteorologen meist auch tagsüber leichten Dauerfrost.
Liveticker am Samstag startet - Guten Morgen!
Auch am Wochenende informieren wir Sie über die aktuellen Entwicklungen in den Hochwassergebieten in Niedersachsen. Hier geht's zum Blog vom Vortag.