Günter-Grass-Haus Lübeck: Der Wunsch nach mehr Platz ist groß
Am 13. April 2015 ist der Literaturnobelpreisträger Günter Grass in Lübeck gestorben. Sein Todestag jährt sich nun zum zehnten Mal. Was hat sich seitdem im Günter-Grass-Haus in Lübeck verändert und was ist in den kommenden Jahren geplant?
Den zehnten Todestag von Günter Grass nimmt das Günter Grass-Haus zum Anlass, am Montag, 14. April, unter dem Titel "Grass For Future" gesellschaftliche Themen unter die Lupe zu nehmen, die ihn beschäftigt haben und die bis heute relevant sind, insbesondere den Umweltschutz. Aus seinem Roman "Die Rättin" liest Schauspielerin Katharina Thalbach, die auch in der Verfilmung der Blechtrommel von Volker Schlöndorff (1979) mitgespielt hat. Bereits 1959 wurde Grass mit seinem Roman "Die Blechtrommel" über Nacht berühmt. Natürlich ist sie auch im Günter-Grass-Haus in Lübeck vertreten, sogar mit einem liebevoll eingerichteten Kolonialwarenladen. Dort können die Gäste die Welt der wohl berühmtesten Romanfigur des Schriftstellers erkunden: Blechtrommler Oskar Matzerath. Er hat die gesellschaftlichen Veränderungen zur Zeit des Nationalsozialismus genau beobachtet und mit lautem Getrommel und hellem Schrei kommentiert.
Günter Grass und seine literarische Weitsicht
Günter Grass ist am 16. Oktober 1927 in Danzig geboren und am 13. April 2015 in Lübeck gestorben, seine Wahlheimat, in der er 20 Jahre lebte. Dort gibt es seit 2002 das Günter-Grass-Haus in der Lübecker Innenstadt, einst Büro des Schriftstellers. Bis zu seinem Tod ging er in dem historischen Gebäude in der Glockengießerstraße ein und aus. Das Museum beschäftigt sich seit 2002 mit der Erforschung und Vermittlung des Zusammenwirkens der Literatur und bildender Kunst von Günter Grass. Heute trifft hier in einer 2022 neu gestalteten Dauerausstellung authentisches Erleben auf interaktive Medien. Grass war mit seinen Themen immer einen Schritt voraus, erzählt Museumsleiter Thomsa: "Aktuell freut uns sehr, dass gerade Jüngere sich mit seinem Werk und seinem Leben befassen, weil er ebenso viele Zukunftsthemen behandelt hat: Rechtsradikalismus, Verteidigung der Demokratie, Flucht, Vertreibung und das Thema Umweltschutz."
Günter-Grass-Haus unabhängig von Schriftsteller
Trotz der Nähe zum Schriftsteller, Grafiker, Maler und Bildhauer war und ist das Grass-Haus immer unabhängig, erzählt Leiter Jörg-Philipp Thomsa. "Grass hat sich nie in unsere Arbeit eingemischt. Aber er hat mich sehr ermuntert, neue Wege zu gehen, auch gerade Angebote für Kinder und Jugendliche zu machen und das nicht-klassische Publikum anzulocken."
In den 20 Jahren Günter-Grass-Haus hat sich einiges geändert, Ausstellungen kamen und gingen und das Museum wurde immer erlebbarer, erzählt Thomsa. "Als ich 2005 zum ersten Mal als Tourist im Grass-Haus war, wurde ich ermahnt, weil ich zu laut war. Ich merkte, die Atmosphäre erinnert doch eher an einen Tempel und heilige Hallen. Das erste, was ich gemacht habe, als ich hier anfing, war ein Kinderfest zu organisieren, um zu zeigen, dass darf hier auch laut sein und man darf Dinge anfassen. Das war auch in Grass' Sinne, der übrigens 18 Enkelkinder hatte."
Neben Ausstellungen für Kinder, gibt es unter anderem Angebote für sehbehinderte Menschen und Menschen mit Migrationshintergrund. "In der Dauerausstellung gibt es sechs Sprachen, in die wir übersetzt haben. Das hätte Günter Grass ganz sicher gefallen," freut sich Thomsa.
Ausstellungen von Wald über Kochen bis Techno

2021 gab es im Günter-Grass-Haus eine Ausstellung zum Thema Wald: "Into the Trees". Eröffnet wurde sie damals auf der Freilichtbühne in Lübeck. Mit dabei war Ornithologe und DJ Dominik Eulberg. Günter Grass hatte den Mehrwert des Waldes schon in den 1980er-Jahren erkannt. "Wenn wir den Wald aussterben lassen, verlieren Worte ihren Sinn." Ein Vers von Günter Grass, der seine Verbundenheit zur Natur, aber gleichzeitig auch die Angst, sie verlieren zu können, sehr gut beschreibt, erzählt Jörg-Philipp Thomsa: "Er ging leidenschaftlich gerne in den Wald, um sich von der Natur inspirieren zu lassen, etwa in Dänemark auf der Insel Møn oder in Behlendorf." In dem kleinen Ort im Kreis Herzogtum Lauenburg wohnte Grass 30 Jahre lang, aquarellierte und fertigte Lithographien an.
2023 drehte sich eine Ausstellung im Günter-Grass-Haus um das Thema Essen: "Grass kocht" hieß diese. Koch Johan Lafer war zur Eröffnung zu Gast und bereitete vor Publikum einen Butt zu, den Grass bereits in seinem Roman "Der Butt" beschrieben hatte. Denn die Begeisterung für das Kulinarische und seine Zubereitung waren für Günter Grass sein ganzes Leben lang ein Thema. Auch die Loveparade in Berlin 1995 fand bei Grass Einzug in den Band "Mein Jahrhundert". Bei der Ausstellungseröffnung zu "Grass tanzt" war DJ Dr. Motte mit dabei, der Begründer der Loveparade.
So lässt sich das Grass-Haus immer wieder neue Dinge einfallen, um Ausstellungen aktuell und interessant zu gestalten. In den vergangenen Jahren gab es zum Beispiel auch Lesungen mit Smudo oder Farin Urlaub, so wird vor allem ein junges Publikum angesprochen, erklärt Thomsa: "Ich glaube, wir dürfen so weitermachen, wie bisher. Es gibt Ausstellungen rund um Günter Grass mit Fragen, die gesellschaftlich relevant sind, die wir in den Ausstellungen auch behandeln."
Immer wieder unerwartete Funde in Grass' Manuskripten
"Es ist sehr spannend, dass wir immer wieder neue Geschichten in einzelnen Manuskripten entdecken. Unter anderem veröffentlichen wir in diesem Jahr auch eine weitere unbekannte Geschichte von Günter Grass." 2027 ist ein großes Festjahr geplant zu 100 Jahre Günter Grass. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und es ist auch eine neue Dauerausstellung mit neuen Schenkungen und Zukäufen geplant. Das Problem, was Thomsa dabei sieht: "Das Grass-Haus ist viel zu klein, um dieses Werk aus sechs Jahrzehnten auch nur annähernd beleuchten zu können."
Für die kommenden Jahre im Günter-Grass-Haus wünscht sich Thomsa vor allem mehr Platz. "Wir hoffen, dass wir in kleinem Maßstab, also die vorhandenen Gebäudeteile, die im Erdgeschoss im Hof liegen, dass wir die langfristig anbieten können und dadurch unsere Ausstellungsfläche vergrößern können." In Aussicht stehen nämlich einige neue Objekte für die Sammlung und auch die sollen langfristig einen Platz im Museum bekommen.
Günter-Grass-Haus bis Juni geschlossen
Das Günter-Grass-Haus ist vom 3. Februar bis zum 2. Juni wegen Umbauarbeiten geschlossen. Grund dafür sind Umbau- und Sanierungsarbeiten, erklärt die Museumsleitung. Mit Hilfe von Bundesmitteln soll eine neue Lichtanlage eingebaut werden und auch der Brandschutz soll erneuert werden.
