Wie Boy Gobert das Hamburger Thalia Theater umkrempelte
Unter Boy Goberts Leitung erlangte das Hamburger Thalia Theater künstlerischen Rang und bundesweite Bedeutung. Er drückte dem Haus seinen Stempel auf, meist war es ausverkauft. Doch wer war Gobert eigentlich?
Der am 5. Juni 1929 in Hamburg geborene Boy Gobert war Erzkomödiant, Dandy, Bonvivant und Filmstar der 1950er-Jahre, Burgschauspieler und Sohn des Hamburger Kultursenators Ascan Klée Gobert. Sein virtuoses Sprachfehlerspiel im Kinoerfolg "Pension Schöller" als Eugen Rümpel (1960) war unvergleichlich. Doch das Theater war seine Leidenschaft. Direkt nach seinem Abitur nahm er von 1946 bis 1947 Schauspielunterricht. Er debütierte 1947 am Theater im Zimmer und spielte am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg. Außerdem stand er in den Folgejahren an vielen verschiedenen Häusern auf der Bühne, so etwa am Badischen Staatstheater Karlsruhe, am Fritz Rémond Theater in Frankfurt am Main, am Renaissance-Theater in Berlin und am Schauspielhaus Zürich. Von 1959 an war Gobert Mitglied des Wiener Burgtheaters.
Als er 1969 die klassische Aufgabe des Intendanten am Thalia Theater in Hamburg übernehmen sollte, hatte er schon mehrfach Regie geführt, auch erfolgreich - aber ein Haus geleitet noch nie. Die "Abenteurerlust" habe ihn bewogen, diese Herausforderung anzunehmen, bekennt Gobert damals.
Vom Mimen zum Theaterleiter
Das Thalia war damals die Bühne für gediegene Unterhaltung mit einem nicht gerade experimentierfreudigen Abonnementpublikum. Die Premieren galten als gesellschaftliche Ereignisse, auch oder gerade weil sie keineswegs gesellschaftsverändernd im Stil der Zeit wirkten. "Das Haus war voll und es war erfolgreich", erinnert sich Peter Striebeck, 1969 Schauspieler am Thalia und später Nachfolger Goberts als Intendant.
Mit Tradition und Innovation voran
Theater mit Klasse und Stargästen - so begann die Gobert-Ära. Zugleich engagierte Boy Gobert klugerweise vielversprechenden Nachwuchs an die Hamburger Traditionsbühne. So auch Ursela Monn: "Dass dieser Boy Gobert mich als pure Anfängerin, ich war noch nicht mal fertig mit dem Studium, nach Hamburg geholt hat... Was kann dem Menschen Besseres passieren in seinem ganzen Leben? Das war wirklich großartig. Und ich wusste schon gleich, welche Rollen ich spiele, gleich zwei Hauptrollen." Erste wesentliche künstlerische Schritte am Thalia -und dann folgte der Fernsehruhm für Ursela Monn.
Intendant Gobert dachte immer an Kasse und an Qualität zugleich. Für ihn war ein gutes Theater: ein volles Theater. Als Regisseur und Intendant war er kein Mann des Umsturzes, aber der behutsamen Veränderung. So erschuf er das nächtliche Kontrastprogramm - immer freitags und samstags ab 23 Uhr. Die erste Inszenierung in diesem Rahmen war "Der Architekt und der Kaiser" von Fernando Arrabal. Nach einer kurzen Anlaufphase waren die Vorstellungen nur noch ausverkauft, erinnert sich Peter Striebeck: "Es wurde ein Riesenerfolg und wir spielten es sehr, sehr, sehr oft!"
Der Boy-Gobert-Preis
Ein eleganter Antreiber für Bühnenkultur und Publikumsliebling war er also: Boy Gobert, der das Thalia nach gut 125 Jahren Theatergeschichte zum zweiten ersten Haus in Hamburg machte. Und zum Abschied des langjährigen Intendanten 1980 stiftete Kurt A. Körber einen Nachwuchspreis: Seit 1981 verleiht die Körber Stiftung den Boy-Gobert-Preis. Die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung ehrt junge, herausragende Schauspielpersönlichkeiten an Hamburger Bühnen, um sie am Anfang ihrer Laufbahn zu unterstützen. Die Liste ehemaliger Preistragenden umfasst renommierte Schauspielende wie Susanne Lothar (†), Ulrich Tukur, Michael Maertens, Annette Paulmann, Martin Wuttke und Fritzi Haberland.
In Wien gestorben
Boy Gobert wechselte 1980 zu den Staatlichen Schauspielbühnen Berlin, wo er jedoch nicht an die Hamburger Erfolge anknüpfen konnte. Zum 1. September 1986 sollte er Direktor des Wiener Theaters in der Josefstadt übernehmen. Doch Gobert starb überraschend am 30. Mai 1986 in Wien an Herzversagen. Dort ist er auch begraben.