St. Paulis Trainer Alexander Blessin (l.) klatscht mit David Nemeth ab. © Witters

FC St. Pauli: Der Aufsteiger will Bundesligist werden

Stand: 13.08.2024 14:47 Uhr

Aufstiegstrainer weg, Topscorer weg - nicht gerade optimale Voraussetzungen für Neuling FC St. Pauli, um in der Fußball-Bundesliga bestehen zu können. Gleichwohl gibt es Aspekte, die zuversichtlich stimmen. Die Kiezkicker im Teamcheck.

von Johannes Freytag

Zum sechsten Mal nach 1976, 1988, 1995, 2001 und 2010 ist den Hamburgern der Aufstieg gelungen, lediglich zweimal blieben sie länger als eine Saison oben. Mit dem neuen Trainer Alexander Blessin soll die besondere Saison - erstmals in der Historie spielt man eine Liga höher als der Stadtrivale HSV - nun erneut mit dem Klassenerhalt gekrönt werden. Kein leichtes Unterfangen für den Nachfolger des nach England abgewanderten Fabian Hürzeler, der eine beeindruckende Bilanz von lediglich acht Pflichtspiel-Niederlagen in 55 Partien vorweist.

Gleichwohl setzt man am Millerntor große Hoffnungen in Blessin, der nach seinen Stationen in Belgien (Pokalsieger und Vizemeister mit Saint-Gilloise) und Italien (CFC Genua) auch internationale Erfahrung besitzt: "Wir sind Aufsteiger, jetzt wollen wir ein Bundesligist werden", sagte Sportchef Andreas Bornemann - eine leichte Steigerung gegenüber den Vorjahren, in denen es stets hieß, man wolle zu den "Top 25 in Deutschland" gehören.

Weitere Informationen
2010: Die Spieler des FC St. Pauli feiern am Millerntor den Bundesliga-Aufstieg. © imago/MIS

Dramatisch, chaotisch, unerwartet - Die Bundesliga-Aufstiege des FC St. Pauli

Der FC St. Pauli ist zum sechsten Mal in die Fußball-Bundesliga aufgestiegen. Ein Rückblick auf die Aufstiege zuvor - und auf das, was folgte. mehr

So lief die vergangene Saison

Die Hamburger ließen dem 2:1-Auftaktsieg in Kaiserslautern vier Remis in Serie folgen (darunter dreimal ein 0:0). Ein erstes Statement setzten die Braun-Weißen dann mit dem 5:1 gegen Holstein Kiel. Hinter dem späteren Mitaufsteiger aus Schleswig-Holstein beendete St. Pauli die Hinrunde ungeschlagen auf Rang zwei. Erst am 21. Spieltag, beim 0:1 in Magdeburg, gingen die Kiezkicker erstmals als Verlierer vom Platz.

Doch das warf die Hürzeler-Elf nicht aus der Bahn. Zwar vergab sie am 31. Spieltag im Stadtderby beim HSV (0:1) den ersten "Matchball" zum Aufstieg. Der wurde aber eine Woche später beim 3:1-Heimerfolg gegen den VfL Osnabrück perfekt gemacht, das i-Tüpfelchen war dann die Zweitliga-Meisterschaft wenige Tage später durch das 2:1 beim SV Wehen Wiesbaden.

Wer kam, wer ging?

Neben dem Abschied von Aufstiegstrainer Hürzeler dürfte vor allem der Verlust von Top-Scorer Hartel (St. Louis/USA) schmerzhaft sein. Ansonsten blieb die Stammelf erhalten. In Etienne Amenyido (19 Einwechslungen) und Eric da Silva Moreira (ein Jokereinsatz) verließen lediglich zwei Ersatzspieler den Club, zudem ging die Ausleihe von Aljoscha Kemlein, der im Winter für die damals wegen des Asien-Cups fehlenden Jackson Irvine und Connor Metcalfe verpflichtet worden war, zu Ende. Er kehrte zu seinem Stammverein und Ligakonkurrent Union Berlin zurück.

Einen 1:1-Ersatz für Hartel haben die Kiezkicker nicht geholt. Sie versuchen seinen Abgang im Kollektiv zu kompensieren. Für das zentrale Mittelfeld liehen sie Robert Wagner vom SC Freiburg aus. In der Offensive sollen Morgan Guilavogui (ausgeliehen vom RC Lens) und Scott Banks wirbeln. Der Schotte wurde nach vorheriger Ausleihe nun von Crystal Palace fest verpflichtet und kann nach seiner fast achtmonatigen Verletzungspause (Kreuzbandriss) praktisch als Neuzugang gewertet werden. Zudem sind Rechtsverteidiger Fin Stevens (FC Brentford) als Back-up für Manolis Saliakas und Torhüter Ben Voll (Viktoria Köln) neu im Team.

Weitere Informationen
Neuzugang Morgan Guilavogui vom FC St. Pauli © Witters Foto: Tay Duc Lam

Bundesliga - Zu- und Abgänge: Werder Bremen, VfL Wolfsburg, FC St. Pauli, Holstein Kiel

Alle Zu- und Abgänge der norddeutschen Fußball-Bundesligisten Werder Bremen, VfL Wolfsburg, FC St. Pauli und Holstein Kiel in der Saison 2024/2025 im Überblick. mehr

Ziele in der neuen Saison

Klassenerhalt, Ligaverbleib, Nicht-Abstieg - egal, wie man es nennen will: Ambitionen, die über Rang 15 hinausgehen, wird niemand am Millerntor formulieren. Zwangsläufig muss der FC St. Pauli eine Liga höher mehr sportliche Probleme und Rückschläge verkraften, als er es zuletzt gewohnt war. Das 3-4-3 mit viel Ballbesitz wird nicht das probate Mittel sein, um in der Bundesliga bestehen zu können.

Vielmehr kommt es noch mehr auf die Defensive an, zugleich auf schnelles Umschalten bei Balleroberungen. Immerhin stellte Stürmer Johannes Eggestein nach dem 3:0 am vergangenen Freitag gegen Europa-League-Sieger Atalanta Bergamo fest: "Im hohen Pressing vorne haben wir uns deutlich verbessert."

Weitere Informationen
Eine Fußballtabelle vor eine Fußballmotiv © Colourbox Foto: -

Ergebnisse und Tabelle Fußball-Bundesliga

Ergebnisse, Tabellenstände und die Spieltage im Überblick. mehr

Das sagt der Trainer

Der neue Trainer Blessin scheint eine klare Vorstellung davon zu haben, was er gegenüber dem System unter Vorgänger Hürzeler verändern muss: "Ich bin nicht Fabian 2.0", erklärte der 51-Jährige bereits bei seiner Vorstellung in Hamburg. Entsprechend impfte er in der Vorbereitung seiner Mannschaft seine Vision von einem 3-5-2 im Wechsel mit einem 5-3-2 ohne permanenten Ballbesitz ein. Die Partie gegen Bergamo stimmte ihn zuversichtlich: "Wir konnten als Team sehen, was wir für ein Potenzial haben und was möglich ist."

Blessin weiß aber auch, dass der unerwartet klare Sieg durch "einen guten Torhüter und ein bisschen Glück" zustande kam. Beides Dinge, die auch in der Bundesliga zuweilen vonnöten sein dürften: "Wir werden nie ständige Kontrolle haben. Diese Phasen, in denen wir mal durchatmen müssen, in denen dürfen wir wenig Fehler machen und wenig gegnerische Chancen zulassen. Dann haben wir auch die Qualität, ein paar Reize zu setzen", sagte der Coach.

Weitere Informationen
St. Paulis Trainer Alexander Blessin © WITTERS/ValeriaWitters

Datenanalyse: So kann Trainer Blessin St. Pauli weiterentwickeln

Der neue Coach der Hamburger ist den Daten nach eine gute Wahl. Die Analyse zeigt, welchen Ansatz er verfolgt und was ihn von seinem Vorgänger unterscheidet. mehr

St. Paulis Trainer Alexander Blessin (r.) © picture alliance / Sportfoto Zink / Wolfgang Zink | Sportfoto Zink / Wolfgang Zink

St. Pauli in Scheffau: Viel Systemarbeit und einige Sorgen

Im Trainingslager in Österreich hat das Team die Spielweise von Trainer Alexander Blessin weiter verinnerlicht. Sorgen bereiten die angeschlagenen Spieler. mehr

St. Paulis Trainer Fabian Hürzeler © IMAGO / Moritz Müller

Kommentar zum FC St. Pauli: Hürzeler-Abschied ist verkraftbar

Der plötzliche Trainerwechsel eröffnet den Hamburgern auch neue Chancen. Ein Blick in die eigene Vergangenheit kann Hoffnung geben. mehr

VIDEO: Bokal-Rettung - Das Wunder von St. Pauli (45 Min)

Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 16.08.2024 | 18:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Bundesliga

FC St. Pauli

Mehr Fußball-Meldungen

Willi Lemke, früher Manager des Fußball-Bundesligisten Werder Bremen © picture alliance / nordphoto GmbH Foto: Tauchnitz

Willi Lemke ist tot - Langjähriger Werder-Manager mit 77 Jahren gestorben

Der gebürtige Ostholsteiner ist einer Mitteilung seiner Familie zufolge gestorben. In seine Zeit als Manager fallen viele Triumphe des SVW. mehr