Sondengänger stößt zufällig auf Goldschatz bei Haithabu

Stand: 17.02.2023 21:20 Uhr

Nach nur neun Metern schlug die Sonde an: Bei einem Metalldetektor-Kurs hat ein Teilnehmer Schmuck und Münzen entdeckt, die vor 800 Jahren vergraben wurden. Auch der Kursleiter scheint fündig geworden zu sein.

von Peer-Axel Kroeske

Damit hat wahrscheinlich keiner der Kursteilnehmer gerechnet. Auf der Übungsfläche ihres Metalldetektor-Kurses lagen unter der Erde Schmuck und Goldmünzen, die offenbar vor Hunderten Jahren vergraben wurden. War es ein Reisender, der vielleicht im Jahr 1220 ein Loch in die Erde grub und in einem Beutel seine Wertgegenstände deponierte?

Die dänischen Münzen können die Archäologen der Regierungszeit von König Waldemar II. zuordnen. Die beiden goldenen Ohrringe dürften schon damals alt gewesen sein und könnten aus dem Mittelmeerraum stammen. Eine goldene Münze mit arabischen Schriftzeichen könnte in Südspanien ihren Ursprung haben. Möglich ist aber auch, dass ein skandinavischer Kunsthandwerker sie nachgebildet und mit einer Anstecknadel versehen hat. Sie ist jedenfalls gefälscht. Die Schriftzeichen befinden sich auf beiden Seiten. Das war damals unüblich. Als der Beutel in die Erde kam, war Haithabu bereits verlassen. Auch die Stadt Schleswig verlor an Bedeutung. Die Hansestadt Lübeck hatte ihr als Ostsee-Handelsplatz bereits den Rang abgelaufen.

Sensationsfund bei der dritten praktischen Übung

Einige Leute stehen vor ausgestellten Fundstücken aus Haithabu. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
Mit seinem Goldfund ist Nikki Steinmann (4.v.l.) der Star beim Team vom Archäologischen Landesamt in Schleswig.

Der Besitzer kehrte nicht zurück. Und er hätte wohl kaum geahnt, dass der 44-jährige Bundeswehrangestellte Nikki Steinmann derjenige sein würde, der im Jahr 2023 alles wieder ausgräbt. Eigentlich sollte es nur eine Übung sein. In Schleswig-Holstein sind alle Sondengänger verpflichtet, einen Kurs mit abschließender Prüfung beim Archäologischen Landesamt zu machen. Dort lernen sie, wie sie ihre Aktivität anmelden, was bei bedeutsamen Funden zu tun ist und auch wie sie gefährliche Munition erkennen. Nikki Steinmann hatte mit seinem neunjährigen Sohn vorher nur an dänischen Stränden seinen 1.400-Euro-Metalldetektor ausprobiert. In dem Kurs war es nun der dritte Gang ins Feld. Sein Mentor Ralph Paustian wies ihm einen Bereich auf einer Wiese zu.

Code 99 für Gold nach nur neun Metern

"Ich bin dann ungefähr neun Meter gelaufen und dann kam das Signal rein," erzählt Nikki Steinmann. "Es zeigt mir auch einen Leitwert an. 99 war das Signal für Gold." Steinmann sollte graben und "dann kam auf einmal etwas Goldenes zum Vorschein." Die Aufregung war groß. Doch für ihn bedeutete das: Stopp. Die Profis mussten ran. Es war zwar Sonntag, doch die Experten waren schnell zur Stelle und sicherten die weiteren Funde. Sie waren in etwa 20 Zentimetern Tiefe nur minimal verteilt, obwohl sie sich in der Schicht befanden, die von der Landwirtschaft über die Jahrhunderte immer mal wieder durchgepflügt wurde.

Expertin war sprachlos

Zwei ausgegrabene goldene Ohrringe. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
Gold war in Nordeuropa selten. Die beiden Ohrringe aus der Zeit um 1100 besitzen einen byzantischen Stil. Sie könnten auch aus der islamischen Kultur stammen. Drähte und Metallplättchen sind filigran miteinander verbunden. Sie sind mit Halbedelsteinen bestückt.

Auch Astrid Tummuscheit vom Archäologischen Landesamt rückte an. Sie erinnert sich: "Die haben mir die Goldfunde gezeigt und da muss ich sagen, dass ich einen Augenblick sprachlos war. Das sind so hochkarätige Stücke von der Technik als auch vom Material. Auch dass sie als Paar erhalten sind - relativ unbeschädigt." Vor allem die Ohrringe haben es ihr angetan: "Es gibt keine massive Platte, auf der diese filigranen Drähte und Kügelchen aufgebracht sind, sondern wenn man die Rückseite betrachtet, dann sind ganz viele kleine rechteckige Goldstreifen aneinander gelötet worden und bilden sozusagen die glatte Rückseite. Und darauf befinden sich dann eben diese geschwungenen Golddrähte, die so ein Geflecht bilden." Bestückt sind sie mit mehreren Halbedelsteinen.

Vom Beutel blieben nur einzelne Fasern übrig

Menschen untersuchen ein Feld bei Haithabu nach Fundstücken. © NDR Foto: Peer-Axel Kroeske
In diesem Moment ahnte noch niemand etwas: Auf dem Feld bei Haithabu sollten Sondengänger bei einem Kurs des Archäologischen Landesamtes den Umgang mit den Detektoren üben.

Restauratorin Corinna Mayer aus der Archäologie der Landesmuseen ist ebenfalls beeindruckt. Sie hat den Schmuck mechanisch gereinigt. Bei den Münzen ist eventuell noch Chemie gefragt, um die Korrosion des Silbers zu entfernen. Untersucht werden auch noch die Fasern des Beutels. Mehr ist von ihm nicht übrig geblieben. Wann alles ins Museum kommt, ist noch unklar. Die Restauratorin berichtet, sie habe auch mit dem ältesten norddeutschen Grab noch viel zu tun, das in Duvensee gefunden wurde. Und auch die wissenschaftliche Auswertung im Landesamt wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Weitere Wikingersiedlung entdeckt - Details noch geheim

Dafür lässt die nächste spektakuläre Entdeckung von Sondengängern möglicherweise nicht mehr lange auf sich warten. Auf die Frage, was denn sein spannendster Fund gewesen sei, antwortet Detektor-Ausbilder Arjen Spießwinkel überraschend: "Ich habe eine Wikingersiedlung gefunden." Wo, bleibt allerdings noch geheim. Nur so viel: irgendwo in Nordfriesland. Weitere Details sollen erst zu einem späteren Zeitpunkt folgen.

Weitere Informationen
Die rekonstruierte Siedlung und der Landesteg in Haithabu vom Wasser aus gesehen. © Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 17.02.2023 | 17:00 Uhr

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