Agrar-Paket im Bundestag: Sind die Bauern jetzt zufrieden?
Der Bundestag hat am Freitag das Agrar-Paket zur Entlastung der Landwirtschaft beschlossen. Das hatte die Politik den Landwirten versprochen. Löst sie ihr Versprechen damit ein? Einschätzungen aus Niedersachsen.
Für den niedersächsischen Landvolk-Präsidenten Holger Hennies stand vorab fest: Der Protest wird weitergehen. In welcher Form auch immer. Denn das große Versprechen der Politik, die Landwirte zu entlasten, werde nicht eingelöst, sagt Hennies. Er rechnet vor, dass die Politik in ihrem Agrar-Paket zwar steuerliche und bürokratische Entlastungen beschlossen habe, gleichzeitig aber in neuen Gesetzen ein Vielfaches mehr an Belastungen auf den Weg gebracht habe. Dabei meint er vor allem die Düngeverordnung und das Tierschutzgesetz. Beides sei mit einem weiteren bürokratischen Aufwand und höheren Kosten für die Landwirte verbunden, sagt Hennies.
Schwierige Agrargespräche
Ein anderes Versprechen der Ampelfraktionen, das die Politiker vor einem halben Jahr gegeben hatten, war, dass sie mit den Landwirten ins Gespräch kommen wollten. Dafür griffen die Fraktionen auf das Format "Zukunftskommission Landwirtschaft" zurück, das schon einmal zu einem ähnlichen Zweck von der Große Koalition eingesetzt worden war. Auch dieses Mal lud die Politik Vertreterinnen und Vertreter der Landwirtschafts- und Umweltverbände, der Ernährungswirtschaft, des Handels und der Wissenschaft ein, um gemeinsam in einer Kommission zusammenzuarbeiten. Ende Februar bekamen sie die Aufgabe, sich auf Vorschläge zur Zukunftsfähigkeit und zur Entlastung der Landwirtschaft zu verständigen, die dann in das Agrar-Paket der Regierungsfraktionen einfließen sollten. Doch dazu kam es nicht, denn die Mitglieder der Zukunftskommission konnten sich nicht einigen. Zu unterschiedlich waren die Interessen.
Streit über Tierhaltung
Öffentlichen Streit gab es dann sogar über den durchgestochenen (angeblichen) Vorschlag,die Mehrwertsteuer auf Fleisch zu erhöhen, um so die Landwirte mit den Mehreinnahmen beim tierschutzgerechten Umbau der Tierställe zu unterstützen. Wie der Umbau der Tierhaltung finanziert werden könnte, gehörte dann auch zu den umstrittensten Punkten, zu denen die Ampelfraktionen eigentlich Vorschläge machen wollte. Während sich SPD und Grüne durchaus hätten vorstellen können, die Unterstützung der Landwirte durch einen Tierwohl-Cent oder eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zu finanzieren, lehnte die FDP diese Überlegungen ab. Dieser Bereich wird in dem Agrar-Paket der Regierungsfraktionen dann auch mit keinem Wort erwähnt.
Agrarökonom fordert Planungssicherheit für Landwirte
Das findet der Agrarökonom Professor Achim Spiller von der Universität Göttingen durchaus problematisch. Er leitet die Zukunftskommission Landwirtschaft und stellt im Interview mit NDR 1 Niedersachsen fest: Das Problem der Landwirte sei vor allem, dass sie keine Planungssicherheit hätten, besonders was die Tierhaltung betreffe. Für die konventionelle Tierhaltung fehle die gesellschaftliche Akzeptanz. Denn die Gesellschaft wolle mehr Tierschutz, aber den entsprechenden Umbau der Ställe könnten die Landwirte nicht alleine finanzieren, sagt der Agrarökonom. Und darum hätten auch schon diverse Kommissionen in den vergangenen Jahren immer wieder empfohlen, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, um mit den zusätzlichen Einnahmen die tierhaltenden Landwirte zu unterstützen. Und genau dazu gibt es jetzt wieder keine politische Verständigung.
Gespräche sollen weitergehen
SPD-Bundestagsfraktionsvize Matthias Miersch aus Niedersachsen verspricht, dass die Ampelfraktionen genau über diesen Punkt nach der parlamentarischen Sommerpause im Herbst weiter verhandeln würden. Und er hofft, dass die Zukunftskommission Landwirtschaft sich bis dahin auch auf gemeinsame Vorschläge verständigt haben wird, damit die Politik sie berücksichtigen kann. Holger Hennies, der Landvolk-Chef von Niedersachsen, wird jedenfalls bei diesen Gesprächen mit dabei sein. Er ist nämlich auch Mitglied der Zukunftskommission Landwirtschaft, in der er weiter mitarbeiten will, trotz seines Ärgers.