Zu Beginn ein großes Loch: Hannovers U-Bahn
Im Juni 1965 fällt der Stadtrat von Hannover eine historische Entscheidung: Die Landeshauptstadt soll eine U-Bahn bekommen. Von nun an prägen fast 30 Jahre lang Großbaustellen das Zentrum.
Mit dem Bau des U-Bahn-Netzes beginnt im Jahr 1965 für Hannover eine neue Phase der Stadtentwicklung. Durch die Entscheidung des Rates am 23. Juni die Stadtbahn unter die Erde zu verlegen, soll die Innenstadt mit ihrem rasant zunehmenden Autoverkehr entlastet werden. Vor allem der Pendlerverkehr in die niedersächsische Landeshauptstadt hatte bis Mitte der 1960er-Jahre stetig zugenommen. Bis zur ersten Fahrt soll es aber noch zehn Jahre dauern.
Vorläufiges Ende des U-Bahn-Baus nach nur einem Jahr
Das Mitte der 60er-Jahre größte innerstädtische Bauprojekt Norddeutschlands beginnt am 16. November 1965 am Waterlooplatz. Hier wird der erste Rammschlag gesetzt, wird eine Rampe zum Anschluss des Tunnels an das bestehende Schienennetz gebaut. Die erste Tunnel-Strecke soll vom Waterlooplatz bis zum Hauptbahnhof führen. Doch nach nur einem Jahr Bauzeit ist 1966 erst einmal Schluss. Die Stadt stellt die Bauarbeiten aus Geldmangel ein. Weiter geht es nur, weil die Bundesregierung in Bonn kurz darauf das sogenannte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz verabschiedet und sich mit 50 Prozent an den Baukosten beteiligt. 25 Prozent übernimmt außerdem das Land Niedersachsen.
September 1975: Hannover hat eine U-Bahn
Hannovers U-Bahn-Bau geht also weiter - mit weitreichenden Folgen für Stadtbild und Bürger: Die Innenstadt wird zu einer gewaltigen Großbaustelle. Allein am Drehkreuz Kröpcke muss der Boden bis zu 25 Meter tief ausgehoben werden - 50.000 Lkw-Ladungen Erde werden abtransportiert. Die Baustelle wird in Hannover das "große Loch" genannt. Am 26. September 1975 ist es soweit: Vom Hauptbahnhof aus fährt zum ersten Mal eine U-Bahn über die Stationen Kröpcke und Markthalle bis zum Waterlooplatz. Ab jetzt verkehrt auf diesem Tunnel-Teilstück die Linie 12 im Linienverkehr.
Geschäfte geben auf
In den folgenden Jahren werden weitere Tunnelstrecken gebaut. Die sogenannte A-Strecke, vom Waterloo bis zum Hauptbahnhof, wird Richtung List mit den Tunnel-Stationen Lister Meile/Sedanstraße und Lister Platz erweitert. Vor allem hier, im Bereich der heutigen Lister Meile nördlich des Hauptbahnhofs, bringt das riesige Bauprojekt viele Probleme mit sich. Autos können nicht mehr über die damalige Celler Heerstraße fahren. Die Geschäfte sind nur über Holzbohlen zu erreichen, viele Händler klagen über massive Umsatzeinbußen. Die Stadt versucht zu helfen, vermittelt Kredite. Trotzdem gehen einige Läden pleite.
Auch "Geisterstationen" werden gebaut
Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre geht der U-Bahn-Bau weiter voran. Zunächst wird die sogenannte B-Linie gebaut - von der Station Werderstraße im Norden bis zum Altenbekener Damm an der Hildesheimer Straße. Schließlich folgt die C-Linie, die vom Königsworther Platz zum Steintor und weiter über die Stationen Kröpcke, Aegiedientorplatz, Marienstraße bis zum Braunschweiger Platz führt. Und der ursprüngliche Plan des extra geschaffenen U-Bahn-Bauamtes der Stadt sieht vor, auch noch die vierte Linie - die sogenannte D-Linie zwischen Ahlem und dem Messegelände - als U-Bahn durch Hannovers Innenstadt zu führen. Unter dem Steintorplatz und unter dem Hauptbahnhof werden sogar zwei Stationen gebaut. Doch die werden nie in Betrieb genommen.
Erst im September 1993 endet mit der Fertigstellung der Station Kopernikusstraße am Engelbosteler Damm in Hannovers Nordstadt bis auf Weiteres die Zeit des jahrzehntelangen U-Bahn-Baus in Hannover.
D-Linie bleibt nach langem Streit oberirdisch
Im Rahmen der Modernisierungen der Stadtbahn-Linien 10 und 17 wird der Bau der D-Linie in den 2000er-Jahren noch einmal zum Zankapfel zwischen Parteien in der Region Hannover, der Stadt und der Bürgerinitiative "Pro D-Tunnel". Kern der Diskussion ist, ob die Linie oberirdisch, durch einen vorhandenen oder einen ganz neuen Tunnel durch die Innenstadt führen soll. Sowohl die Regionsversammlung als auch der Rat der Stadt Hannover stimmen schließlich für die oberirdische Variante. Und die Station unter dem Hauptbahnhof bleibt bis auf Weiteres eine "Geisterstation".