Mit Douglas fing Hamburg an zu duften
Am 5. Januar 1821 eröffnet der Schotte John Sharp Douglas die erste Seifenfabrik in Hamburg. Mit seinem Werk legt er den Grundstein für Europas größtes Parfümerie-Kette. 200 Jahre später verpasst die Corona-Krise dem Unternehmen einen massiven Dämpfer.
Der 29-jährige John Sharp Douglas, der die frischen Düfte vor gut 200 Jahren mitten ins Straßengewirr des Hamburger Gängeviertels bringt, hat in Glasgow Chemie studiert und eine Zeit lang als Seifensieder gearbeitet. Doch dann sind ihm die Steuern zu hoch und er verlässt seine Heimat. Mit einem der ersten Dampfer, die damals die Elbe befahren, kommt er in die Hansestadt, wo sein Onkel eine Kneipe besitzt.
Wasser und Seife statt Trocken-Hygiene
Douglas ist ein Pionier in einer Zeit, in der die wenigsten Menschen regelmäßig Körperpflege betreiben. Seife kennen sie nur zum Reinigen der Kleidung, als grobe Kern- und Schmierseife. Ihre Haut reiben sie mit trockenen Tüchern ab, weil sie seit dem Mittelalter glauben, dass Wasser die Pest übertragen kann. Wer Geld hat, überdeckt üble Ausdünstungen mit wohlriechenden Essenzen und Pudern.
Doch die Zeiten ändern sich gerade. Englische Ärzte werben schon länger für die gesundheitlichen Vorzüge des Wassers, vor allem am Meer. Und auch in Deutschland gibt es mit Norderney und Cuxhaven schon die ersten Seebäder, in denen Trink- und Reinigungskuren die Menschen säubern und erfrischen sollen. Und nach den drückenden Jahren der Besetzung durch Napoleons Truppen wollen die Hamburger auch wieder das Leben genießen.
Der Schotte setzt auf exotische Rohstoffe
Douglas hat also den richtigen Riecher, als er seine Öfen und Kessel in Betrieb nimmt, um feine Seifen für die Körperpflege zu produzieren. Die Elbe spült die Abwässer fort, und der Hamburger Hafen versorgt ihn mit den exotischen Rohstoffen - Kokos- und Palmöl aus Asien, Duftstoffe und Öle aus den Tropen. Douglas erhebt die Seifensiederei zur Kunst. Seine feinen Toilettenseifen finden bei den wohlhabenden Hanseaten und ihren Frauen großen Anklang. Für die Arbeiter und ihre Familien im Gängeviertel hingegen sind sie unerschwinglich.
Douglas' Erfindung verändert die Seifen-Herstellung
Er verdient gutes Geld, erhält das Hamburger Bürgerrecht verliehen und heiratet eine Gastwirtstochter aus St. Pauli, mit der er sechs Kinder bekommt. Und er revolutioniert 1830 die Seifen-Herstellung: Durch ein Gemisch aus Kokosnuss-Öl und Soda, das sich in kurzer Zeit selbst erwärmt und nicht mehr gekocht werden muss, verkürzt er die Produktion von fünf Tagen auf zwei Stunden. Das senkt die Kosten außerordentlich und macht feine Seife nun auch für die weniger betuchten Schichten bezahlbar.
Douglas setzt früh auf Marketing
Um sich von der wachsenden Konkurrenz abzuheben, die seine Seife imitiert, erfindet er immer neue Produkte, die "Chinesische Himmelsseife" etwa, mit feinem und steifem Schaum, die sich besonders fürs Rasieren und Baden eignet und von der er behauptet, das Rezept stamme vom Kaiserhof in Peking. Er setzt auf schöne Verpackung und prominente Werbung, für die er den berühmten Weimarer Hofarzt Christoph Wilhelm Hufeland gewinnt, der schon Goethe und Schiller behandelt hat. Und er richtet neben der Fabrik einen eigenen Laden ein, um den Vertrieb der Produkte zu erleichtern.
Vertriebsleiter übernimmt nach Douglas' Tod die Leitung
Seine Seifen werden bei Gewerbeausstellungen prämiert und das Unternehmen wächst. In der Carolinenstraße auf St. Pauli bezieht Douglas 1842 eine größere Fabrik. Doch auf dem Höhepunkt des Erfolgs stirbt er plötzlich. Weil seine Söhne noch minderjährig sind, übernimmt ein Vertrauensmann die Leitung: Theodor Hopff hatte vorher den Vertrieb der Seifen organisiert und fuhr von Händler zu Händler.
Das Geheimrezept des Paschas
Nun modernisiert Hopff die Produktion, experimentiert mit neuen Inhaltsstoffen und erweitert die Produktpalette. So hebt er etwa eine "Egyptische-Toiletten-Seife" ins Programm, angeblich die Privatseife des Paschas von Ägypten, und liefert eine werbewirksame Geschichte gleich mit: "Unsere Bekanntschaft mit höheren englischen Offizieren des im letzten Egyptschen Krieges mitwirkenden Heere führten durch unsägliche Mühen und Geldopfer, das echte Recept dieser eigenthümlichen Seife zu erhalten."
Die Söhne übernehmen
Nachdem Douglas-Sohn Thomas zehn Jahre lang bei anderen renommierten Seifen-Fabrikanten im Ausland gelernt und sein Bruder Alexander sich zum Kaufmann ausgebildet hat, bauen die beiden Gründer-Söhne die internationalen Verbindungen des Unternehmens ab 1863 weiter aus. Unter dem Firmen-Namen J. S. Douglas Söhne stellen sie einen englischen Siedemeister ein und einen Chemiker aus Paris. Die Fabrik verlagern sie an den Kleinen Schäferkamp nach Eimsbüttel, wo bis Mitte der 1990er-Jahre Seife und Parfum hergestellt wird.
Im 1871 gegründeten Kaiserreich boomt die Wirtschaft, und die Seifenblöcke werden nun in Massen produziert. Doch schon wenige Jahre später verkaufen die Brüder ihre Firma 1879 an die beiden Hamburger Kaufleute Gustav Adolph Hinrich Runge und Johann Adolph Kolbe. Die neuen Inhaber betreiben nebenbei für einige Jahre einen eigenen Verkaufsraum in der Nähe des Rathauses, wo sie auch andere Toilettenartikel führen - Pomade aus Frankreich etwa, Bartwichse aus Ungarn und Haarwasser aus Florida.
1910 gründen zwei Schwestern die Parfümerie Douglas
Eine neue Epoche beginnt aber erst, als die geschäftstüchtigen Schwestern Maria und Anna Carstens die Seifen-Fabrikanten davon überzeugen, am vornehmen Neuen Wall die Kosmetikprodukte aus Eimsbüttel und zusätzlich exklusive Seifen, Parfüm-Öle, Cremes und Puder zu verkaufen - unter dem Namen Parfümerie Douglas. Überall werden die Frauen in diesen Jahren nach der Jahrhundertwende selbstbewusster, emanzipierter. Sie erkämpfen sich das Recht zu studieren, zu arbeiten, und in der Öffentlichkeit aufzutreten. Dazu gehört auch das Geschäft mit dem Äußeren: Elisabeth Arden etwa eröffnet in New York einen Schönheitssalon, Coco Chanel in Paris ihre erste Boutique.
In Hamburg profitieren die Schwestern Carstens von dem neuen Trend. Aus ihrem Geschäft am Neuen Wall entwickelt sich die größte Parfümerie-Kette Europas, die im Jahr 2020 nach einigen Besitzer-Wechseln mit rund 2.400 Filialen in Europa vertreten ist.
Corona-Krise zwingt zum Filial-Abbau
Dann allerdings hinterlassen die Lockdown-Maßnahmen in der Corona-Pandemie deutliche Spuren im bis dato erfolgreichen Filial-Modell. Ende Januar 2021, ein Jahr nach dem ersten Corona-Fall in Deutschland, gibt das Parfümerie-Unternehmen bekannt, gut jede fünfte Filiale in Europa schließen zu wollen - rund 500 Geschäfte. In Deutschland sollen rund 60 von mehr als 430 Filialen betroffen sein. Douglas reagiert damit darauf, dass die in der Corona-Krise zwar rasant gewachsenen Online-Umsätze die massiven Verluste im Vor-Ort-Geschäft im Geschäftsjahr 2019/2020 nicht auffangen konnten. Unterm Strich hat das Unternehmen ein dreistelliges Millionen-Minus zu verdauen - und rund 2.500 der insgesamt 20.000 Mitarbeiter den angekündigten Job-Verlust.