"Deutsche Aktion": Tödlicher Neonazi-Terror 1980
Politiker und Journalisten nennen die Taten des NSU manchmal eine "beispiellose Verbrechensserie". Doch ganz ohne Beispiel sind die Mordanschläge der Zwickauer Terrorzelle auf Migranten nicht: Bereits 1980 flog in Deutschland eine Neonazi-Bande auf, die bombend und mordend durchs Land gezogen war: die "Deutschen Aktionsgruppen". Und wie tagesschau.de berichtete, könnte es sogar eine Verbindung zwischen den Gruppen gegeben haben - in Person des Rechtsextremisten Manfred Roeder.
Zwei junge Männer verbrennen im Vietnamesen-Heim
Es ist die Nacht auf den 22. August 1980. In der Halskestraße in Hamburg-Billbrook, sonst eher ein Industriegebiet, leben mehr als 200 Menschen in einem Wohnheim für vietnamesische Flüchtlinge. In dieser Nacht hält ein Auto vor der Unterkunft. In dem Wagen sitzen zwei 50 Jahre alte Männer und eine junge Frau. Sie gehören zur rechtsextremen Terrorzelle "Deutsche Aktionsgruppen".
"Ausländer raus" sprühen sie an die Fassade, dann entzünden sie drei Molotowcocktails. Die Brandsätze schleudern sie durch ein Fenster im Hochparterre des Wohnheimes, sie steigen wieder ins Auto und brausen davon. In einem Zimmer der Asylunterkunft bricht Feuer aus. Dort schlafen zwei junge Männer: der 22-jährige Ngoc Nguyen und der 18-jährige Anh Lan Do. Die beiden Vietnam-Flüchtlinge haben keine Chance. Sie erleiden furchtbare Verbrennungen, bevor Nachbarn sie aus der Wohnung holen können. Einer der beiden stirbt noch am Morgen nach dem Feuer, der andere erliegt einige Tage später seinen schweren Verletzungen.
Da das übrige Gebäude von dem Brand kaum betroffen ist, lässt die Stadt Hamburg das Flüchtlingsheim damals weiter betreiben.
Festnahme einige Tage nach dem Doppelmord
Die Täter werden bald gefasst. Sie hatten an der Ausländerunterkunft eine deutliche Spur hinterlassen: Die Farbe, die sie für ihren Slogan dort verwendeten, benutzten sie einige Tage zuvor schon bei einer anderen Spray-Aktion. Dabei hatte eine Zeugin ihr Autokennzeichen notiert. Elf Tage nach dem Anschlag in Hamburg nimmt die Polizei die Verdächtigen im südlichen Niedersachsen fest. Wie sich herausstellt, haben die "Deutschen Aktionsgruppen" noch weitere Anschläge auf Ausländerheime begangen, bei denen auch Menschen verletzt wurden. Außerdem griffen sie eine Ausstellung zur NS-Geschichte an und planten offenbar Banküberfälle.
Täter aus Baden-Württemberg und Bremerhaven
Die beiden männlichen Attentäter stammen aus Baden-Württemberg, ihre 24-jährige Kumpanin kommt aus Bremerhaven. In Hamburg sind sie damals wohl eher auf der Durchreise. Dort versuchen sie erst, eine Schule anzuzünden. Zu dem Anschlag auf das Vietnamesen-Heim kommt es nach der Lektüre eines Zeitungsberichtes über Asylbewerber in Hamburg, wie "Zeit-Online" in einer Reportage über die Hintergründe schreibt.
Als Anführer der Truppe macht die Polizei den Juristen Manfred Roeder aus. Anfang 1982 kommt es zum Prozess wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung. Roeder, dem nicht nachzuweisen ist, dass er bei den Taten dabei war, erhält als Rädelsführer 13 Jahre Haft. Die drei direkt Beteiligten erhalten Gefängnisstrafen bis hin zu lebenslänglich.
War Roeder Vorbild für den NSU?
Roeder fällt auch nach seiner Haftentlassung immer wieder als Rechtsextremist auf. Wegen Volksverhetzung erhält er später weitere Strafen. Unter anderem steht er 1996 in Erfurt vor Gericht. Zu den Besuchern des Prozesses gehören damals allem Anschein nach auch die späteren NSU-Mörder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sowie ihre Kumpanen Ralf Wohlleben und Andre K. Zumindest ein Beispiel hatte der NSU für ihre Taten also wohl. Tagesschau.de berichtet noch über weitere Verbindungen zwischen dem "Nationalsozialistischen Untergrund" und Roeder sowie über weitere mögliche "Vorbilder" der Zwickauer Terrorzelle.