Achtsam essen: Wie funktioniert es, was bringt es?

Stand: 13.02.2024 09:53 Uhr

Wer abnehmen will, muss vor allem verstehen, warum er isst. Achtsam essen heißt, sich Ess-Impulse bewusst zu machen: Dann sind Diäten und "Fressanfälle" kein Thema mehr. Abnehmen beginnt im Kopf.

von Britta Probol

Abnehmen ist nicht leicht. Diäten bringen mitunter zwar kurzfristig Erfolg, am Ende aber meist noch mehr lästige Kilos - der gefürchtete Jo-Jo-Effekt. "Um dauerhaft Gewicht zu verlieren, müssen wir unser Verhalten ändern", sagen die Ernährungs-Docs. Aber das ist einfacher gesagt als getan.

Der erste Schritt: Bewusst essen

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Wie wir uns verhalten, wird gerade auch bei so alltäglichen Dingen wie Essen und Trinken von tief verankerten Routinen geprägt. Was wir essen, wann und warum - vieles davon folgt eingeübten Mustern, ohne großes Nachdenken.

Essen als Beschäftigung und Selbstbelohnung

"Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen": Diese Volksweisheit drückt gut aus, dass die Nahrungsaufnahme für uns längst nicht nur "Hungerstillen" bedeutet, sondern auch eine emotionale Funktion hat. Nicht selten tritt die sogar in den Vordergrund: gemütliches Knabbern beim Fernsehen, Stress-Nascherei auf der Arbeit, geselliges Schlemmen, Futtern aus Langeweile oder Den-Frust-in-sich-Hineinfressen. Die "emotionalen Kalorien" sind meist die, die an Bauch und Hüfte landen.

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Achtsamkeit: Warum esse ich eigentlich?

"Bewusst essen" ist daher ein großer Schritt in Richtung eines gesünderen Essverhaltens: lernen zu erkennen, warum man essen möchte - und nur bei echtem Hunger dem Impuls folgen. "Die Motive sollte man sich klarmachen. Wer versteht, warum er isst, der hat es halb geschafft", sagt Ernährungs-Doc Matthias Riedl.

Was tun bei "falschem" Hunger?

Wissenschaftler unterscheiden immerhin sieben verschiedene Hungerarten. Nur eine davon gilt als "echter Hunger": der Zellhunger, der uns sagt, dass wir Bedarf nach Energie haben.

Magenhunger lässt sich vertreiben - und man kann ihm sogar schon vorbeugen, indem man genügend trinkt. Kalorienfreie Getränke wie Wasser (eventuell aromatisiert mit Beeren oder Kräutern) und ungesüßter Tee sollten immer in Reichweite sein, falls der Magen "bin ganz leer" meldet.

Gehirnhunger lässt uns essen, nur weil die richtige Zeit dafür ist, also die Nahrungsaufnahme laut der Uhr "ansteht".

Bei Augen- oder Nasenhunger hilft es meist schon, sich vom Ort der Versuchung zu entfernen, und der spontane Appetit vergeht. Bleibt er hartnäckig bestehen, ist womöglich ein Heißhunger (Jieper) oder ein Herzenshunger mit ins Spiel gekommen, der uns einflüstert, wir könnten uns doch jetzt auch einmal zwischendurch "etwas gönnen". Herzenshunger ist ein emotionaler Hunger. Wer ihn spürt, sucht eigentlich etwas, das seine "Seele satt macht".

"Erste Hilfe" bei emotionalem Hunger: Ablenkung

Versuchen Sie es bei Hunger aus emotionaler Not zuerst mit Ablenkung: Meist reicht es, zunächst einmal für zehn, zwanzig Minuten etwas anderes zu tun - beispielsweise:

  • ein Telefonat führen
  • kurz hinausgehen an die frische Luft
  • Musik auflegen, evtl. tanzen
  • sporteln (sehr effektiv - Bewegung hellt die Stimmung auf)
  • etwas spielen
  • aufräumen
  • die Post durchschauen
  • ein Bad nehmen ...

Welche Beschäftigung gut ablenkt, ist individuell natürlich verschieden. Der "Erste-Hilfe-Koffer bei Esslust" muss also ganz persönlich zugeschnitten sein. Wer feststellt, öfter aus Langeweile, Stress oder Frust zu essen, sollte sich die Zeit nehmen und eine Liste von Dingen machen, die guttun: die eigene "Anstatt-essen-Liste". Diese Liste sollte griffbereit sein oder vielleicht auch am Kühlschrank hängen.

Hinterfragen und beobachten

Eine andere Methode ist, innezuhalten und sich ehrlich zu fragen: "Werden mir diese Pralinen/Chips (was immer es sei) wirklich weiterhelfen, wenn ich sie jetzt esse? Wird es mir danach besser gehen? Wie war es beim letzten Mal: Konnte mich das Naschen effektiv trösten/entstressen/wieder munter machen?"

Hören Sie gut in sich hinein. Häufig folgt nach einer Nascherei schnell ein schales Gefühl - nicht das einer angenehmen Sättigung und Befriedigung.

Tricks gegen Heißhunger und Kontrollverlust

  • Ein einfaches Mittel von Ernährungs-Doc Matthias Riedl: ein Stückchen gefrorene Bitterschokolade ganz langsam lutschen - ein minutenlanges, bewusstes Geschmackserlebnis.
  • Tipp von Psychotherapeut Moritz Schäfer: in eine scharfe Chili beißen. Danach ist man erst mal abgelenkt.
  • Wer das Gefühl hat, einfach nur zur Beruhigung etwas kauen zu müssen, kann zuckerfreien Kaugummi nehmen.
  • Auch etwas Rohkost kann ein Notfallanker sein: Möhre, Kohlrabi, Gurke.
  • Sehr wirksam gegen Süßhunger oder Jieper sind außerdem Bitterstoffe: 1-2 Bittertropfen vom Handrücken einnehmen oder eine Tasse Wermuttee trinken vertreibt Gelüste auf Süßes.

Gesundes Essverhalten: Zeit zum Genießen nehmen

Ist der "echte Hunger" (Zellhunger) da, dann sollte man seine Mahlzeit genießen. Essen im Stehen, Gehen oder vor dem Fernseher - all das sollte komplett tabu sein. Widmen Sie dem, was vor Ihnen auf dem Teller liegt, Ihre volle Aufmerksamkeit.

Gesund essen: sieben Tipps

  • Regelmäßige Mahlzeiten planen, um für eine Grundsättigung zu sorgen.
  • Portionsgrößen beachten: Eine magenfüllende Portion sollte nicht größer sein als zwei Fäuste.
  • Vorfahrt für Gemüse: 50 Prozent des Tellers sollten damit gefüllt sein. Ein Drittel reservieren Sie für Eiweiß (Fisch, Fleisch, Eier, Hülsenfrüchte). Die Sättigungsbeilage (Kohlenhydrate) sollte nur das kleine restliche Eckchen bedecken - kann auch ganz entfallen.
  • Gut kauen.
  • Nur kleine Bissen nehmen.
  • Pausen machen, damit das Sättigungsgefühl einsetzen kann.
  • Entschleunigen: zum Beispiel mit Stäbchen essen, mit einer Kuchengabel oder nur mit der linken Hand.

Verhaltenstraining: Essgewohnheiten auf gesund umprogrammieren

Aber was, wenn einem trotz dem Bemühen um Achtsamkeit immer wieder die Kontrolle entgleitet oder man hartnäckig Hunger verspürt, der nicht "echt" sein kann? Wer allein nicht weiterkommt, kann sich professionelle Unterstützung holen - etwa im Wege einer Ernährungsberatung oder auch bei ernährungsmedizinischen Praxen. Das gilt ganz besonders bei starkem Übergewicht und/oder Stimmungsschwankungen. Denn an der Steuerung von Appetit und Essverhalten sind zahlreiche Hormone beteiligt. Bei Menschen mit starkem Übergewicht ist dieser feine hormonelle Regelkreis im Gehirn häufig gestört. Ein Verhaltenstraining kann aber - in Kombination mit gesunder Ernährung - dazu beitragen, dass die hormonelle Feinabstimmung des Stoffwechsels sich wieder reguliert.

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Dieses Thema im Programm:

Die Ernährungs-Docs | 12.02.2024 | 21:00 Uhr

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