Rückblick: Was haben die Bauernproteste verändert?
Autobahnblockaden, Treckerdemos, brennende Strohballen: Vor knapp einem Jahr begannen Bauern, mit Protesten ihrem Ärger Luft zu machen. Auslöser waren die Pläne der Politik, Subventionen beim Agrar-Diesel zu streichen. Doch es zeigte sich: Es ging um mehr.
An den Traktoren hingen Plakate mit Aufschriften wie: "Stirbt der Bauer, stirbt das Land" oder: "Ist der Bauer ruiniert, wird dein Essen importiert". Mitte Dezember 2023 begannen die Proteste und Tausende Landwirte demonstrierten in zahlreichen Städten - auch in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg. Sie gingen gegen die Sparpläne der Bundesregierung auf die Straßen. Diese sahen unter anderem vor, Steuererleichterungen beim Agrardiesel zu streichen - also bei dem Diesel, den die Landwirte für ihre Traktoren und andere Fahrzeuge brauchen. Mit ihren Aktionen machten sie aber auch ihrem generellen Ärger Luft. Sie beschwerten sich über zu viel Bürokratie, Umweltauflagen, billige Agrarimporte und fehlende Anerkennung.
Proteste führten zu Ermittlungen der Polizei
Und so blockierten sie Autobahnen und zündeten entlang von Straßen Strohballen an. An einigen Traktoren baumelten Galgen mit Ampel-Symbolen, als Protest gegen die Bundesregierung. Die Polizei leitete Ermittlungen ein. Für Schlagzeilen sorgte Anfang Januar eine Blockade am Fährhafen Schlüttsiel in Nordfriesland. Demonstranten versuchten, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) daran zu hindern, nach einem Urlaub auf Hallig Hooge auf das Festland zurückzukehren. Der Bauernverband kritisierte die Blockade und sprach von einem No-Go.
Bei den bundesweiten Protesten versuchten vereinzelt auch rechtsextreme Akteure, sich unter die Aktionen zu mischen. Die organisierenden Bauernverbände - auch in den jeweiligen Bundesländern - distanzierten sich. Während der Protestwochen Mitte Januar betonte Verbandspräsident Joachim Rukwied, wie ernst die Lage der Bauern sei: "Es geht um die Zukunftsfähigkeit der Landwirtschaft. Es geht darum, die Ernährungssicherung auf Grundlage heimischer Erzeugung zu sichern."
Andererseits gab es Landwirte, die den Frust der Protestierenden nicht teilten - sie verwiesen auf die hohen EU-Subventionen für Bauern und ein Rekordjahr 2023 für viele Landwirte. Und längst nicht alle Landwirte nahmen an den Protesten teil: Statt weiterer Subventionen forderten sie grundsätzlich ein Umdenken in der Landwirtschaft, hin zu mehr Klima- und Umweltschutz.
Proteste gehen auch im Januar 2024 weiter
Zu einer Großkundgebung in Berlin im Januar versammelten sich Tausende. Christian Lindner, damals noch Bundesfinanzminister, verteidigte die Subventionskürzungen und verwies auf die aktuelle Haushaltslage. Der FDP-Politiker rief den Landwirten vom Podium aus zu: "Ich kann Ihnen heute nicht mehr staatliche Hilfe versprechen aus dem Bundeshaushalt. Aber wir können gemeinsam dafür streiten, dass sie wieder mehr Freiheit und wieder mehr Vertrauen für Ihre Arbeit erhalten, und das wäre eine Chance in dieser Lage, die man nicht ausschlagen sollte." Begleitet wurde die Rede Lindners von Pfiffen und Protestrufen.
Bauernverbandspräsident Rukwied forderte erneut die Rücknahme von Mehrbelastungen für die Landwirte. Auch in den folgenden Wochen gingen die Proteste weiter.
Politik kommt Bauern beim Agrardiesel und Kfz-Steuern entgegen
Die Bundesregierung kam den Landwirten entgegen und schwächte die geplanten Kürzungen der Subventionen ab: Steuerbegünstigungen beim Agrardiesel sollten nicht sofort, sondern schrittweise abgebaut werden. Und: Die ebenfalls geplante Streichung der Kfz-Steuerbefreiung in der Landwirtschaft kam komplett vom Tisch.
Mit einem im September 2024 vom Bundesrat verabschiedeten Agrar-Paket sollten die Landwirte bürokratisch entlastet werden. Doch gleichzeitig würden die Bauern mit neuen Gesetzen wieder mehr belastet, kritisierte Holger Hennies, Präsident des niedersächsischen Landvolks. Dabei blickte er vor allem auf die Düngeverordnung und das Tierschutzgesetz. Beides sei mit mehr Bürokratie und höheren Kosten verbunden.
Was das Ampel-Aus für Landwirte bedeutet
Kaum eine Branche hat sich an der Ampel-Koalition so aufgerieben, wie die Landwirte. Sie setzen jetzt ihre Hoffnung auf eine neue Bundesregierung. Von dieser wünschen sie sich vor allem endlich den versprochenen Bürokratie-Abbau. Für die Landwirte kann es aus ihrer Sicht nur besser werden. Aktuell seien die Steuervergünstigungen weg und die Bürokratie sei geblieben. Sollte eine neue Regierung wieder nicht auf ihre Forderungen eingehen, schließen sie erneute Proteste nicht aus.