Höhere Mehrwertsteuer auf Fleisch? Landwirte lehnen das ab
Fleisch soll nach Ansicht eines Experten-Gremiums mit einer höheren Mehrwertsteuer belegt werden, um den Tierwohlumbau zu finanzieren. Bei niedersächsischen Landwirten und Verbänden sorgt das für Unmut.
Der Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschland (ISN) mit Sitz in Damme (Landkreis Vechta) greift der Vorschlag beispielsweise zu kurz. Präsident Torsten Staack spricht von einem reinen Geldeinsammeln, bei dem am Ende nicht klar sei, ob und wie langfristig die Gelder überhaupt bei den Landwirten ankommen. "Vorschläge gab es schon viele, aber ohne Gesamtkonzept wird hier eine Schlagwort-Blase aufgebaut, die schnell zerplatzt", kritisierte Staack.
Erhöhung der Mehrwertsteuer einfach umzusetzen
Hintergrund der Debatte ist das Eckpunktepapier der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL): Den Tieren im Stall soll es besser gehen - in der Nutztierhaltung soll mehr auf Tierwohl geachtet werden. In dem Vorschlag des Experten-Gremiums soll dieses Ziel mit einer schrittweisen Erhöhung der Mehrwertsteuer von derzeit 7 auf 19 Prozent auf tierische Produkte erreicht werden. Die Steuererhöhung sei dabei vergleichsweise einfach umzusetzen, so die ZKL. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir begrüßte das Papier. Zuletzt hatte der Grünen-Politiker sich für eine Verbrauchersteuer auf tierische Produkte ausgesprochen. "Ich habe aber auch immer betont, dass ich für andere Finanzierungswege - etwa über die Mehrwertsteuer - offen bin."
Landvolk fordert Geld vom Bund für Tierwohlumbau
Den Tierwohlumbau über höhere Steuern auf Fleisch zu finanzieren, lehnt aber auch das Landvolk in Niedersachsen ab. Der Verband fordert dagegen, dass die Gelder aus dem Bundeshaushalt kommen sollten, wie eine Sprecherin mitteilte. Viele Landwirte fürchten außerdem wegen des billigen Fleisches aus dem Ausland um ihre Wettbewerbsfähigkeit. Sie plädieren für langfristige Verträge - so sollten Regeln für die Finanzierung von Tierwohl 20 oder 30 Jahre gelten.
DFV: Höhere Mehrwertsteuer bestraft hochwertige Produkte
Ganz ähnlich bewertet das Papier der Deutsche Fleischer-Verband (DFV). Der Vorschlag würde diejenigen bestrafen, die bereits nach höheren Standards arbeiten, so Präsident Herbert Dohrmann aus Bremen. "Die Mehrwertsteuer in Euro und Cent ist umso höher, je hochwertiger das Produkt ist." Der prozentuale Aufschlag würde so die Preisdifferenz zwischen billig und hochwertig nur vergrößern, so der DFV-Präsident. Zudem kritisierte er, dass die Landwirtschaft ohnehin stark subventioniert wird. Mit diesem Geld könnte Dohrmanns Ansicht nach zumindest zum Teil gezielt mehr Tierwohl gefördert werden.
Zuspruch zum ZKL-Vorschlag gibt es dagegen von dem Umweltverband BUND, der selbst in dem Gremium vertreten ist. Das sei ein "wirksamer Schritt, die finanziellen Mittel für mehr Tierwohl und für die Zukunftsaussichten der tierhaltenden Betriebe zu schaffen".