Asylsystem in Deutschland: Fragen und Antworten
Ukraine-Krieg, Taliban-Machtübernahme in Afghanistan oder Foltergefängnisse in Syrien: Menschen fliehen aus unterschiedlichen Gründen nach Deutschland und in die EU. Wer kommt her, wer darf bleiben und wer wird abgeschoben?
Immer wieder gibt es Debatten über die Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland, um Grenzkontrollen und Abschiebungen. So auch wieder nach dem Messerangriff in Solingen im August 2024. Kurz darauf verständigte sich die Ampelkoalition unter anderem auf strengere Regeln für Schutzsuchende.
In diesem FAQ finden Sie einen Überblick über Zahlen, rechtliche Grundlagen und Begriffe, die in der aktuellen Debatte immer wieder - auch falsch - verwendet werden.
Was ist das Recht auf Asyl?
Als Asylrecht wird in Deutschland einerseits das im Grundgesetz verankerte Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte bezeichnet. Aber auch alle anderen nationalen und internationalen Schutzrechte für bedrohte Menschen - also etwa das Flüchtlingsrecht und der sogenannte subsidiäre Schutz - gehören dazu. Ein Recht auf Asyl haben demnach Menschen, die im Falle der Rückkehr in ihr Herkunftsland einer schwerwiegenden Menschenrechtsverletzung ausgesetzt sein werden. Beispielsweise aufgrund ihrer politischen Überzeugung, ihrer Religion oder wegen ihrer sexuellen Orientierung.
Welche rechtliche Grundlage steckt dahinter?
Insbesondere angesichts der Vertreibung, Verfolgung und Ermordung von Millionen Juden durch die Nationalsozialisten wurde klar, dass es einen allgemeinen und international gültigen Schutzstatus für Menschen auf der Flucht geben muss. Daher gilt in Deutschland seit der Verabschiedung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949: "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht". Die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 bildet die Grundlage des internationalen Flüchtlingsrechts. Innerhalb der EU legt das Europäische Asylsystem (GEAS) die Mindeststandards für die Durchführung von Asylverfahren und die Unterbringung und Versorgung von Asylsuchenden fest.
Wer hat kein Recht auf Asyl?
Notsituationen wie Armut, Naturkatastrophen oder Perspektivlosigkeit sind als Gründe für eine Asylgewährung gemäß Artikel 16a GG ausgeschlossen. Auch wer aus einem sicheren Drittstaat einreist, hat kein Recht auf Asyl. Als sichere Drittstaaten bestimmt das Asylgesetz die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie Norwegen und die Schweiz.
Ebenso erhalten Geflüchtete keine Asyl- oder Flüchtlingsanerkennung, wenn sie zu mindestens drei Jahren Strafhaft verurteilt wurden und deshalb als "Gefahr für die Sicherheit Deutschlands" oder "Gefahr für die Allgemeinheit" eingestuft werden. Ein weiterer Ausschlussgrund ist, wenn ein begründeter Verdacht besteht, dass die Person ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein anderes schweres Verbrechen begangen haben soll.
Die Bundesregierung einigte sich im August 2024 darauf, den Zugang weiter zu erschweren. Geplant ist, dass "auch die Schleusungsstrafbarkeit und Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund zum Ausschluss von der Schutzberechtigung führen" sollen.
Wie viele Asylanträge wurden 2023 gestellt?
Im Jahr 2023 wurden nach Angaben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bundesweit insgesamt 329.120 Erstanträge auf Asyl gestellt. Die höchsten Zugangszahlen gab es 2015/2016. Damals stellten 442.899 (2015) beziehungsweise 722.370 (2016) Menschen einen Erstantrag auf Schutz. Die mit Abstand meisten Antragsteller stammen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei.
Für Geflüchtete aus der Ukraine - ebenfalls eine sehr große Gruppe - gelten Sonderregeln. Sie müssen das Asylverfahren nicht durchlaufen, sondern haben ein befristetes Aufenthaltsrecht in der Europäischen Union. Dieser Sonderstatus basiert auf der sogenannten Massenzustrom-Richtlinie der EU, die erstmals seit ihrer Einführung im Jahr 2001 aktiviert wurde.
Wie viele Schutzsuchende werden abgelehnt?
Die Entscheidung über einen Asylantrag fällt das BAMF nach einer inhaltlichen Prüfung. Etwa ein Viertel der Anträge wird gar nicht erst entschieden, da das Verfahren eingestellt wird oder ein anderes Land zuständig ist. Gut ein Viertel aller Anträge wird als unbegründet abgelehnt.
Die Schutzquoten sind allerdings je nach Herkunftsland sehr unterschiedlich. So wurden laut BAMF im Jahr 2024 (Stand: Juli 2024) nur 0,02 Prozent (12) der Anträge von Syrern abgelehnt, die inhaltlich entschieden wurden. Nur 3,9 Prozent (836) der Afghanen erhielten eine Ablehnung. Hingegen erhielten 86,8 Prozent (15.459) der Türken eine Ablehnung.
Im Anschluss an die Entscheidung des BAMF werden viele Ablehnungen vor Gericht verhandelt und als falsch beurteilt. Die tatsächliche Schutzquote liegt also höher.
Welche Leistungen erhalten Asylbewerber?
Asylbewerber erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In der Erstaufnahme bekommen sie ein Taschengeld von 204 Euro für den persönlichen Bedarf sowie ein Bett und Mahlzeiten gestellt. Leben Asylbewerber in einer weiterführenden Unterkunft, in der sie sich selbst versorgen müssen, erhalten Alleinstehende 460 Euro, also etwa 100 Euro weniger als Bürgergeld-Bezieher. Künftig sollen Asylbewerber aber den größten Teil des Geldes nicht mehr in bar ausgezahlt bekommen, sondern lediglich eine "Bezahlkarte" erhalten, mit der sie einkaufen gehen können. In Hamburg wurde das System schon eingeführt.
Da sie nicht krankenversichert sind, werden Asylbewerber in Erstaufnahmeeinrichtungen dort auch medizinisch versorgt - allerdings nur bei Schwangerschaft oder akuten Schmerzen. In einigen Bundesländern erhalten Asylbewerber eine Krankenkarte für Arztbesuche, in anderen müssen sie sich für jede Behandlung eine Erlaubnis holen. Zahnärzte dürfen nur bei akuten Erkrankungen und Schmerzen behandeln.
Die Bundesregierung kündigte im August 2024 an, dass Sozialleistungen für Asylbewerber künftig unter bestimmten Umständen auch komplett gestrichen werden sollen.
Warum gibt es immer noch nicht genug Unterbringungsplätze?
Die Aufnahme-Systeme sind häufig überlastet. In Hamburg müssen beispielsweise immer wieder Unterkünfte geschlossen werden, weil Vereinbarungen auslaufen. Dann braucht es neue Unterkünfte. Aber der Platz in Großstädten ist begrenzt. An vielen Orten im Norden stehen Container.
Aber nicht jede Kommune ist mit der Unterbringung von Geflüchteten überfordert, wie eine Untersuchung der Uni Hildesheim zeigte. Die Autoren der Studie "Kommunale Unterbringung von Geflüchteten - Probleme und Lösungsansätze" kommen zu der Erkenntnis: "Dort, wo Strukturen (Netzwerke, Runde Tische, aber auch Personalstellen in der Integrations- oder Flüchtlingssozialarbeit) nach 2017 nicht abgebaut wurden, war man beim erneuten Anstieg der Flüchtlingszahlen besser gerüstet."
Sabine Hess, Direktorin des Centers for Global Migration Studies an der Universität Göttingen, fordert daher, dass die Kommunen - auch finanziell - dauerhaft krisenfester gemacht werden und die Aufnahme neuer Geflüchteter langfristiger gesehen werden müsse.
Welche Art von Grenzkontrollen sind innerhalb der EU möglich?
Im Schengen-Raum, der die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten umfasst, wurden Kontrollen an den Binnengrenzen für den Personenverkehr abgeschafft. Der Wegfall der Kontrollen an den Binnengrenzen soll durch effizientere Kontrollen an den Schengen-Außengrenzen ausgeglichen werden.
Aufgrund von Sicherheitsbedenken haben einige Länder eine temporäre Grenzkontrolle in den vergangenen Jahren wieder eingeführt. Deutschland kontrolliert aktuell zu Polen, Tschechien, Österreich und der Schweiz. Grund dafür ist die Fluchtbewegung von Menschen über die Balkan-Route nach Westeuropa. Auch im Nachbarland Dänemark gibt es immer wieder temporäre Grenzkontrollen.
Werden von Mitgliedstaaten Kontrollen eingeführt, muss dies gegenüber der EU-Kommission begründet werden. Genehmigen muss sie die Brüsseler Behörde aber nicht.
Was ist eine Schleierfahndung?
Schleierfahndungen sind verdachts- und anlassunabhängige Personenkontrollen durch Polizeibeamte gegen illegale Aktivitäten wie etwa Drogenschmuggel oder Schleuserkriminalität. Sie werden insbesondere in Grenznähe durchgeführt, seitdem systematische Kontrollen durch das Schengener Abkommen weggefallen sind.
Was bringen Grenzkontrollen?
Aktuell gibt es Grenzkontrollen zu mehreren Ländern. Die Wirksamkeit stationärer Grenzkontrollen wie zu Tschechien und Polen ist unter Experten allerdings umstritten. Stationäre Kontrollen seien zwar "in kürzester Zeit" machbar, allerdings nicht auf Dauer, sagte GdP-Vorstandsmitglied Lars Wendland. Sie bedeuten einen hohen Aufwand für die Polizei. Außerdem würden Schleuser feste Kontrollen einfach umfahren, so Wendland.
Prinzipiell gilt: "Ein Ausländer, der unerlaubt einreisen will, wird an der Grenze zurückgewiesen." Doch nach geltendem Recht haben Asylsuchende Anspruch auf die individuelle Prüfung ihres Antrags. Daher argumentieren viele Juristen: Ohne diese Prüfung dürften Schutzsuchende - auch wenn sie aus einem sicheren Drittstaat einreisen - nicht zurückgewiesen werden.
Wie viele Menschen wurden bislang an den Grenzen aufgegriffen?
Um Schwerpunktkontrollen und Schleierfahndungen kümmert sich die Bundespolizei. Sie stellte im Jahr 2023 bundesweit insgesamt rund 128.000 unerlaubte Einreisen fest. Hauptherkunftsländer sind Syrien, Afghanistan, Türkei und Irak - also Länder, aus denen viele Menschen mit einem berechtigten Schutzinteresse kommen. Migrationsforscher Bernd Kasparek vertritt die Ansicht, Menschen, die einen Asylantrag stellen, hätten die Grenze nicht illegal überschritten.
Wie versuchen EU-Staaten, flüchtende Menschen zu stoppen?
Die EU hat sich in den vergangenen Jahren abgeschottet. Es gibt Grenzzäune zwischen Griechenland und der Türkei, zwischen Ungarn und Serbien. Zudem wurde die Seenotrettung auf dem Mittelmeer eingeschränkt, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, die Überfahrt nicht zu überleben. Ein Deal mit Libyen führt auch dazu, dass die dortige Küstenwache Boote abfängt und die Menschen zurück nach Libyen bringt, wo ihnen Ausbeutung und Folter drohen.
Die EU-Staaten einigten sich im Oktober 2023 auf eine neue Krisenverordnung, die für Fälle einer drohenden Überlastung der Mitgliedsstaaten verschärfte Maßnahmen vorsieht.
Im Mai 2024 wurde eine weitere Verschärfung der EU-Asylregeln beschlossen, die voraussichtlich 2026 in Kraft tritt. Demnach soll es erstmals Verfahren an den EU-Außengrenzen geben. Migranten mit geringen Aufnahmechancen sollen von Grenzlagern aus direkt abgeschoben werden. EU-Länder können Migranten außerdem künftig in "sichere Drittstaaten" abschieben, in denen sie dann Asyl beantragen - sofern die Betroffenen eine Verbindung zu dem Drittstaat haben - also etwa Verwandte, die dort leben.
Kann man Fluchtrouten "schließen"?
"Es wurden Grenzen aufgebaut, aber die Zahlen steigen trotzdem. Die Milliarden hätte man besser in den Wohnungsbau investieren können, davon würden dann auch Deutsche profitieren", sagt Migrationsforscherin Sabine Hess von der Universität Göttingen.
Schließe man Grenzen, würde das Menschen nicht abhalten, nach Deutschland zu kommen, sagt auch die Co-Leiterin der Abteilung Migration, Ramona Rischke vom Deutschen Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). Denn die Fluchtursachen seien dadurch ja nicht weg. "Die Wege verlängern sich und werden komplizierter. Die Routen sind deutlich gefährlicher."
Sind Asylverfahren an den EU-Außengrenzen eine Lösung?
Besonders in Osteuropa/Griechenland und auf dem Mittelmeer sind zahlreiche Menschenrechtsverletzungen dokumentiert. Unklar ist also, wie Deutschland eine menschenwürdige Behandlung und rechtssichere Asylverfahren an den EU-Grenzen garantieren kann. Asylzentren an den Außengrenzen würden Probleme nur verteilen, nicht lösen, sagt Expertin Glorius. "Das bedeutet, dass wir Hotspots haben, die pragmatische Krisenherde sind, wo es an banalen Dingen wie Trinkwasser mangelt."
Was sind Pull- und Push-Faktoren?
Einige Experten unterscheiden bei den Gründen für Migration und Flucht Push- und Pull-Faktoren. Push-Faktoren bewegen Menschen dazu, ihr Land zu verlassen. Pull-Faktoren bewegen Menschen dazu, in ein Land einzuwandern. Zu den Push-Faktoren gehören Kriege, Verfolgung, politische Unterdrückung, Armut, Hunger oder Arbeitslosigkeit. Zu den Pull-Faktoren gehören vor allem soziale Kontakte, aber auch gute Arbeitsmöglichkeiten, medizinische Versorgung und Bildungsmöglichkeiten. "Die Forschung würde sagen, familiäre Verbindungen sind wesentlich ausschlaggebender als Fragen von monetärer Unterstützung durch den Staat", sagt Migrationsforscher Bernd Kasparek.
Oft wird auch die Präsenz von zivilen Seenotrettern im Mittelmeer als Pull-Faktor bezeichnet. Das DeZIM hat dazu eine Studie durchgeführt. "Die zeigt sehr deutlich, dass es keine Sogwirkung durch Seenotrettung gibt. Wir können das wissenschaftlich überzeugend ausschließen", sagt Ramona Rischke.
Die Push- und Pull-Theorie ist mittlerweile umstritten. Migration sei zu komplex, um sie mit einem solch einfachen Modell zu erklären, sagt beispielsweise Migrationsforscher Tobias Heidland von der Uni Kiel.
Was ist eine Obergrenze?
Eine Debatte über die Umsetzung einer Obergrenze für Geflüchtete gibt es bereits seit Jahren. Sie soll festlegen, wie viele Asylsuchende pro Jahr maximal nach Deutschland kommen dürfen. Das würde bedeuten, dass, wenn mehr Schutzsuchende kommen als von der "Obergrenze" vorgesehen, sie keinen Asylantrag in Deutschland stellen könnten. Das hätte weitreichende Folgen: Deutschland müsste demnach das individuelle Asylrecht abschaffen und aus vielen internationalen Verträgen austreten. Das wären zum Beispiel die Genfer Flüchtlingskonvention oder die Europäische Menschenrechtskonvention.
Was könnte eine Obergrenze bringen?
Eine Debatte zur Umsetzung einer Obergrenze für Schutzsuchende lohne sich nicht, meint Migrationsexpertin Birgit Glorius. Juristisch sei diese nicht umsetzbar. "Wir können niemanden abweisen, wenn wir eine Grenze erreicht haben." Unter den jetzigen humanitären Verpflichtungen und dem Recht auf Asyl könne man niemanden abweisen, nur weil die festgelegte Obergrenze erreicht sei.
Laut dem Asylrecht muss jeder Asylantrag geprüft werden. Es sei wichtiger, auf den verschiedenen Stufen der Integration zu schauen, in welchem Land es noch Kapazitäten gebe, so Glorius. Dafür müssten die EU-Länder ihre Kapazitäten für die Aufnahme von Geflüchteten offenlegen, um dann eine bessere Verteilung zu ermöglichen.
Wie funktioniert die Verteilung in der EU?
Seit 2013 gilt die Dublin-III-Verordnung. Sie besagt, dass ein Asylantrag innerhalb der EU nur einmal geprüft wird, und zwar von dem EU-Land, in dem der Antragsteller zuerst registriert wurde. Ziel der Initiative war es ursprünglich, die Asylverfahren zu beschleunigen und gleichzeitig klarzustellen, welcher Mitgliedsstaat verantwortlich ist. Mit dem System ist es fast unmöglich, zuerst in Deutschland Asyl zu beantragen, da Ausländer ohne Visum in der Regel über andere EU-Statten einreisen müssen. Diese Staaten sind dadurch überlastet.
Viele Flüchtende wollen nicht dauerhaft in Polen, Italien oder Griechenland bleiben, da dort ihre Lebensbedingungen schlecht und Menschenrechtsverletzungen dokumentiert sind. Zudem haben sie oft in anderen Ländern soziale Kontakte, von denen sie sich Hilfe beim Ankommen erhoffen. Das Dublin-System begünstigt so gefährliche Schleusungen innerhalb der EU. Zudem weigern sich einige Länder wie Ungarn, Flüchtende aufzunehmen. Experten und Politiker betonen: Das Dublin-System funktioniert schon seit Jahren nicht mehr wie vorgesehen. Im Rahmen des EU-Asylpakts sollen voraussichtlich 2026 neue, solidarischere Verteilungsregeln in Kraft treten.
Wie oft werden Schutzsuchende an andere EU-Länder überstellt?
Stellt Deutschland fest, dass ein anderes Land für einen Schutzsuchenden zuständig ist, kann es ein Übernahmeersuchen stellen. 2023 passierte das insgesamt 74.622 Mal. In 55.728 Fällen stimmte das andere EU-Land dem Ersuchen zu. Letztlich überstellt wurden aber nur 5.053 Menschen.
Können Schutzsuchenden die staatlichen Leistungen gekürzt werden?
Im Asylbewerberleistungsgesetz sind Sanktionen vorgesehen, die laut Bundesinnenministerium "vor allem bei illegalen Einreisen zur Erlangung sozialer Leistungen oder bei Identitätsverschleierungen zur Verhinderung aufenthaltsbeendender Maßnahmen" angewendet werden sollen. Und: "Nach herrschender Meinung sind in diesen Fällen Leistungskürzungen maximal in Höhe des sogenannten Taschengeldes möglich." Die Umsetzung liege in der Verantwortung des jeweiligen Bundeslandes.
Im August 2024 einigte sich die Bundesregierung darauf, bestimmten Asylbewerbern künftig keine Sozialleistungen mehr zu gewähren. Dabei geht es um Migranten, für die laut Dublin-Regelung ein anderer europäischer Staat zuständig ist, der der Rückübernahme zugestimmt hat. Bei ihnen soll sich der Staat laut Plänen der Koalition nur noch um Unterbringung und Versorgung kümmern. Zudem soll Geflüchteten der Schutzstatus entzogen werden, wenn sie in ihr Heimatland reisen. Ausnahmen gelten dabei nur für Menschen aus der Ukraine und wenn wichtige Gründe, etwa die Beerdigung eines Familienmitglieds, vorliegen.
Kritiker weisen darauf hin, dass es sehr klare Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf das Existenzminimum gebe und europäische Rechtsprechung zu beachten sei.
Duldung oder Abschiebung - wer gilt als ausreisepflichtig?
Menschen, die keinen Aufenthaltstitel für Deutschland besitzen, müssen sobald wie möglich ausreisen. Tun sie das nicht freiwillig, müssen sie abgeschoben, also gesucht und mit der Polizei an die Grenze gebracht werden. Bei "Ausreisepflichtigen" handelt es sich um abgelehnte Asylbewerber*innen sowie um ausländische Studierende, Arbeitnehmer oder Touristinnen, deren Visum abgelaufen ist.
Können sie nicht ausreisen, ist eine Duldung möglich. Mit dieser können sie legal in Deutschland bleiben, allerdings gilt diese oft nur Tage, Wochen oder Monate. Sie kann zudem jederzeit widerrufen werden. Geduldete Menschen bekommen daher keinen Integrationskurs, dürfen oft nicht arbeiten und haben große Schwierigkeiten eine Wohnung zu finden.
Mehr Informationen zum Thema Abschiebungen gibt es in einem weiteren FAQ:
Wozu raten Wissenschaftler, um die Zahl Asylsuchender zu verringern?
Menschen fliehen vor Konflikten und Krisen. Diese zu vermeiden, ist laut Experten der wichtigste Faktor, um Flucht zu verhindern. Die relevante Frage lautet also: Wie kann man Flucht-Ursachen verhindern, sodass niemand fliehen muss?
Die meisten Menschen fliehen in die Nachbarländer von Konfliktregionen - Syrer beispielsweise in den Libanon und die Türkei. Diese Länder zu stärken, damit die Geflüchteten in der Nähe ihrer Heimat bleiben können, ist ein weiterer wichtiger Aspekt.
Wenn Deutschland einfacher Visa zum Beispiel für die Arbeitssuche vergeben würde, müssten weniger Menschen gefährliche Fluchtrouten nutzen. "Wenn wir weniger irreguläre Migration haben wollen, müssen wir mehr reguläre Wege schaffen", sagt Ramona Rischke. Das zeigt auch die Abmachung mit dem Westbalkan, dank der Mensch von dort einfacher Arbeitsvisa bekommen, sagt Professorin Glorius. "Diese Regelung hat es geschafft, die Asylantragszahlen aus den Westbalkanstaaten signifikant zu reduzieren."