Vor 25 Jahren: Tanja Kreil wird Pionierin für Frauen in der Truppe
Die Hannoveranerin Tanja Kreil klagte zur Jahrtausendwende für die Gleichberechtigung von Frauen in der Bundeswehr sowie das Recht auf den Dienst an der Waffe - und gewann vor dem Europäischen Gerichtshof. Den Dienst trat sie aber nie an.
Am 11. Januar 2000 urteilten Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg, dass Artikel 12a, Absatz 4 des Grundgesetzes rechtswidrig ist und eine Diskriminierung von Frauen darstelle. Dort hieß es bis zu diesem Zeitpunkt: "Frauen dürfen auf keinen Fall Dienst an der Waffe leisten." Das war von nun an Unrecht. Der Richterspruch hat Rechtsgeschichte geschrieben, eine maßgebliche Reform in der Ausrichtung der Bundeswehr bewirkt - und hatte seinen Ausgang in Hannover.
Geklagt hatte die damals 23 Jahre alte Hannoveranerin Tanja Kreil, deren Bewerbung mehrfach mit der Begründung abgelehnt wurde, sie sei eine Frau. Ein Jahr später bestätigte der Bundesrat eine entsprechende Grundgesetzänderung - und öffnete den Zugang für Frauen zum Dienst an der Waffe.
Kreil kämpft sich durch Instanzen
Bis dato galt: Frauen gerne in der Bundeswehr - aber bitte nur im Musikkorps oder Sanitätsdienst. Das bekam auch Kreil zu spüren. Während ihrer Ausbildung zur Elektronikerin hatte sie sich 1996 nach neuen beruflichen Herausforderungen umgesehen. Durch ihren Freund, einen Zeitsoldaten, fand sie Gefallen am Dienst bei der Bundeswehr. Doch der Zugang blieb der jungen Frau verwehrt. Das Zentrum für Nachwuchsgewinnung in Hannover sowie das Personalstammamt beriefen sich auf das Gesetz.
Kreil wandte sich schließlich an Volker Rühe (CDU), von 1992 bis 1998 unter Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) Verteidigungsminister, und fand auch dort kein Gehör. Also zog Kreil - mit Unterstützung des Bundeswehrverbandes, der die Anwalts- und Reisekosten übernahm - vor das Verwaltungsgericht in Hannover. Das gab den Fall schließlich nach Luxemburg ab. Kreil hielt durch - seitdem ist bei der Bundeswehr alles anders. Der Europäische Gerichtshof entschied, dass die Bundeswehr Soldatinnen überall, auch zum Dienst an der Waffe, zulassen müsse.
Weg für Tausende Frauen geebnet
Die Klägerin selbst aber hatte in der Zwischenzeit bei einem zivilen Arbeitgeber angefangen zu arbeiten. Sie wechselte nicht mehr zur Bundeswehr zurück. Doch sie ebnete mit ihrer Klage den Weg für Tausende Frauen, die seitdem die Bundeswehruniform tragen oder getragen haben. Im April 2001 traten die ersten Soldatinnen in die Kampftruppe ein, im Juli desselben Jahres folgten die ersten Offiziersanwärterinnen.
Wo dienen wie viele Soldatinnen?
2024 stehen 24.380 Soldatinnen im Dienst
Was bis zum Jahr 2000 Jahren einer langjährigen Pionierarbeit bedurfte, ist heutzutage Normalität. Seit alle Laufbahnen - abgesehen von speziellen Kampfeinheiten - für Frauen geöffnet wurden, steigt deren Zahl in der Truppe kontinuierlich. Und somit die Zahl derjenigen, die Karriere machen. 2024 standen laut Bundeswehr 24.380 Soldatinnen im Dienst - gut 13 Prozent der rund 181.500 militärischen Angehörigen. 5.385 von ihnen haben sich ein Berufsleben lang verpflichtet. 7.218 dienen im Offiziersrang - Tendenz steigend.
Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass der entsprechende Paragraph des Grundgesetzes rechtswidrig sei. Das ist natürlich falsch. Das Grundgesetz ist in Artikel unterteilt, nicht in Paragraphen. Die Redaktion bittet, diesen Fehler zu entschuldigen.