MV-Trend: AfD laut Wahlumfrage deutlich stärkste Kraft
Knapp vier Wochen vor der Bundestagswahl liegt die AfD in Mecklenburg-Vorpommern in der Wählergunst deutlich vorn. Laut einer repräsentativen infratest-dimap Umfrage im Auftrag des NDR kommt die Partei landesweit auf 31 Prozent.
Aus Rot wird Blau: Mecklenburg-Vorpommern steht vor einem politischen Farbwechsel. Die in Teilen rechtsextreme AfD könnte bei der Bundestagswahl am 23. Februar im Land erstmals stärkste Kraft werden und damit die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig von der Spitzenposition verdrängen. Die AfD würde ihr 18-Prozent-Ergebnis bei der Wahl 2021 um 13 Punkte verbessern. Mit diesem Stimmengewicht zeichnet sich auch ein Erfolg von AfD-Direktkandidaten ab.
Neues Wahlrecht begrenzt Zahl der Mandate
Bei den vergangenen Bundestagswahlen scheiterten die AfD-Bewerber noch. Jetzt scheint sogar jeweils eine Mehrheit in den sechs Wahlkreisen zwischen Anklam und Zarrentin in Reichweite. Allerdings bedeutet das nicht automatisch, dass sechs Direktkandidaten der Partei in den Bundestag einziehen. Denn nach dem neuen Wahlrecht, das die Zahl der Mandate auf 630 begrenzt, stünden der Landes-AfD bei einem 31-Prozent-Ergebnis wahrscheinlich insgesamt nur vier Abgeordnete zu - die beiden Direktkandidaten mit dem schlechtesten Ergebnis würden es dann nicht schaffen. Dennoch: Laut Umfrage würde die AfD die größte Landesgruppe stellen.
CDU abgeschlagen
Denn der Abstand zu den Mitbewerbern ist groß. Die CDU erreicht laut Umfrage 21 Prozent. Das sind zwar knapp vier Punkte mehr als bei der Wahl vor drei Jahren. Allerdings zeigt der Trend für die Union in Mecklenburg-Vorpommern eher nach unten: Bei der Umfrage im Oktober 2024 kam die CDU im Land noch auf 25 Prozent. Offenbar zahlt sich der betont migrationskritische Kurs und die Anti-Links Ausrichtung der Landespartei nicht aus.
SPD halbiert
Vor einem Absturz steht die SPD. Vor drei Jahren erreichte die Partei bei der Bundestagswahl noch knapp 30 Prozent und holte alle sechs Direktmandate in den Wahlkreisen. Davon ist die Partei von Regierungschefin Schwesig weit entfernt. Gerade einmal 15 Prozent würden ihr Kreuz bei der SPD machen, das wäre eine Halbierung des bisherigen Ergebnisses. Die Sozialdemokraten könnten damit unter ihr Allzeit-Tief von 2017 fallen. Damals holten sie 15,1 Prozent und schickten mit Sonja Steffen und Frank Junge nur zwei Abgeordnete nach Berlin.
Linke nur knapp über Sperrklausel
Auch für den Koalitionspartner in Schwerin, Die Linke, sieht es schlecht aus. Auf 6 Prozent kommt die Partei aktuell, vor drei Jahren waren es noch 11,1 Prozent. Die Talfahrt der Partei würde sich fortsetzen: 2009 holte sie bei einer Bundestagswahl in Mecklenburg-Vorpommern noch 29 Prozent. Ein Hoffnungsschimmer könnte für die Wahlkämpfer der Blick auf den Trend sein. Bei der Umfrage im Oktober hatte Die Linke mit 4 Prozent die Sperrklausel noch gerissen.
Grüne bleiben stabil
Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern können laut Umfrage mit 8 Prozent rechnen, das entspräche ungefähr ihrem Ergebnis von 2021. Anders dagegen sieht es für die FDP aus: Die Liberalen liegen bei nur noch drei Prozent - gut fünf Punkte weniger als 2021. Für das BSW wachsen die Umfragezahlen nicht mehr in den Himmel. Aktuell käme die Partei der Namensgeberin Sahra Wagenknecht auf 11 Prozent, vier Punkte weniger als bei der Umfrage im Oktober.
AfD auch bei Landtagswahl vorn
Bei der Sonntagsfrage zur Landtagswahl zeigen sich ähnliche Entwicklungen. Auch hier wäre die AfD mit jetzt 30 Prozent deutlich stärkste Kraft, sie baut ihren Vorsprung um zwei Punkte aus. Auf Platz 2 folgt die SPD mit 22 Prozent und hält damit ihr Umfrageergebnis vom vergangenen Oktober. Runter geht es für die CDU, sie käme auf 17 Prozent. Linke und Grüne würden im Vergleich zur vergangenen Umfrage leicht zulegen, auf 7 beziehungsweise 6 Punkte. Die FDP scheitert mit 3 Prozent klar an der Sperrklausel. Das BSW wäre dagegen im Landtag vertreten, allerdings nicht so stark wie noch im vergangenen Oktober. Die Euphorie des Anfangs scheint verflogen, die Wagenknecht-Partei käme bei einer Landtagswahl auf 10 Prozent, vier Punkte weniger als noch im Herbst 2024.
Mit wem könnte Schwesig regieren?
Nach diesen Zahlen könnte Ministerpräsidentin Schwesig nur mit einer Dreier-Koalition aus CDU und BSW weiterregieren. Ein linkes Bündnis mit Grünen und Linken hätte deutlich keine Mehrheit. Rechnerisch ergebe sich auch eine Mehrheit aus AfD und Union - bisher lehnt die CDU eine Koalition mit der "Alternative" ab. Laut Umfrage ist eine geringe Mehrheit weiter mit der Arbeit der rot-roten Landesregierung eher unzufrieden. Bei den persönlichen Bewertungen einzelner Spitzenpolitiker liegt Ministerpräsidentin Schwesig allerdings unverändert im Plus - 51 Prozent sind zufrieden mit ihr, 46 sind es nicht. Schwesig ist mit einem Bekanntheitsgrad von 97 Prozent außerdem die Politikerin, mit der die Menschen im Land am ehesten ein Gesicht verbinden.
Migration weiter Top-Thema
Die Zuwanderung bleibt für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern das wichtigste Problem, allerdings sagen das mittlerweile nur noch 26 Prozent. Im Oktober brannte es noch 31 Prozent auf den Nägeln. Infratest-dimap hat die Umfrage zwischen dem 20. und 25. Januar erhoben. Die Tat von Aschaffenburg, bei der mutmaßlich ein abgelehnter Asylbewerber zwei Menschen tötete, ereignete sich am 22. Januar, also mitten im Erhebungszeitraum. Auf Platz 2 und 3 in der Abfrage der größten Probleme folgen die Themen Bildung und Wirtschaft.
AfD immer "normaler"
Eine Entwicklung, die in den Parteizentralen und bei den Wahlkämpfern außerhalb der AfD Sorge auslösen dürfte, zeichnet sich bei der Frage ab, wem am ehesten zugetraut wird, Probleme zu lösen. Denn erstmals liegt in dieser Frage die AfD ganz vorn, sie macht einen Sprung um 5 Punkte auf 21 Prozent. Wahlforscher meinen, die "Kontaktvorbehalte" seien im Schwinden begriffen. Anders formuliert: Die AfD wird - trotz ihres mehr oder weniger offenkundigen Rechtsextremismus - als normale Partei gesehen. Die SPD rutscht im Kompetenzranking auf Platz 2 ab, 19 Prozent trauen ihr zu, die wichtigsten Aufgaben zu lösen. Es folgen CDU und mit Abstand Die Linke, BSW und Grüne. Auffällig bleibt, dass ein großer Teil der Befragten (16 Prozent) von keiner Partei glaubt, sie könne die Probleme lösen.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version der grafisch aufbereiteten Daten zur Sonntagsfrage (Bundestagswahl) kam das BSW auf zehn Prozent. Richtig sind elf Prozent. Wir haben die entsprechende Grafik angepasst und bitten, den Fehler zu entschuldigen.