Laktosefrei: Das Geschäft mit Lebensmitteln ohne Milchzucker
Immer mehr Produkte werben mit der Aufschrift "laktosefrei" oder "frei von Laktose". Auch Verbraucherinnen und Verbraucher, die nicht unter einer Laktoseintoleranz leiden, greifen zu - und sind bereit, mehr Geld auszugeben.
Bis zu 15 Prozent der Bevölkerung in Deutschland vertragen keine Milchprodukte, haben also eine Laktoseintoleranz. Ihnen fehlt ein Enzym im Körper, um den Milchzucker, die Laktose, aufzuspalten - in Glukose und Galaktose. Es kommt nach dem Verzehr von zum Beispiel Kuhmilch, Quark oder Joghurt zu Gärungen im Darm, die wiederum zu Durchfall und Blähungen führen.
Doch auch Verbraucher, die nicht von einer Laktoseintoleranz betroffen sind, greifen gerne zu Lebensmitteln, die als "laktosefrei" gekennzeichnet sind. Laut dem Marktforschungsinstitut IFH Köln kaufen zwei Drittel der Verbraucher freiwillig sogenannte "Frei von"-Produkte, weil sie sie für gesünder halten.
"Frei von Laktose" - Aufschrift als Marketing-Trick
Mit laktosefreien Produkten wurden dem Marktforschungsunternehmen Nielsen zufolge im Jahr 2021 rund 933 Millionen Euro umgesetzt - 18 Prozent mehr als im Jahr davor. "Die Industrie scannt den Markt gezielt nach Trends", erläutert Markensoziologe Prof. Dr. Arnd Zschiesche von der Fachhochschule Westküste. Gerade im Supermarkt seien die Margen sehr klein. Deshalb habe es deutliche Effekte, wenn Produkte als laktosefrei positioniert werden könnten.
Höherer Preis als bei konventionellen Produkten
Laktosefreie Produkte sind häufig teurer als ihre konventionellen Pendants. "Bei laktosefreien Produkten spalten die Hersteller die Laktose vorher mittels des Enzyms Laktase", berichtet Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Dieses Verfahren sei allerdings nicht so aufwendig, dass es einen so viel höheren Preis rechtfertige.
Deklaration als Orientierungshilfe: Wann ist sie sinnvoll?
Die Kennzeichnung eines Produktes als "laktosefrei" ist in vielen Fällen eine sinnvolle Orientierungshilfe für Kunden. Denn Laktose kann auch in verarbeiteten Lebensmitteln stecken, in denen Verbraucherinnen und Verbraucher sie auf den ersten Blick nicht vermuten: In Zwieback ist beispielsweise manchmal Süßmolkenpulver enthalten und in einigen Streichwürsten wird Laktose eingesetzt, um die Konsistenz einer Wurst zu verbessern.
Trage unter diesen Lebensmitteln eines die Aufschrift "laktosefrei", unterscheide es sich von anderen und die Deklaration sei zulässig, erläutert Britta Schautz von der Verbraucherzentrale Berlin. Auch in Bezug auf Hartkäse hat ein Gericht entschieden, dass die Bezeichnung "laktosefrei" zulässig ist. Zwar zersetzt sich die Laktose bei der Reifung von Hartkäse generell, doch diese Eigenschaft sei nicht allen Verbraucherinnen und Verbrauchern bekannt, so die Begründung.
Werbung mit Selbstverständlichkeiten ist nicht erlaubt
Doch bei einigen Produkten mit der Aufschrift "laktosefrei" sei die Lage deutlich anders. "Im Lebensmittelrecht ist festgelegt, dass ich als Hersteller nicht eine besondere Eigenschaft auf meinem Produkt bewerben und hervorheben darf, wenn alle anderen Lebensmittel dieser Art genau die gleiche Eigenschaft aufweisen", sagt Britta Schautz. Daher könne es auch illegal sein, wenn Hersteller mit Eigenschaften wie "laktosefrei" werben - nämlich genau dann, wenn in dem Produkt sowieso keine Laktose vorkommt.
Kleine Mengen Laktose sind oft gut verträglich
Selbst Menschen mit einer Laktoseintoleranz vertragen in der Regel kleine Mengen Laktose - etwa bis zu 12 Gramm. Es lohne sich durchaus, die individuelle Toleranz auszutesten, meint Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan, Gastroenterologe an der Universitätsmedizin Mainz: "Kleine Mengen sind in der Regel günstig für die Darmflora, weil es viele Bakterien gibt, die den Milchzucker verstoffwechseln - was dann der Gesundheit zuträglich ist."