Skoliose: Welche Behandlungen gibt es?
Bei einer Skoliose ist die Wirbelsäule zur Seite verkrümmt und zusätzlich verdreht. Leichtere Formen lassen sich oft mit Dehn- und Kräftigungsübungen und einem speziellen Korsett therapieren - schwere Fälle müssen meist operiert werden.
Skoliosen kommen bereits bei kleinen Kindern vor. Mit steigendem Alter - besonders in der jugendlichen Wachstumsphase und jenseits der 60 Jahre - nimmt ihre Häufigkeit jedoch stark zu. Schätzungsweise leiden gut zwei Prozent der Bevölkerung an einer Wirbelsäulenverkrümmung mit Krankheitswert. Schwere Ausprägungen der Skoliose finden sich deutlich häufiger bei Mädchen und Frauen.
Was ist eine Skoliose?
Normalerweise ist die Wirbelsäule von der Seite betrachtet doppelt s-förmig gebogen, von vorn und hinten betrachtet bildet sie eine gerade Linie. Bei einer Skoliose (griechisch "skolios": krumm) ist das Rückgrat jedoch zur Seite verbogen, die gesamte Wirbelsäule ist längs verdreht. Bei der Verdrehung entstehen Zug- und Druckkräfte, sodass sich selbst die einzelnen Wirbelknochen sowie die Bandscheiben verdrehen.
Schweregrade der Skoliose
Der Schweregrad der Erkrankung bemisst sich nach Grad Cobb. Dieses Maß, benannt nach dem US-Mediziner John Robert Cobb, beschreibt den Winkel der Seitbiegung in der Wirbelsäule. Man bestimmt ihn geometrisch mithilfe einer Röntgenaufnahme. Als krankhaft gilt erst eine Verkrümmung ab einem Winkel von zehn Grad und mehr.
- Skoliose 1. Grades (leicht): Winkel von 10 bis 40 Grad
- Skoliose 2. Grades (mittelschwer): Winkel zwischen 40 und 60 Grad
- Skoliose 3. Grades (schwer): Winkel von 61 bis 80 Grad
- Skoliose 4. Grades (sehr schwer): Winkel über 80 Grad
Symptome einer Skoliose
Eine Skoliose von wenigen Grad macht meist keine Probleme und fällt im bekleideten Zustand kaum auf. Bei Kindern und Jugendlichen kann sich in Zusammenhang mit Skoliose zum Beispiel das Gangbild verändern, die Taille knickt ein und die Schultern stehen unterschiedlich hoch. Stärkere Verkrümmungen und Verspannungen im oberen Rücken engen zudem die Lunge ein, sodass Atemnot oder Druckgefühl auf der Brust sowie Schwindel auftreten können. Auch Herzrasen und Verdauungsprobleme sind möglich. Mit zunehmendem Schweregrad kommen Verschleiß und Versteifungen hinzu, die Beweglichkeit der Wirbelsäule nimmt ab und Schmerzen werden stärker.
Ursachen und Risikofaktoren von Skoliose
Knapp neun von zehn Skoliosen sind idiopathisch, das bedeutet, konkrete Auslöser sind nicht bekannt. Einseitiges Tragen oder eine mangelnde Körperspannung sind nicht schuld an der Erkrankung, darum kann man ihr auch nicht vorbeugen. Die Neigung zu Skoliose wird offenbar vererbt, denn die Erkrankung tritt familiär gehäuft auf. Etwa einer von zehn Skoliosen liegt eine bekannte Ursache zugrunde ("symptomatische" oder "sekundäre" Skoliose) - zum Beispiel:
- angeborene Fehlbildungen von Wirbelkörpern Muskelerkrankungen (zum Beispiel vererbbare Muskelschwächekrankheiten)
- rheumatische Erkrankungen
- Nervenschäden, durch die die stabilisierende Bauch- und Rückenmuskulatur nicht richtig funktioniert (z. B. Myasthenia gravis, Rückenmarkserkrankungen)
- Traumata (Wirbelknochenbruch, Rückenmarksverletzungen)
Verlauf der Skoliose schwer vorhersehbar
Während sich eine Säuglingsskoliose meist innerhalb der ersten beiden Lebensjahre von allein zurückbildet, werden später auftretende Skoliosen unbehandelt oft schlimmer. Deshalb sind das rechtzeitige Entdecken und Behandeln so wichtig. Ausschlaggebend für die Prognose einer idiopathischen Skoliose ist vor allem der Cobb-Winkel: je größer, desto ungünstiger sind die Entwicklungsaussichten.
Bei jungen Menschen ist das mögliche Restwachstum (Skelettreife) ein wichtiger Prognosefaktor, weil sich Skoliosen besonders im Wachstumsschub oft schnell verstärken. Innerhalb weniger Monate können bei Heranwachsenden mehrere Grad Cobb hinzukommen.
Diagnose einer Skoliose
Bei Verdacht auf Skoliose sollte eine Orthopädin oder ein Orthopäde aufgesucht werden. Typische Zeichen bei der körperlichen Untersuchung sind ein asymmetrischer Schulterstand, unterschiedlich große Taillendreiecke (Abstände der locker herabhängenden Arme zum Rumpf) und eventuell ein "Rippenbuckel", also eine Vorwölbung der Rippen auf einer Rückenseite. Um eine echte Skoliose von einer bloßen Fehlhaltung zu unterscheiden, wird geprüft, ob sich die Wirbelsäulenverkrümmung durch Bewegungen (aktiv) oder gegebenenfalls durch haltungskorrigierende Handgriffe (passiv) ausgleichen lässt. Im sogenannten Adams-Test (Vornüberbeugen bei durchgestreckten Knien) zeigen sich bei Skoliose asymmetrische Muskelwülste im Nacken- und Lendenbereich.
Hat sich der Skoliose-Verdacht erhärtet, können anhand von Röntgenbildern der Cobb-Winkel und das Krümmungsmuster bestimmt werden. Außerdem lassen sich mögliche Fehlbildungen oder Wirbelverformungen erkennen und bei Jugendlichen auch die Skelettreife, also das zu erwartende Restwachstum. Bei festgestellter Skoliose sind dann regelmäßige Kontrolluntersuchungen notwendig, bei Kindern etwa alle drei bis sechs Monate. Die Häufigkeit richtet sich jedoch nach Schweregrad, Wachstumsphase und auch nach der Therapieform.
Behandlungsmöglichkeiten von Skoliose
Die Behandlung einer Skoliose sollte möglichst rasch nach der Diagnose beginnen. Bei Kindern und jungen Menschen lassen sich vor Abschluss des Wachstums sehr gute Ergebnisse erzielen. Bei leichten Skoliosen reicht eine Physiotherapie häufig schon aus. In etwas schwereren Fällen wird Kindern und Jugendlichen zusätzlich ein Korsett verschrieben. In manchen Fällen und bei älteren Menschen ist eine Operation oftmals unumgänglich.
Übungen gegen Skoliose
Physiotherapeutische Maßnahmen - insbesondere gezielte Übungen zur Dehnung und Stärkung von Brust-, Bauch- und Rückenmuskulatur - können häufig eine Verschlechterung der Skoliose aufhalten, manchmal sogar die Verkrümmung mindern. Ergänzend ist meist eine Atemtherapie sinnvoll, sie entspannt Muskeln und Seele und fördert die Lungenfunktion. Auch mit anderen Maßnahmen wie der Manuellen Therapie lassen sich die verspannten Muskeln lockern.
Wichtig ist, Maßnahmen und Übungen konsequent durchzuführen und lange genug beizubehalten, um den Behandlungserfolg abzusichern. Auch begleitend zu einer Behandlung mit Korsett und nach operativen Eingriffen sollte unbedingt eine Bewegungstherapie durchgeführt werden.
Skoliose-Korsett richtet die Wirbelsäule auf
Kinder und Jugendliche erhalten bei einem Cobb-Winkel zwischen 20 und etwa 45 Grad in der Regel ein maßgefertigtes Korsett ("Chêneau-Korsett"), eine Art Kunststoff-Panzer. Es soll den Rumpf wieder aufrichten und der Krümmung entgegenwirken. Diese Orthese muss über einige Monate oder Jahre getragen werden - oft rund um die Uhr, außer beim Duschen. Das ist nicht immer angenehm, zudem sind bestimmte Sportarten damit nicht möglich. Doch gute Erfolge sprechen für diese Therapie. Erwachsene profitieren weniger von einem Korsett, da ihr Knochenwachstum abgeschlossen ist. Allerdings kommen auch bei ihnen manchmal Orthesen zum Einsatz, etwa zum Stabilisieren.
OP bei Skoliose
Reichen die konservativen Therapien nicht aus, kommt eine Operation in Betracht. Indiziert ist eine OP bei schweren Skoliosen, wenn die Verkrümmung schnell voranschreitet, Verschleiß oder eine Einsteifung durch Spondylose (Umbau der Wirbelkörper) droht oder, wenn die Funktion innerer Organe eingeschränkt wird.
Während bei Erwachsenen Wirbelsäulenabschnitte ausgerichtet und dann versteift werden, brauchen Kinder spezielle Systeme, die die Wirbelsäule nicht am Wachsen hindern. Diese Nichtfusionierenden Operationsverfahren korrigieren die Krümmung, versteifen die Wirbelsäule jedoch nicht auf Dauer. Eingesetzt werden dafür zum Beispiel Titanstäbe, die an Rippe und Wirbel angebracht werden und alle vier bis sechs Monate in einem kleinen Eingriff verlängert werden müssen. Neuere Formen dieser Stäbe haben einen kleinen ferngesteuerten Motor und wachsen mit ("growing rods"). Ein anderes modernes Verfahren ist die Wirbelsäulenklammerung, die das Wachstum der Wirbelsäule gezielt in einzelnen Bereichen abbremst. Das Verfahren eignet sich aber nur bei leichteren Fällen.
Skoliose-Schmerzen lindern
Eine Schmerzbehandlung bei einer Skoliose ist immer sinnvoll, wenn die Verkrümmung mit Rückenschmerzen einhergeht, denn die Schmerzen können wiederum zu Fehlhaltungen und weiteren Verspannungen führen.
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