Das Hochwasser in Niedersachsen und die Folgen für Wildtiere

Stand: 03.01.2024 22:14 Uhr

Seit Weihnachten kämpfen die Menschen in Teilen Niedersachsens gegen das Hochwasser. Doch was ist mit Maulwurf, Reh und Wildbiene? Auch deren Lebensraum ist seit mehr als einer Woche überschwemmt.

von Marc Wichert

Grundsätzlich seien Wildtiere an das Leben in der Natur angepasst, wozu starke und auch längere Niederschlagsperioden und auch Überschwemmungen gehörten, sagt Frederik Eggers vom Naturschutzbund (NABU) dem NDR Niedersachsen. In den Gebieten, die länger überschwemmt sein werden, könne es für die weniger mobilen oder im Boden überwinternden Tierarten negative Folgen haben. "Die meisten Tierarten werden sich aber rechtzeitig zurückgezogen haben", sagt der Teamleiter Natur- und Umweltschutz des NABU Niedersachsen.

Hochwasser tödlich für Wildbienen, die im Boden nisten

Dennoch gebe es Tierarten, für die das Hochwasser tödlich ist, betont Eggers. Dazu gehörten all jene, die nicht flüchten können - entweder weil sie zu langsam sind oder vom Wasser überrascht wurden. Insekten etwa seien jetzt noch nicht aktiv. "Hummelköniginnen graben sich zum Überwintern in kleine Erdhöhlen. Wenn Hochwasser kommt, sind sie verloren", sagt Eggers. Auch die Brut von in Boden nistenden Wildbienen oder die Überwinterungsstadien von Laufkäfern seien bei länger anhaltendem Hochwasser nicht zu retten.

Igel und Maulwürfe können sich in Sicherheit schwimmen

Für weniger mobile kleine Säugetiere wie Maulwurf oder Igel könnten Hochwasserereignisse auch eine Gefahr darstellen, wenn sie das Wasser zu spät bemerken und nicht rechtzeitig aus ihren Bauen fliehen, sagt Eggers. Bemerken sie die Gefahr aber früh genug, könnten sie sich in Sicherheit bringen - beide Arten könnten nämlich schwimmen, sagt Eggers. Maulwürfe würden dann dort, wo es möglich ist, eine neue sogenannte Sumpfburg bauen, sagt Jenifer Calvi von der Deutschen Wildtier Stiftung. Die Hügel legten sie meist auf Feuchtwiesen an, sie könnten rund einen Meter hoch sein und einen Durchmesser von bis zu 1,5 Metern haben, so Calvi.

Jäger dürfen Wildtiere in überschwemmten Gebieten füttern

Größere Säugetiere wie Rehe und Wildschweine könnten zwar flüchten, nutzten aber häufig die überschwemmten Bereiche für die Nahrungsaufnahme, sagt NABU-Experte Eggers. Daher wurde zum Beispiel für die Region Hannover eine sogenannte Notzeit ausgerufen, die für die vom Hochwasser betroffenen Bereiche gilt. So ist es Jägerinnen und Jägern erlaubt, Wildtiere zuzufüttern.

Vor allem Dauerregen gefährlich für kleine Vögel

Für die meisten Vögel sei Hochwasser außerhalb der Brutzeit kein Problem, Dauerregen hingegen schon, sagt Vogelexperte Martin Rümmler vom NABU Deutschland. Sie könnten sich zwar länger an geschützten Stellen aufhalten, müssten diese zur Nahrungssuche aber auch bei Dauerregen verlassen. "Je kleiner der Vogel ist, desto leichter kühlt er aus, wenn sein Gefieder durchnässt ist." Dauerregen sei nicht unbedingt bestandsgefährdend, jedoch gefährlich oder ungünstig für einzelne Tiere.

NABU: Schlimmer als Hochwasser sind die menschgemachten Veränderungen

Naturschützer Eggers betont zudem, dass Hochwasserereignisse und Überschwemmungen keine neuen Phänomene seien und in vielen Lebensräumen dazu gehörten. "Natürlich sind viele Tiere nicht unmittelbar an extreme Hochwasser angepasst, aber ihr Überlebensinstinkt wird ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten helfen." Ihm sei jedenfalls nicht bekannt, dass eine lokale Population einer Tierart durch ein Hochwasser ausgestorben ist. Vielmehr seien es die Gegebenheiten in ihren Lebensräumen, die die Tiere sowieso schon stark vorbelasten und deren Überleben gefährden - also Lebensraumverlust, intensive Landwirtschaft, Einsatz von Pestiziden, sagt Eggers. "Dadurch kann ein Hochwasserereignis aber zu einer zusätzlichen Belastung für viele Tierarten werden." Und: Der größere Stress und dadurch auch die größere Gefahr seien in der aktuellen Situation menschliche Aktivitäten in den überschwemmten Bereichen. Durch aktives Aufsuchen der Rückzugsgebiete würden die Tiere durch zusätzlichen Stress belastet und würden dann teilweise ins Hochwasser fliehen.

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Dieses Thema im Programm:

Hallo Niedersachsen | 03.01.2024 | 19:30 Uhr

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