Eine erkältete Frau liegt mit einem Schal um den Hals im Bett und putzt sich die Nase. © picture alliance Foto: picture alliance / photothek | Ute Grabowsky / photothek.net

Immundefizienz: Angeborene Abwehrschwäche erkennen und behandeln

Stand: 11.11.2022 12:03 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Das Immunsystem schützt uns vor Gefahren wie Bakterien, Viren oder Schadstoffen. Häufige Infektionen können Symptom einer Immunschwäche sein. Bei einem angeborenen Immundefekt helfen Antikörperpräparate.

Lebewesen ganz ohne Abwehrkräfte sterben binnen kürzester Zeit, weil Krankheitserreger dann leichtes Spiel haben. Aber auch, wenn ein Immunsystem nur teilweise geschwächt ist, drohen immer wieder Probleme.

Das unspezifische Immunsystem schützt von Anfang an

Über eine Basisausstattung von Abwehrkräften verfügt unser Körper schon bei der Geburt: Haut und Schleimhäute schützen vor krankmachenden Stoffen und Erregern. Und im Körper sorgt die angeborene Abwehr, das unspezifische Immunsystem, dafür, dass eingedrungene Fremdstoffe und vor allem Mikroorganismen wie Viren keinen Schaden anrichten können. Als schnelle Eingreiftruppe der körpereigenen Abwehr verfügt es dafür über ein ganzes Arsenal effektiver Waffen:

  • Fresszellen erkennen und vertilgen Krankheitserreger.
  • Eiweißstoffe des Immunsystems machen Erreger unschädlich und kommunizieren dabei mit den Fresszellen.
  • Killerzellen spüren krankhaft veränderte Körperzellen auf und vernichten sie.

Das angeborene unspezifische Immunsystem ist sehr wichtig, denn es schützt den Körper von Anfang an und sein Leben lang. Doch seine Fähigkeiten sind begrenzt, denn im Kindesalter kennt der Organismus viele Viren und Bakterien noch nicht und kann sie daher nicht gezielt bekämpfen.

Spezifisches Immunsystem sorgt für passende Antikörper

Dringen zu viele Schadstoffe oder Erreger ein, kann die angeborene Abwehr überfordert sein und Krankheitserreger können sich ungehindert ausbreiten und vermehren. Das ist das Startsignal für die Zellen des spezifischen Immunsystems, die unbekannten Erreger kennenzulernen.

Spezielle Abwehrzellen identifizieren die Eindringlinge und beauftragen dann andere Immunzellen, passende Antikörper zu produzieren. Diese Eiweißmoleküle sind genau gegen diese Angreifer gerichtet, verbinden sich unlösbar mit ihnen und machen sie dadurch unschädlich.

Immunität gegen Infekte hält teilweise ein Leben lang

Wegen dieses Lerneffekts wird das spezifische Immunsystem auch als erworbenes Immunsystem bezeichnet. Es entwickelt Abwehrmaßnahmen gezielt gegen einen bestimmten Erreger oder eine bestimmte Struktur, um den Organismus in Zukunft davor zu schützen. Von nun an ist das Immunsystem vorbereitet: Kommt es erneut zu einer Infektion mit diesen Erregern, produzieren Immunzellen sofort massenweise Antikörper, die den Eindringlingen keine Chance lassen. Der Organismus ist immun.

Eine solche spezifische Immunität kann bei manchen Infektionen für den Rest des Lebens anhalten, zum Beispiel gegen Windpocken oder Masern. Deshalb erkrankt man an diesen sogenannten Kinderkrankheiten normalerweise nur ein einziges Mal und dann nie wieder.

Symptome einer Immundefizienz: Häufige, lang andauernde Infekte

Menschen mit einem gesunden Immunsystem sind meist schnell wieder gesund und vor erneuter Ansteckung geschützt. Bei einem angeborenen Immundefekt, einer Immundefizienz, ist das anders. Die Betroffenen sind oft schon als Kind häufiger und länger krank, stecken sich immer wieder an - und auch Impfungen schützen nicht so, wie sie sollten, weil das Immunsystem Probleme hat, die richtigen Antikörper zu produzieren. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Arten von Immundefekten:

  • Bei einem zellulären Immundefekt liegt die Ursache in einer zu geringen Zahl von Abwehrzellen.
  • Bei einem humoralen Immundefekt oder Antikörpermangelsyndrom werden zu wenig Antikörper produziert.

Zelluläre und humorale Immundefekte können auch kombiniert auftreten. Oft sind sie angeboren. Sie können aber auch erst im Laufe des Lebens auftreten, ohne ersichtlichen Grund oder zum Beispiel nach einer Chemotherapie.

Behandlung der angeborenen Immundefizienz: Antikörperpräparate helfen

Viele Betroffene ahnen lange nichts von ihrer Erkrankung, obwohl sie schon in der Kindheit häufiger krank waren als andere. Sie gelten als kränklich, wenig belastbar - bis eine spezielle immunologische Labordiagnostik den wahren Grund für ihr schwaches Abwehrsystem entlarvt. Liegt tatsächlich ein angeborener Immundefekt vor, können die fehlenden Antikörper von außen ersetzt werden. Dafür werden aus Blutplasmaspenden hergestellte Antikörperpräparate regelmäßig als Infusion unter die Bauchhaut verabreicht, was die meisten Betroffenen selbst zuhause durchführen können.

Schutzimpfungen: Gezieltes Training für das Immunsystem

Ein gesundes Immunsystem produziert Antikörper als Reaktion auf das Eindringen von Krankheitserregern oder Schadstoffen. Um schnell und effektiv zu sein, muss es diese aber zunächst kennenlernen. Dieses Prinzip der Natur ahmen die Schutzimpfungen nach: Impfstoffe bestehen in der Regel aus veränderten Erregern oder Teilen davon, die nicht krank machen, aber für das Immunsystem genauso aussehen wie die echten Erreger. Dieses Aussehen prägen sich die Immunzellen ein. Kommt es später einmal zu einer echten Infektion, kann der Körper die Erreger leicht abwehren.

Aber es gibt Erreger, die sich ständig verändern und so der Immunabwehr immer wieder entkommen - wie die Grippe oder auch die Coronaviren. Dann sind immer wieder den Erregern angepasste Auffrischimpfungen notwendig, um einen ausreichenden Schutz zu garantieren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Fernsehen | Visite | 15.11.2022 20:15

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