2024 wurden deutlich mehr Menschen abgeschoben
Die Migrationspolitik ist zum zentralen Wahlkampfthema geworden. Auch über Abschiebungen wird wieder einmal diskutiert. Die Daten zeigen, dass 2024 bereits deutlich mehr Menschen zwangsweise ausgewiesen wurden als im Vorjahr. Nur eine sehr kleine Gruppe an Schutzsuchenden muss das Land überhaupt verlassen.
Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) will die deutsche Migrationspolitik drastisch verschärfen und entsprechende Anträge in den Bundestag bringen. So sollen beispielsweise dauerhafte Grenzkontrollen eingeführt werden und auch Asylsuchende an den Grenzen abgewiesen werden. Im Zentrum der Debatte steht die Abschiebung ausreisepflichtiger Ausländer. Diese machen nur einen sehr kleinen Anteil an den Schutzsuchenden aus - auch in Norddeutschland. Das NDR Datenteam hat die Fakten zu Geflüchteten im Norden aufbereitet.
Wie viele Abschiebungen gibt es im Norden?
Insgesamt wurden im vergangenen Jahr etwa 3.100 Personen aus Norddeutschland abgeschoben, circa 900 mehr als 2023. Hamburg schob fast 700 Personen ab, Schleswig-Holstein veranlasste 600 Abschiebungen. Nur 2016 gab es in den beiden Bundesländern mehr Abschiebungen.
Wer darf bleiben? Wer wird geduldet?
Gegenüber den mehr als 600.000 Schutzsuchenden im Norden sieht das nach eher wenigen Abschiebungen aus. Tatsächlich dürfen aber die allermeisten Schutzsuchenden nach geltendem Recht in Deutschland bleiben, zumindest befristet. Für einem Teil der Menschen steht die Entscheidung noch aus. Anfang 2024 sollten lediglich sechs Prozent aller Schutzsuchenden ausreisen, weil ihr Gesuch abgelehnt wurde. Sie wurden allerdings größtenteils weiterhin in Deutschland geduldet.
Für eine solche Duldung gibt es viele Gründe: Wenn die Menschen Familie in Deutschland haben, dürfen sie oft bleiben, auch wenn sie keinen Schutz bekommen. Gleiches gilt, wenn sie noch zur Schule gehen, in einer Ausbildung sind oder arbeiten. Eine Duldung ist jedoch kein sicherer Status und kann ablaufen oder widerrufen werden. Geduldete haben laut BAMF außerdem weniger Rechte und mehr Sorgen als Menschen, die bleiben dürfen.
Geduldet wird auch, wer aus organisatorischen Gründen nicht abgeschoben werden kann. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn eine Person keine Ausweisdokumente hat oder das Herkunftsland sich weigert, sie wieder aufzunehmen. Es finden derzeit Verhandlungen mit einigen Herkunftsländern über sogenannte Rücknahmeabkommen statt, um Abschiebungen trotzdem zu ermöglichen. Solche Verhandlungen brauchen allerdings oft lange.
Nur ein Prozent ausreisepflichtig
Nur ein Prozent aller Schutzsuchenden wurde Anfang 2024 nicht geduldet und musste ausreisen. Fast die Hälfte davon hätte allerdings noch rechtlich dagegen vorgehen oder freiwillig ausreisen können. In Hamburg lebten Anfang 2024 nur knapp 400 Menschen, die in der Sprache der Statistiker "vollziehbar ausreisepflichtig" waren, denen also unmittelbar eine Abschiebung drohte.
Wo leben die Geflüchteten?
Insgesamt knapp fünf Prozent der Menschen in Norddeutschland sind Geflüchtete. Dazu kommen jene, die bereits eingebürgert sind und demnach in der Statistik nicht mehr als Geflüchtete zählen. In Mecklenburg-Vorpommern ist ihr Anteil an der Bevölkerung deutlich geringer als in den anderen norddeutschen Ländern. Mit über sieben Prozent leben vergleichsweise viele Schutzsuchende in Bremerhaven und Salzgitter.
Insgesamt wohnen Geflüchtete häufig in Städten, weil es dort bessere Chancen auf Arbeit gibt. Und oft leben in den Städten bereits viele Landsleute oder sogar Bekannte und Familie. Das vorhandene Netzwerk kann helfen, im fremden Land anzukommen.
Woher kommen die Schutzsuchenden?
Die meisten Menschen, die in Norddeutschland Schutz suchen, stammen aus der Ukraine. Sie sind fast alle infolge des russischen Angriffskriegs nach Deutschland geflüchtet. Durch diesen Zuzug von Ukrainern leben heute in Mecklenburg-Vorpommern etwa doppelt so viele Geflüchtete wie noch vor drei Jahren. Nach der Ukraine sind Syrien und Afghanistan die Länder, aus denen die meisten Geflüchteten stammen. In Hamburg stammen bspw. besonders viele Geflüchtete aus Afghanistan.
Aus Afghanistan fliehen die Menschen seit vielen Jahren vor Krieg und den radikalen Taliban. Die meisten Schutzsuchenden aus Syrien kamen seit Mitte der 2010er Jahre in Deutschland an. Sie flohen vor Krieg und dem Terror des Assad-Regimes. Viele erhielten nur befristeten Schutz. Seit 2021 stellen Syrerinnen und Syrer zudem die größte Gruppe unter den neu Eingebürgerten in Deutschland