150 Jahre Kunsthalle: Ein Kunsttempel für Hamburg
Gemälde von Caspar David Friedrich oder Zeichnungen von Rembrandt oder Leonardo da Vinci: Die Hamburger Kunsthalle beherbergt eine der wichtigsten öffentlichen Kunstsammlungen Deutschlands. Dass die Hansestadt die Kunsthalle bekommen hat, ist den kunstbegeisterten Bürgern der Stadt und einem Mann namens Georg Ernst Harzen zu verdanken. Mit viel Einsatz, Spendengeldern und finanzieller Unterstützung der Stadt konnte 1863 die Grundsteinlegung erfolgen. Am 30. August 1869 wurde das erste Gebäude eröffnet.
Bereits 1817 treffen sich in Hamburg 19 Männer regelmäßig in der Kunstsammlung von Georg Ernst Harzen in der Großen Johannisstraße 148, um ihre Sammlungen zu betrachten und zu diskutieren. Die erste offizielle Versammlung des daraus hervorgegangenen neu gegründeten Kunstvereins findet dort am 4. Februar 1822 statt. Und bald wird klar: Hamburg braucht einen Kunsttempel! "Die erste Forderung nach einer Galerie kam schon 1839", erzählt Ute Haug, die die Provenienzforschung der Kunsthalle leitet. "Diese Forderung wurde zunächst vergessen, bis der Kunstverein sie wieder aufgriff. Dem Kunstverein gehörten sehr engagierte Persönlichkeiten an, die der Stadt im Jahr 1846 Kunstwerke geschenkt haben - ganz bewusst mit dem Wunsch verbunden, dass es doch eine öffentliche Galerie geben sollte."
Hamburger Kunsthalle zunächst ohne Direktor
Doch bis zur Eröffnung der Kunsthalle am 30. August 1869 vergehen noch Jahre. Als es endlich soweit ist, gibt es bis 1886 keinen Direktor. Bis dahin wird sie von einer sechsköpfigen Kommission für die Verwaltung der Kunsthalle geführt. Dann kommt Alfred Lichtwark. "Das war ein Mensch, der aus der Umgebung stammte und Kunstgeschichte in Leipzig und Berlin studiert hatte. Dort war er bereits in Museen tätig gewesen und hatte sehr gute Kontakte geknüpft, sodass er durch seine Kenntnisse und Bekanntschaften die Stelle bekommen hat", sagt Haug.
Alfred Lichtwark übernimmt Direktionsposten 1886
Lichtwark war ein Visionär. "Wir wollen nicht ein Museum, das dasteht und wartet, sondern ein Institut, das tätig in die künstlerische Erziehung eingreift", sagte er einst. "Lichtwark ist tatsächlich mit Schulklassen - vor allem mit Schülerinnen - die Kunstwerke abgegangen und hat diese nach einem bestimmten Frage-Kanon formal und inhaltlich abgearbeitet", so Haug. Unter Lichtwark begann die Kunsthalle zu strahlen, wurde zu einem bekannten und berühmten Tempel für europäische Kunst. Noch heute sind Schulen und Straßen in Hamburg nach ihm benannt.
Fassade im Stil der italienischen Renaissance
Gebaut wurde die Hamburger Kunsthalle nach Entwürfen von Georg Theodor Schirrmacher und Hermann von der Hude. Die Fassade wurde im Stil der italienischen Renaissance aus Backstein errichtet. Darin zu sehen sind viele Porträts aus Terrakotta, wie David Klemm, Leiter der Digitalisierung des Kupferstichkabinetts, sagt. "Insgesamt sind es 70 Künstlerfiguren. Das Interessante am Hamburger Bau ist, dass er außen sehr viel vorgibt: Wir sehen nämlich Leonardo da Vinci, Michelangelo, Raphael, Rubens, van Dyke - all die großen Namen der europäischen Kunstgeschichte. Die meisten waren aber damals noch gar nicht in der Sammlung vertreten."
Kunsthallen-Mäzen Harzen stellt Ultimatum
Dass die Kunsthalle überhaupt gebaut wurde, ist auch dem kinderlosen Kunstsammler Georg Ernst Harzen zu verdanken. "Harzen war ein ganz wunderbarer Sammler, der der Stadt insgesamt 25.000 Werke hinterlassen hat. Darunter sind etwa 5.000 Zeichnungen von edelster Güte wie etwa vier Leonardo-Zeichnungen", erzählt Klemm. "Die Schenkung war mit der Auflage verbunden, dass die Stadt innerhalb von sechs Jahren eine Kunsthalle errichten möge, sonst wäre die Sammlung der Stadt wieder weggenommen worden. Es war eine sehr kluge Stiftung, denn dadurch ist tatsächlich Druck aufgebaut worden, sodass der Altbau der Kunsthalle entstand."
Zweiter Bau entsteht zwischen 1912 und 1919
Aufgrund vieler Schenkungen des reichen Bürgertums war schon bald klar, dass eine Erweiterungsbau her musste. Der entstand zwischen 1912 und 1919 nach Entwürfen von Fritz Schuhmacher: Dieser Neubau setzt sich mit seinem neoklassischen Stil mit einer Muschelkalk-Fassade klar vom ersten Gebäude ab.
Nazi-Zeit wird auch für Kunsthalle zum dunklen Kapitel
Mit der Machtübernahme Hitlers kontrollierte eine Kommission treuer Nationalsozialisten unter Adolf Ziegler deutsche Museen - auch die Hamburger Kunsthalle. Diverse Gemälde wurden konfisziert, von Picasso, Kokoschka, Nolde und weiteren Künstlern. Viele Werke der Moderne - über 1.000 - wurden als entartete Kunst aussortiert und beschlagnahmt. 1939 wurden die verbliebenen Kunstwerke ausgelagert: Ein Teil in den Bunker an der Feldstraße. Wohin andere Kunstwerke kamen, sei nicht genau bekannt, so die Provenienzforscherin Haug. "Wir wissen, dass es irgendwo in Wandsbek war, es wurde verteilt. Aber wir wissen nicht, wo genau was war. Tatsächlich haben wir auch Werke dabei verloren: Ein Guardi ist damals in diesen Verlagerungsstätten gestohlen worden, andere Werke wurden nicht sachgemäß gelagert und zerstört."
Dritter Bau: Galerie der Gegenwart eröffnet 1997
Seit Ende des Zweiten Weltkrieges bis heute leiteten sechs Direktoren die Kunsthalle. Der siebte ist seit 1. August vergangenen Jahres Alexander Klar. 1997 wurde der dritte Bau, die Galerie der Gegenwart, eröffnet.