Hamburg kauft Kraftwerk Moorburg von Vattenfall

Stand: 03.03.2023 11:02 Uhr

Vor knapp zwei Jahren wurde das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg stillgelegt. Seit Mittwoch ist die Stadt neue Besitzerin der Anlage. Sie hat sie dem Energiekonzern Vattenfall abgekauft. Branchenkenner und -kennerinnen gehen von einem hohen zweistelligen bis zu einem knapp dreistelligen Kaufpreis aus.

Rund drei Milliarden Euro hat der Bau des Kohlekraftwerks Moorburg im Hamburger Hafen gekostet. Als es 2015 ans Netz ging, galt es als das modernste und effektivste seiner Art in Deutschland - wenn nicht in ganz Europa. Mit seinen zwei Blöcken mit jeweils 827 Megawatt Leistung konnte das Kraftwerk elf Terawattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das entspricht fast dem gesamten Strombedarf der Hansestadt. Unter anderem wegen strenger Umweltauflagen hatte sich die Anlage für Vattenfall allerdings nie gerechnet. Der schwedische Konzern beteiligte sich deshalb an einer Art Auktion zur Stilllegung von Kraftwerken. Vor gut zwei Jahren wurden die Kessel dann endgültig heruntergefahren.

Hamburg will in Moorburg "grünen Wasserstoff" produzieren

Die Stadt hat schon früh Interesse daran gezeigt, das Gelände zu kaufen. Hamburg will dort mit Partnern aus der Industrie sogenannten grünen Wasserstoff herstellen. Nach Informationen von NDR 90,3 haben die Hamburger Energiewerke am Mittwoch die Kaufverträge mit Vattenfall unterzeichnet. Über den Kaufpreis vereinbarten beide Seiten Stillschweigen. Mit übernommen werden auch 94 der verbliebenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kraftwerks.

Guter Standort für die Wasserstoffproduktion

Schon vor der letzten Bürgerschaftswahl hatte der ehemalige Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) den Plan präsentiert, in Moorburg einen Elektrolyseur zu bauen - eine Anlage, die aus umweltfreundlich erzeugtem Strom Wasserstoff herstellt. Der Standort wäre ideal, weil es dort bereits eine Hochspannungsleitung gibt und weil große Industrieunternehmen im Hafen über eine Pipeline mit Wasserstoff versorgt werden könnten. Außerdem gibt es einen Anschluss ans Wasser, wo auch Tanker festmachen könnten. 2026 soll der erste Wasserstoff hergestellt werden. "Wir wollen zeigen, dass Wirtschaft, Klimaschutz und Wohlstand zusammenwirken können", verspricht Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne).

Leonhard: "Europäische Keimzelle der Wasserstoffwirtschaft"

Die jetzige Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) spricht sogar von einer "europäischen Keimzelle", von der aus moderne Wasserstoffwirtschaft vorangetrieben werden könne. Es sei ein nächster Schritt zur langfristigen Dekarbonisierung der Industrie und Hafenwirtschaft. Auch wenn er nicht sagen will, wieviel Geld den Besitzer gewechselt hat, freut sich Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) über den Kauf des Kraftwerks Moorburg. Das sei ein Beleg, wie leistungsfähig die Stadtwirtschaft sei. Jetzt könne man die Energiewende und die Zukunft der Wasserstoffwirtschaft auf eigenem Grund gestalten.

Heine: Weniger Konfliktpotenzial bei Rückbau des Kraftwerks

Laut dem Geschäftsführer der Hamburger Energiewerke, Christian Heine, vereinfacht der Kauf die Abläufe, weil der Aufbau einer Wasserstoffproduktion und der Rückbau des Kraftwerks aus einer Hand erfolge. "Es liegt in der Natur der Sache, dass es zwischen Rückbau, Umnutzung und Aufbau einer neuen Infrastruktur widerstreitende Interessen und genehmigungsrechtliche Herausforderungen gibt", so Heine. Diese Konflikte könne man mit dem Kauf künftig vermeiden. Seit der Stilllegung bereitet die verbliebene Mannschaft laut Senat den Rückbau vor. Der tatsächliche Rückbau werde durch die Energiewerke erfolgen.

CDU kritisiert fehlende Informationen

Die CDU-Fraktion kritisierte fehlende Informationen. "Da der rot-grüne Senat die Details dieses Rückkaufs nicht offen legen möchte, hinsichtlich Preis, Pensionslasten der Mitarbeiter und weiterer offener Fragen, entzieht der Senat damit der Opposition die Chance, eine Bewertung des Vorgangs vornehmen zu können", sagte der energiepolitischen Sprecher Stephan Gamm.

Was ist "grüner Wasserstoff"?

Wasserstoff ist keine Energiequelle wie Erdöl, Wind oder Sonnenenergie, sondern ein Energiespeicher. Von Natur aus kommt Wasserstoff nur in gebundener Form vor, etwa in Wasser oder Erdgas. Um das farblose chemische Element aus dieser Bindung abzuspalten, ist Energie notwendig. Dabei wird Wasser (H2O) in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespalten. Für umweltfreundlichen "grünen Wasserstoff" werden Erneuerbare Energien wie Solar- oder Wind-Energie verwendet, um Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten (Elektrolyse).

Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 02.03.2023 | 12:00 Uhr

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