Auf dem Bild ist die Bezahlkarte zu sehen, die Asylsuchende seit Februar in Hamburg erhalten. © NDR Foto: Anina Pommerenke
Auf dem Bild ist die Bezahlkarte zu sehen, die Asylsuchende seit Februar in Hamburg erhalten. © NDR Foto: Anina Pommerenke
Auf dem Bild ist die Bezahlkarte zu sehen, die Asylsuchende seit Februar in Hamburg erhalten. © NDR Foto: Anina Pommerenke
AUDIO: Erste Bilanz nach sechs Monaten Bezahlkarte in Hamburg (6 Min)

Bezahlkarte für Geflüchtete im Norden: Wie ist der Stand?

Stand: 15.08.2024 10:20 Uhr

Die Bezahlkarte ist aktuell immer wieder Gegenstand zahlreicher politischer Debatten in der Migrationspolitik. Wann wird sie flächendeckend in Norddeutschland eingeführt?

Bereits im November 2023 hatten die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Länder gemeinsam mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beschlossen, eine Bezahlkarte für Asylsuchende einzuführen. Diese sollen einen Teil der ihnen zustehenden Leistungen nicht mehr in Bargeld, sondern als Guthaben auf die Bezahlkarte erhalten. 14 der 16 Bundesländer haben sich zusammengetan, um gemeinsam einen Dienstleister für die technische Betreuung der Bezahlkarte zu beauftragen. Mecklenburg-Vorpommern und Bayern gehen bei der Vergabe eigene Wege.

Hamburg: SocialCard für Asylsuchende bereits im Einsatz

Hamburg hat die Bezahlkarte als erstes Bundesland Mitte Februar 2024 in einem Pilotprojekt eingeführt. Sie nennt sich SocialCard und wird seither an Asylbewerber ausgegeben, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes leben. Wer in eine eigene Wohnung zieht, kann die SocialCard behalten. Mitte August waren 2.130 Asylsuchende in Hamburg im Besitz einer Bezahlkarte. Trotz der Klage einer schwangeren Frau vor dem Hamburger Sozialgericht hält Hamburg an der Bezahlkarte fest. Das Gericht hatte in einem Eilverfahren entschieden, dass die Frau mehr Geld bar abheben können müsse, da sie aufgrund ihrer besonderen Lebenssituation auch mehr Leistungen erhalte. Die Stadt hat angekündigt, Beschwerde gegen das Urteil einzulegen und sieht das Modell Bezahlkarte dadurch nicht grundsätzlich gefährdet.

In einem anderen Fall hatte das Landessozialgericht, also eine höhere Instanz, die Klage eines Asylbewerbers abgewiesen. Er erleide durch die Bargeld-Begrenzung auf 50 Euro keine wesentlichen Nachteile. Grundsätzlich erhält jeder Erwachsene 185 Euro im Monat. Leistungen für Kinder werden auf die Karte eines Elternteils gutgeschrieben. Die finale Ausgestaltung der Bezahlkarte liege aber bei der länderübergreifenden Arbeitsgemeinschaft, zu Details konnte die Stadt nichts sagen.

Mecklenburg-Vorpommern: Möglicherweise schnellerer Start

Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern erhofft sich durch den Alleingang beim Vergabeverfahren insbesondere ein schnelleres Verfahren. Laut einer Sprecherin ist man derzeit im Zeitplan, das Vergabeverfahren werde voraussichtlich im dritten Quartal des Jahres - also spätestens bis Ende September - abgeschlossen sein. Inhaltlich wolle sich das Land ansonsten aber an die mit Bund und Ländern vereinbarten Mindeststandards halten, darunter die Beschränkung von Barauszahlungen. Ebenso werden Überweisungen ins Ausland nicht möglich sein. Ansonsten soll die Karte bundesweit gelten.

Niedersachsen: Noch kein landesweiter Einführungstermin

Auch Niedersachsen beteiligt sich an der länderübergreifenden Arbeitsgemeinschaft, die sich um die Einführung der Bezahlkarte kümmert. Aufgrund eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer in Baden-Württemberg sei derzeit nicht absehbar, wann die Bezahlkarte flächendeckend eingeführt werden könne. Ein unterlegener Bieter hatte geklagt. Hannover hat die Bezahlkarte als erste Kommune im Dezember 2023 eingeführt. Bei der sogenannten SocialCard in Hannover gibt es keine Begrenzung bei der Bargeldabhebung. Die Stadt sieht ihr Modell durch aktuelle Gerichtsprozesse bestätigt. Zudem erhalten in Hannover auch Menschen in der Grundsicherung, die kein deutsches Konto haben, ihre Leistungen über die SocialCard.

Schleswig-Holstein: Bezahlkarte schnellstmöglich einführen

In Schleswig-Holstein werde gerade intensiv daran gearbeitet, die Bezahlkarte schnellstmöglich einzuführen, heißt es auf Nachfrage des NDR. Sobald das Vergabeverfahren rund um die Betreiberfirma abgeschlossen ist, will Schleswig-Holstein die Bezahlkarte zunächst in einer Pilot-Kommune und dann schrittweise flächendeckend einführen. Die Landesregierung nehme die Klagen und entsprechende gerichtliche Entscheidungen zur Bezahlkarte zur Kenntnis. Mögliche Folgen würden mit den anderen Ländern beraten. Bargeldabhebungen sollen mit der Karte möglich sein. Die schwarz-grüne Koalition war sich aber bislang noch uneins über die maximale Auszahlungshöhe.

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Bezahlkarte

Wer bekommt eine Bezahlkarte?

Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist die Bezahlkarte für Geflüchtete gedacht, die sich noch im Asylverfahren befinden. Die konkrete Ausgestaltung obliegt aber den Ländern. In Hamburg soll die Karte nur für Menschen verpflichtend sein, die in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben. In Hannover gilt sie auch für Asylsuchende, die bereits in einer eigenen Unterkunft leben. Dort bekommen auch andere Menschen, die kein Konto haben, Leistungen über die sogenannte SocialCard. Dazu gehören Empfänger der Grundsicherung.

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