Die Handelskammer - Hamburgs graue Eminenz
Aus Deputation wird Kammer
Nach mehr als 200 Jahren wechselt die Commerz-Deputation 1867 ihren Namen und gibt sich die Bezeichnung, die noch immer gilt: Handelskammer. Kurz zuvor hatte sie einmal mehr einen Versuch des Rates abgewehrt, die Deputation unter behördliche Aufsicht zu stellen. 1880 verabschiedet der Rat ein "Gesetz betreffend die Handelskammer und die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns". Darin wird unter anderem festgelegt, dass die Aufgaben der Versammlung, die seit 1517 besteht, weitgehend auf die Handelskammer übergehen. Im Gegenzug erstattet die Handelskammer ihren einstigen Gründern, der Versammlung der Kaufmänner, bis in die Gegenwart einen Jahresbericht über die Tätigkeit und zur wirtschaftlichen Gesamtlage.
Verteidiger des Freihandels
Im 19. Jahrhundert wachsen die Warenströme, die im Hamburger Hafen umgeschlagen werden. Sichtbares Zeichen dafür ist die 1888 eingeweihte Speicherstadt, in der Importgüter aus aller Welt lagern. Als Teil des Freihafens gilt dort das angestammte Recht der Kaufleute, importierte Waren zollfrei aufzubewahren und zu verarbeiten. Hartnäckig hatte sich die Handelskammer dafür eingesetzt, dieses Privileg zu bewahren und einen möglichst großen Freihafen zu schaffen. Ganze Stadtviertel müssen am Ende dem Hafenbau weichen.
Die Industrie kommt ins Boot
Anfang des 20. Jahrhunderts stehen für die Handelskammer weichenstellende Veränderungen an. 1907 erhält sie das Recht, auch Industriebetriebe zu vertreten. Bislang hatte sich der traditionelle Kaufmannsgedanke gehalten. Doch vor der zunehmenden Bedeutung der Industrie kann sich die Kammer nicht verschließen. Allerdings behält sie bis heute den Namen Handelskammer, während die bundesweit 79 vergleichbaren Einrichtungen in anderen Städten die Bezeichnung Industrie- und Handelskammer tragen. Eine zweite Ausnahme gibt es nur bei der Handelskammer Bremen.
Beiträge werden zur Pflicht
Seit 1919 darf die Handelskammer von allen Unternehmen, die in ein Handelsregister eingetragen sind, Beiträge erheben. Diese Pflichtbeiträge existieren noch immer und sorgen für eine - wie Kritiker meinen - üppige Finanzausstattung. Die Rücklagen sollen 2014 rund 50 Millionen Euro betragen haben. Die rund 166.000 Mitgliedsunternehmen der Kammer in Hamburg zahlen pro Jahr 0,22 Prozent ihres Ertrages. Während die Firmen im Schnitt, dank vieler Kleinunternehmen, rund 300 Euro im Jahr berappen, werden größere Betriebe mit Tausenden Euro belastet. Nur Minifirmen, die höchstens 5.200 Euro Gewinn im Jahr erzielen, sind von den Beiträgen befreit.
Die Weltkriege
Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 entwickelt sich die Wirtschaft der Hansestadt erfolgreich weiter. Dann folgt ein drastischer Einbruch. Die britische Seeblockade bringt die Hafenwirtschaft weitgehend zum Erliegen. Bald leiden Zehntausende Menschen in Hamburg Hunger. Um Unternehmen vor der Pleite zu bewahren, gründet die Handelskammer gemeinsam mit dem Senat die Hamburger Bank von 1914. Gleichzeitig wendet sie sich gegen die staatliche Zwangsbewirtschaftung mit Gütern jeder Art.
Während der NS-Zeit bekommen Nationalsozialisten auch in der Kammer die Oberhand. 1933 werden jüdische Mitglieder ausgeschlossen. Als "Gauwirtschaftskammer" organisiert sie die Rüstungsproduktion in der Hansestadt - vielfach mit Zwangsarbeitern. Im Zweiten Weltkrieg wird bei Bombenangriffen auf die Hansestadt auch die Börse schwer getroffen, Hunderte Bücher der Commerzbibliothek verbrennen.
- Teil 1: Frühe Lobbyisten für die Kaufmannsschaft
- Teil 2: Aus Deputation wird Kammer
- Teil 3: Schnelle Erholung nach dem Krieg